Österreich: Viele Ärzte, viele Spitalsbetten, hohe Ausgaben

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Im OECD-Vergleich kostet Österreichs Gesundheitssystem überdurchschnittlich viel Geld. Bei der Zahl von Ärzten und Spitalsbetten liegt das Land im Spitzenbereich.

Wien. Positiv interpretiert, liest sich das Ergebnis der aktuellen OECD-Studie so: Österreich ist das Thema Gesundheit sehr lieb und teuer. Negativ formuliert, lautet der Sukkus der Statistik: Das kommt auch teuer. Denn sogar im Vergleich mit wirtschaftlich gut entwickelten Staaten geben wir überdurchschnittlich viel Geld für das Gesundheitswesen aus, haben viele Ärzte und Spitalsbetten. In Zeiten großer Budgetnöte ist das ein brisantes, wenn auch wenig überraschendes Ergebnis.

Die Details: Mit 10,8 Prozent liegt der Anteil der Gesundheitsausgaben am Bruttoinlandsprodukt nicht nur über dem OECD-Durchschnitt von 9,3 Prozent. Der Anteil steigt auch kontinuierlich – im Jahr 2006 waren es noch 10,2 Prozent.

Im Bereich der medizinischen Versorgung rangiert Österreich mit (statistisch gesehen) 4,8 Ärzten pro 1000 Einwohner auf Platz drei der untersuchten 34 OECD-Staaten. Nur in Russland und Griechenland gibt es pro Kopf mehr Ärzte. Wobei die griechischen Daten aufgrund einer anderen Berechnung zu relativieren sind. Und auch die künftige gute heimische Versorgung mit Ärzten ist gesichert. Österreich liegt bei der Zahl der Medizinstudiumabsolventen mit 19,9 pro 100.000 Einwohner deutlich an der Spitze der untersuchten Staaten – bei den Arztbesuchen pro Kopf bewegen sich die Österreicher mit 6,9 pro Jahr aber bloß im Mittelfeld.

Nicht nur an Ärzten auch an Spitalsbetten herrscht kein Mangel. Das Angebot an Spitalsbetten (7,7 pro 1000 Einwohner) ist im internationalen Spitzenfeld, konkret auf Platz fünf, vor Deutschland. Vor allem der Anteil an Akutbetten ist nach wie vor hoch. Das Angebot erzeugt sozusagen Nachfrage. Was die Studie noch aufgezeigt hat: Die Österreicher sind oft im Krankenhaus. Die Zahl der Spitalsaufenthalte liegt mit großem Abstand vor dem zweitplatzierten Deutschland: 273 pro 1000 Einwohner (die Statistik zählt die Spitalsentlassungen). Der Grund: In keinem anderen untersuchten Land lassen sich Patienten gleich direkt im Spital behandeln, statt einen niedergelassenen Arzt aufzusuchen.

Land der jungen Raucher

Apropos Gesundheit. Die OECD-Studie zeigt ebenfalls, was schon vorherige bewiesen: Österreich hat ein Suchtproblem. 25 Prozent (bei Mädchen sogar 29 Prozent) der 15-Jährigen rauchen zumindest einmal pro Woche. Damit liegt Österreich klar auf Platz eins aller 34 OECD-Länder, dicht gefolgt von Tschechien und Ungarn. Dazu kommt: Heimische Jugendliche greifen auch gern zum Alkohol. 31 Prozent der 15-jährigen Mädchen und 39 Prozent der 15-jährigen Burschen waren zumindest schon zweimal in ihrem Leben betrunken – Österreich liegt hier im oberen Drittel (Platz zehn), die ersten Rängen belegen Dänemark, Finnland und Großbritannien.

Die Vorliebe der Jungen für Alkohol setzt sich später im Leben fort. Auch wenn sich der Konsum seit 1990 um 18 Prozent verringert hat: Die Österreicher trinken innerhalb eines Jahres immer noch 12,2 Liter Alkohol pro Kopf – was im internationalen Vergleich viel ist. Wobei den höchsten Wert Luxemburg mit 15,3 Litern pro Kopf aufweist.

Weniger auf der Waage als gedacht

Übergewicht bei den heimischen Jugendlichen ist dagegen kein derart massives Problem wie in anderen Ländern: Weniger als 20 Prozent sind in Österreich betroffen. Der OECD-Schnitt liegt bei etwa 22 Prozent. Ein Grund könnte die Lust an Bewegung sein. Fast 40 Prozent der heimischen Kinder (zwischen elf und 15 Jahren) bewegen sich täglich eine Stunde. Damit liegt Österreich auf Platz eins.

Nur: Die Zahl übergewichtiger Kinder hat in der Alpenrepublik in den vergangenen Jahren (2001 bis 2009) trotzdem stetig zugenommen – möglicherweise, weil der tägliche Konsum von Gemüse bei Österreichs Kinder offenbar gesunken ist. Nur zehn Prozent der Buben und 20 Prozent der Mädchen essen täglich Gemüse – Österreich liegt hier auf dem drittletzten Platz vor Ungarn und Estland. Führend ist Belgien, wo 60 Prozent der Mädchen täglich Gemüse essen.

Die Folge des schlechten Lebensstils: Chronische Krankheiten und Demenz nehmen zu – rund 6,8 Prozent der 20- bis 79-Jährigen leiden in Österreich darunter, was dem OECD-Schnitt entspricht, bei den Herzinfarkten liegt Österreich weit darüber. Die gute Nachricht: In den meisten OECD-Ländern ist die Sterblichkeitsrate nach Krebserkrankungen seit den 1990er-Jahren zurückgegangen (minus 15 Prozent), in Österreich sogar um 22 Prozent (von 1990 bis 2011). Durchschnittlich starben im Jahr 2011 genau 211 Menschen pro 100.000 OECD-Einwohnern an Krebs, Österreich liegt im Mittelfeld. 2011 lag die durchschnittliche Lebenserwartung in den OECD-Ländern bei über 80 Jahren, also zehn Jahre mehr als 1970. Die höchste Lebenserwartung haben die Schweizer, Österreich liegt ein Jahr über dem OECD-Schnitt (80,1 Jahre).

Gesundheit in Krisenländern: Seite 8

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.11.2013)

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