Schloss Grafenegg: Kosten verdoppelt

Schloss Grafenegg ist die (teure) Traumkulisse für Open Air-Konzerte von Weltformat: Eröffnung ist am 22.6. live auf ORF2 (21.20 Uhr)
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Anstatt 12,5 kostet der Umbau des Kulturstandorts 25 Millionen. Opposition ruft nach Prüfung.

Grafenegg. Hier, 15 Kilometer östlich von Krems und 40 Kilometer nordwestlich von Wien, entsteht das, was niederösterreichische Oppositionspolitiker belustigt und kritisch zugleich „Erwin Prölls Reich“ nennen. Hier, auf Schloss Grafenegg, wird am 22.Juni im Rahmen einer großen ORF-Live-Gala ein neuer Kulturstandort eröffnet, der mit einem Reigen von Top-Konzerten zahlungskräftiges und internationales Publikum anlocken soll. Einzig: Das Lieblingsprojekt des Landeshauptmanns kommt die Steuerzahler deutlicher teurer zu stehen, als ursprünglich geplant.

Getreu dem Motto des künstlerischen Leiters Rudolf Buchbinder („Die oberste Maxime ist allerhöchste Qualität“) wurde beim Umbau nicht gekleckert. 25 Millionen Euro sollen die Freilichtbühne „Wolkenturm“ (1600 Plätze) und der Konzertsaal (1200) kosten. Als das Projekt im Jänner 2005 präsentiert wurde, war noch von der Hälfte, nämlich 12,5 Millionen Euro, die Rede gewesen. Weshalb die Kostensteigerung?

Denkmalamt als Schuldiger?

„Das aktuelle Projekt hat mit dem ursprünglichen einfach nicht mehr viel zu tun“, stellt Paul Gessl, Geschäftsführer der zuständigen Niederösterreichischen Kulturwirtschaft (Nöku), energisch fest. Grund für die Kostenexplosion sei der Konzertsaal, der als Schlechtwetter-Ausweichquartier für die Freiluftbühne benötigt wird. Damals, vor zwei Jahren, wollte man den Saal als Zubau zur bestehenden Reitschule realisieren. Doch dann hätte das Denkmalamt „für alle überraschend“ Bedenken geäußert. „Das ganze Projekt war sozusagen ,work in progress‘“, rechtfertigt Gessl die Kosten. Nun entsteht der Konzertsaal als allein stehendes Gebäude später (Eröffnung: Frühling 2008) und teurer (16,5 anstatt 9,8 Mio. Euro) als geplant. Nur die Kosten für die Grundstückspacht blieben gleich. Schlossherr Tassilo Metternich-Sándor vergibt sie für einen Euro jährlich.

Das neue Budget für das von einen Tag auf den anderen plötzlich doppelt so teure Projekt wurde ohne das sonst übliche Getöse des landeseigenen Pressedienstes am 14. Dezember 2006 im Landtag beschlossen. Einstimmig, also ohne ernsthafte Bedenken der Opposition. Heute sieht die Situation anders aus. „Wenn alle Rechnungen gelegt sind, soll sich der Landesrechnungshof das Projekt anschauen“, sagt Martin Fasan, Landtagsabgeordneter und Rechnungshofsprecher der Grünen. Ins selbe Horn stößt Ewald Sacher von der SPÖ. „Wenn sich herausstellt, dass es zu unangebrachten Kosten gekommen ist, dann wird das von den Kontrolleinrichtungen des Landes zu prüfen sein.“ Doch auch er will vorher auf die Endabrechnung warten, die wohl nicht vor 2009 vorliegen wird.

„Presse“-Recherchen ergaben, dass das Land zumindest nach außen mit unterschiedlichen Zahlen arbeitet. So solltedas Baulos1 („Wolkenturm“ und Restaurierung des historischen Schlossgartens), das nicht von den Umplanungen beim Konzertsaal betroffen ist, ursprünglich 3,2 Millionen Euro kosten (Quelle: Amt der Landesregierung, 30. 1. 2006). Vergangene Woche war plötzlich von 5 Millionen die Rede (Quelle: Amt der Landesregierung, 30. 5. 2007). Warum? Betreiber und Nöku-Geschäftsführer Paul Gessl: „Der Rest sind allgemeine und projektübergreifende Kosten.“

Inzwischen setzt sich die Opposition in Niederösterreich mit dem Vorwurf auseinander, vielleicht doch etwas zu leichtfertig ihre Stimmen für die Budgeterhöhung hergegeben zu haben. Grünen-Abgeordneter Fasan argumentiert, dass man damals einem für die Region so wichtigen Projekt nicht schaden wollte. „Die erwartete Umwegrentabilität ist enorm.“

Auch SP-Abgeordneter Sacher ließ seine anfangs gehegten Zweifel fallen, dass die hohen Investitionen von Förderungen für anderer Kulturstandorte (zum Beispiel das Festspielhaus in St. Pölten) abgezogen werden könnten. „Das Land versprach ,neue Wege in der Finanzierung‘“ Welche? Sacher: „Darlehen.“

DAS PROJEKT

Für 25 Mio. Euro entstehen eine Freilichtbühne (Foto) und ein Konzertsaal, der später auch als Kongresszentrum genutzt werden soll. Am 22. Juni wird Grafenegg offiziell eröffnet. In den Konzert-Spielbetrieb sollen jährlich 1,5 Mio. Euro fließen. [ORF]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.06.2007)

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