Steirereck wird Sozialeinrichtung

Die Presse (Clemens Fabry)
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Alter Standort. Ex-Lokal in Erdberg wird eine Ausbildungsstätte für Köche.

wien. Aus dem einstigen Gourmettempel Steirereck im dritten Bezirk wird eine Ausbildungsstätte für Lehrlinge. Wie die „Presse“ exklusiv erfuhr, werden die Räumlichkeiten des alten Steirerecks in der Rasumofskygasse an die Organisation „Jugend am Werk“ vermietet, die dort ihren zentralen Standort für Kochlehrlinge errichten wird. Birgit Reitbauer vom Steirereck bestätigt im Gespräch mit der „Presse“ diese Informationen.

„Ja, Jugend am Werk bildet dort Koch– und Kellnerlehrlinge aus. Da in unserem früheren Standort die alte Küche und die gesamte Einrichtung drinnen ist, muss man nicht viel umbauen. Das Lokal bleibt wie es ist, wird aber nicht mehr als Restaurant geführt.“

Kein geeigneter Nachfolger

Das Steirereck in Erdberg wurde 1978 eröffnet und von der Gastronomen-Familie Reitbauer geführt. Ende 2004 schloss das über Jahre einzige Vier-Hauben Restaurant seine Pforten und übersiedelte in die aufwendig renovierte Meierei im Stadtpark. Einen geeigneten Nachfolger für das leerstehende alte Lokal zu finden war schwer. „Es gab Gespräche mit mehreren Interessenten, die sich zerschlagen haben“, sagt Birgit Reitbauer. „Aber jedes Lokal, das nachgekommen wäre, wäre am alten Steirereck gemessen worden – und das hat offenbar einige abgeschreckt.“

Jugend am Werk (JaW) besteht schon seit 1947, wurde später aus der Gemeinde Wien ausgegliedert und als eigener Verein organisiert. Die gemeinnützige Einrichtung widmet sich der Berufsausbildung von Jugendlichen, die am freien Arbeitsmarkt keine Lehrstelle finden können sowie der Ausbildung von Menschen mit Behinderung. Eigentümer von JaW sind Stadt Wien, Republik Österreich, AMS, Arbeiterkammer und ÖGB. JaW bietet jährlich 1200 Jugendlichen Möglichkeiten zur Job-Erlernung.

Wie ein Sprecher von Jugend am Werk, sagte, habe man vor einiger Zeit mit den Gastronomen Kontakt aufgenommen. Da die Familie Reitbauer von der Idee begeistert war, das Steirereck für soziale Zwecke zu nutzen, konnten auch sehr günstige Mietkonditionen ausgehandelt werden.

Im August und im September werden die Räumlichkeiten adaptiert. Ab Anfang Oktober werden dort 80 Jugendliche zum Koch ausgebildet. Ein öffentliches Restaurant ist jedenfalls nicht geplant – die Küche und der Restaurantbereich werden nur für Ausbildungszwecke genutzt. Deshalb ist auch ein Seminarbereich vorgesehen. Zusätzlich könnten später auch andere Restaurantfachleute ausgebildet werden. Dies muss allerdings noch vom AMS genehmigt werden.

Kurze Zeit wurde bei den Reitbauers auch überlegt, das alte Lokal wieder zu beleben und selbst zu führen, eventuell als einfaches Wirtshaus. „Aber die Idee wurde verworfen. Wir sind in unseren Betrieben im Stadtpark und am Pogusch in der Steiermark total ausgelastet“, sagt die Juniorchefin.

Gastronomie mit guter Auslastung

Gut ausgelastet sind derzeit viele Wiener Betriebe, wie aus dem aktuellen Gastronomiebarometer der Wirtschaftskammer hervorgeht. Demnach hat sich die wirtschaftliche Lage der Wiener Gastronomen zuletzt deutlich verbessert. 65 Prozent der Betriebe haben bei der Kammer-Umfrage angegeben, gleich bleibende bzw. steigende Umsätze zu verzeichnen. Dies stelle im Vergleich zur letzten derartigen Studie aus dem Jahr 2005 eine positive Entwicklung dar, sagt Kammerpräsidentin Brigitte Jank.

Der Anteil der Betriebe, die Umsatzeinbußen zu verzeichnen hatten, sank demnach von 60 Prozent auf 34 Prozent. Dagegen konnten 28 Prozent 2006 steigende Umsätze verzeichnen, 2005 waren es nur 22 Prozent gewesen. Mehr als ein Drittel, rund 37 Prozent, meldete heuer gleich bleibende Umsätze. Grüne für den Trend sind die gute Konjunkturlage, das Mozartjahr 2006 sowie die generell steigenden Touristenzahlen.

Ein großer Teil der Neugründungen in Wien findet in der Gastro-Branche statt. Von 8.288 Neugründungen 2006 waren 294 dem Bereich Gastronomie und Kaffeehäuser zuzurechnen. In Wien werden jährlich rund 1,5 Mrd. Euro in der Gastrobranche umgesetzt. Das ist ein Viertel des in Österreich erwirtschafteten Branchenumsatzes.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.06.2007)

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