Kreisverkehr - für Radler unsicherer

Kreisverkehr, Radfahrer
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Eine Diplomarbeit zeigt, dass die Zahl der Unfälle durch den Umbau von Kreuzungen zu Kreisverkehren deutlich gesunken ist - nur nicht für Radfahrer, bei denen sie sich verdoppelt hat.

Wien. Kreisverkehre, so lästig sie manchmal sein mögen, senken die Unfallhäufigkeit auf Straßen stark – nur nicht für Radfahrer, die auf umgebauten Kreuzungen deutlich öfter verunglücken als vor der Änderung. Zu diesem Schluss kommt Alexander Keller, der für seine Diplomarbeit in Logistik und Transportmanagement an der FH Wien die Unfallzahlen im niederösterreichischen Tulln untersucht hat.

Nicht weniger als 26 Kreisverkehre hat die Bezirkshauptstadt seit 1990 errichtet – selbst in Niederösterreich, wo die Kreuzungsform in der Straßenplanung praktisch schon ikonischen Charakter hat, ist das ein Rekord. „Wir hatten sogar schon Anfragen zu Kreisverkehr-Führungen“, erzählt Bürgermeister Peter Eisenschenk (ÖVP). Als weitere Argumente für die meist weit über 100.000 Euro teure Errichtung der Kreisel führt er den besseren Verkehrsfluss und damit den sinkenden Schadstoffverbrauch ins Treffen.

Für seine Studie – ihm zufolge erst die zweite in Österreich zu den Effekten von Kreisverkehren – hat Keller auf die Daten des Kuratoriums für Verkehrssicherheit zurückgegriffen, das penibel Unfallorte, -arten und -ursachen auflistet. An elf Tullner Kreisverkehren – jenen, an denen zuvor klassische Kreuzungen bestanden hatten – konnten auf dieser Basis die Auswirkungen auf die Sicherheit konkret gemessen werden, indem Keller die Unfallzahlen vor Errichtung des Kreisels mit jenen danach (konkret untersuchte er Unfälle zwischen 1979 und 2011) verglich.

45 Prozent weniger Unfälle

Allgemein entsprachen die Ergebnisse dem, was internationale Studien erahnen ließen: Die Zahl der Unfälle mit Personenschaden sank im Schnitt um 45 Prozent, an einem Kreisverkehr wurden seit der Umgestaltung überhaupt keine Unfälle mehr registriert.

Dieser Rückgang erklärt sich nicht nur aus der vergleichsweise niedrigeren Geschwindigkeit bei der Einfahrt in einen Kreisverkehr gegenüber jener in eine Kreuzung, sondern vor allem durch den Wegfall von Unfällen beim Linksabbiegen – in normalen Kreuzungen machen diese mehr als die Hälfte jener Unfälle aus, bei denen es zu schweren Verletzungen kommt.

Aber auch die häufigsten Unfallarten in Kreisverkehren – Auffahrunfälle und rechtwinklige Kollisionen, also das „Abschießen“ eines in den Kreisverkehr einfahrenden Fahrzeugs – gingen gegenüber den Kollisionen auf „normalen“ Kreuzungen jeweils um etwa ein Drittel zurück.

Diese segensreiche Wirkung gilt allerdings nur für Auto- und Motorradfahrer. Bei Fußgängern blieb die Zahl der Verletzten gleich – und unter Fahrradfahrern stieg sie massiv (was allerdings auch auf eine Zunahme der Zahl der Radfahrer zurückzuführen sein könnte). Mehr als jeder vierte Verunglückte in den neuen Tullner Kreisverkehren war mit dem Fahrrad unterwegs. Waren an den konventionellen Kreuzungen im Vergleichszeitraum „nur“ sieben Radfahrer verunglückt, waren es in der „Kreisverkehrzeit“ 15. Zum Vergleich: Die Zahl der Verunglückten Pkw-Lenker sank in dieser Periode von 93 auf 20.

Zusammenfassend, schreibt Keller, sei festzustellen, „dass der Umbau von Kreuzungen zu Kreisverkehren großteils positive Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit aufweist“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.02.2014)

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