Kritik an Hauptbahnhof: „Fehlende U2 eine Katastrophe“

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Kann die U1 täglich 145.000 Fahrgäste bewältigen? Für Verkehrsplaner Knoflacher ist die U2-Planung schlichtweg „eine Katastrophe“.

Wien. Die Feierlichkeiten beim Spatenstich für das Mega-Projekt Hauptbahnhof Wien sind zu Ende – jetzt regt sich Kritik: „Die geplante U2-Verlängerung vom Karlsplatz in den Süden endet nicht direkt am Hauptbahnhof, sondern im südlichen Stadtentwicklungsgebiet“, so VP-Planungssprecher Alfred Hoch: „Es ist völlig unverständlich, warum die U2 am Hauptbahnhof einfach vorbeifährt.“ Die ÖBB rechnen nach der Eröffnung mit 40.000 zusätzlichen Fahrgästen (insgesamt 145.000 pro Tag). Bereits heute ist die angrenzende U1 zur Hauptverkehrszeit überlastet.

Für Verkehrsplaner Hermann Knoflacher (TU-Wien) ist die U2-Planung schlichtweg „eine Katastrophe“: „Damit nimmt der Wert des Hauptbahnhofes ab.“ Die Zahl der ÖBB-Fahrgäste hänge entscheidend mit der Anbindung für die Weiterreise in die Stadt zusammen. „Ist die nicht ideal, fahren weniger Fahrgäste bis zum Hauptbahnhof.“ Einige könnten dann auf das Auto umsteigen. Knoflacher: „Die U2 muss innerhalb von 150 Metern vom Hauptbahnhof erreichbar sein.“

Das Argument der Stadtregierung, man müsse die Stadtentwicklungsgebiete mit der U2 erschließen, lässt Hoch nicht gelten. „Man soll den Hauptbahnhof anschließen und das südliche Stadtenwicklungsgebiet über Cabel-Liner bzw. Straßenbahn-Linien anbinden.“Knoflacher: „Beides, Bahnhof und Stadtentwicklungsgebiet, muss möglich sein. Man muss eben die U2-Planungen neu machen.“

Den Verkehrsexperten Knoflacher stört ebenfalls, dass der Westbahnhof zu einem Regionalbahnhof degradiert wird – weil die Fernreisezüge künftig über den Hauptbahnhof fahren: „Der Westbahnhof besitzt zwei hochwertige U-Bahn-Anschlüsse. Wieso soll das aufgegeben werden? Das durchschaue ich nicht.“

Wird Wien Transit-Stadt?

Dass der Hauptbahnhof international etwas bringt, glaubt Knoflacher ebenfalls nicht: „Zentrale Orte zeichnen sich durch einen Kopfbahnhof aus – wie Paris und Budapest.“ Durch die europäische Hochleistungsstrecke Paris-Budapest, dessen Teil der Hauptbahnhof sei, würden nur diese beiden Städte aufgewertet: „Was soll es Wien bringen, wenn alle Züge direkt durchfahren?“ Wien sei dann nur mehr eine Transit-Stadt, in der keiner stehen bleibe.

Gegen das geplante Einkaufszentrum im Bahnhof hat VP-Planungssprecher Hoch nichts: „Wenn es einen ordentlichen Zugang zur Favoritner Fußgängerzone gibt, kann dieser Bereich profitieren.“ Das hätte eine Diskussionsveranstaltung mit allen Beteiligten ergeben. Man müsse nur darauf achten, dass im Bahnhofs-EKZ keine Ketten sondern kleine Geschäfte sind, damit die Gegend mehr Kunden anzieht, von denen die Umgebung profitiert.

DAS PROJEKT

Der Hauptbahnhof kostet 886 Mio. Euro und soll 2013 in Betrieb gehen. Über den Lainzer Tunnel verbindet er West-, Süd- und Ostbahn. Kapazität: 1000 Züge täglich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.06.2007)

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