Gewaltige Schäden durch Sturm „Paula“

Berufsfeuerwehr
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Nach Aussagen von Meteorologen kommt ein derart starker Wintersturm in Südösterreich nur alle 20 bis 30 Jahre vor.

GRAZ/ KLAGENFURT/ WIEN. „Der Sturm lässt sich auf jeden Fall in die Kategorie Kyrill einteilen“, sagt Meteorologe Roland Reiter vom Wetterdienst Meteomedia. Größter Unterschied zum Orkan, der vor rund einem Jahr eine Spur der Zerstörung durch Europa gezogen hat: Normalerweise kommen derartige Winterstürme von Tiefdruckgebieten über dem Atlantik. Diesmal zog sich ein Windband vom Osten in Richtung Nordwesten.

Die Steiermark und Kärnten, die sonst durch die Alpen geschützt sind, wurden vom Sturm voll erwischt. „Das“, so der Meteorologe, „ist in dieser Konstellation ungewöhnlich.“ Zusätzlich sorgte eine starke föhnige Komponente dafür, dass der Orkanwind aus großer Höhe in die Niederungen durchbrechen konnte. Dabei kam es zu Spitzengeschwindigkeiten, die in Südösterreich nur alle 20 bis 30 Jahre vorkommen. So selten, dass auch viele Betroffene sich an nichts Vergleichbares erinnern.

„Ich bin jetzt 57 Jahre alt, aber so etwas habe ich noch nicht erlebt“, sagt Wilhelm Weyrer, der in Glödnitz im Kärntner Gurktal einen Bauernhof betreibt. Sein Anwesen in rund 1000 Metern Höhe wurde besonders in Mitleidenschaft gezogen: „Da wird von Generationen Aufbauarbeit geleistet und in ein paar Stunden ist alles kaputt“, klagt er. Mit seiner Familie habe er Gerätschaften, Fahrzeuge und Tiere in Sicherheit gebracht. Doch als der Orkan die Dachverankerung zu lösen begann, habe er hilflos zuschauen müssen. Schließlich sei das ganze Dach von Wirtschaftsgebäude und Wohnhaus heruntergerissen worden. Wie sehr die 80 Hektar Wald in seinem Besitz gelitten haben, weiß er noch gar nicht. Das wird man erst bei einem ersten Besichtigungs-Gang feststellen können.

Seriöse Schätzungen über die Schadenshöhe soll es Ende der Woche geben. Die steirische Landesregierung schätzt die Schäden indes auf eine „vielfache Millionenhöhe“. In den Wäldern müssen bis zu 700.000 Festmeter Holz als Windbruch aufgearbeitet werden. Schon jetzt wird vor der Gefahr eines Borkenkäferbefalls gewarnt, sollte das Bruchholz nicht schnell beseitigt werden. Und die Land- & Forstbetriebe warnen generell davor, den Wald zu betreten.

8000 Haushalte ohne Strom

Für mehr als 8000 steirische Haushalte hieß es am Montag weiterhin „warten“. Sie mussten nach den Sturm-Schäden weiter ohne Strom auskommen. Insgesamt wurden in der Steiermark 750 Stromleitungen gekappt. Zwar waren 400 Mitarbeiter der Energie Steiermark intensiv damit beschäftigt, die zusammengebrochene Stromversorgung in den am schlimmsten betroffenen Bezirken Weiz, Deutschlandsberg und Graz-Umgebung in Gang zubringen. Die Arbeiter stießen aber immer wieder an ihre Grenzen.

So mussten Landwirte im ost-steirischen Almenland, wo sämtliche Zufahrtsstraßen durch umgestürzte Bäume blockiert waren, auf Notstromaggregate zurückgreifen, um Kühe melken zu können. Ebenfalls mittels Notstromversorgung lief der Sender am Schöckel bei Graz. Eine Reparatur war wegen blockierter Zufahrtsstraßen vorerst nicht möglich.

Langsam wurde am Montag auch im Rest der Steiermark das Ausmaß der Zerstörung sichtbar. Am Grazer Flughafen hatte der Sturm drei Kleinflugzeuge umgeworfen. In der Obersteiermark und im Grenzgebiet zu Kärnten blieben einige Straßen unpassierbar. Auch die Südbahn nördlich von Graz und die Gesäusebahn blieben gesperrt.

„Das war einer der intensivsten Katastropheneinsätze in unserer Geschichte “, zog Wolfgang Hübel von der Grazer Berufsfeuerwehr eine erste Bilanz. Allein in Graz waren zu Spitzenzeiten mehr als 400 Mann verschiedener Einsatzorganisationen beziehungsweise der Wirtschaftsbetriebe der Stadt im Einsatz. In ganz Österreich waren bis Montagmittag 1200 Feuerwehren mit 17.400 Helfern rund 5.600 Mal im Einsatz.

IN ZAHLEN

Windspitzen: 165 km/h wurden am Feuerkogel (OÖ) gemessen. Den Spitzenwert hält der Schneeberg (NÖ) mit 230 km/h.

Am Flughafen Graz wurden Spitzengeschwindigkeiten von 119 km/h registriert – ein Rekord.

In der gesamten Steiermark wurden Windgeschwindigkeiten um 100 km/h gemessen – laut Meteorologen sehr ungewöhnlich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.01.2008)

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