Droge für Soldaten und Bergsteiger

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Methamphetamin ist nicht neu. Die Wehrmacht versorgte ihre Krieger damit. Dem Tiroler Hermann Buhl gelang mit dessen Hilfe die Erstbesteigung des Nanga Parbat.

Wien. Methamphetamin, heute besser unter dem Namen Crystal Meth bekannt, scheint in bestimmten Regionen so etwas wie einen zweiten Frühling zu erleben. Aber neu, so behaupteten es vor zwei Jahren die öffentlichen Warner, ist das Aufputschmittel nicht. Trotzdem wurde die Droge erst durch die TV-Serie „Breaking Bad“ breiter bekannt. Synthetisiert hat sie jedoch erstmals ein japanischer Chemiker. Das war im Jahr 1893.

Dann wurde es still. Wiederentdeckt wurde Methamphetamin von den Nazis, die ihre Soldaten, insbesondere Kampfpiloten, damit versorgten. Unter den Soldaten erhielt das Medikament namens Pervitin Spitznamen wie Panzerschokolade oder Fliegersalz. Warum Methamphetamin sich für Soldaten eignete? Der Wiener Suchtmediziner Hans Haltmayer beschreibt die Wirkung so. „Die Droge macht euphorisch, weckt den ,Fight and flight‘-Reflex. Durch den Konsum steigen Selbstwertgefühl, Wachheit und auch Risikobereitschaft. Hunger und Durst gehen zurück.“

Die positiven Wirkungen erkaufen sich Konsumenten mit starken Entzugserscheinungen, etwa Depressionen, Schlafstörungen und Krämpfen. In extremen Fällen erhöht der Körper die Kerntemperatur bis hin zum Todeseintritt.

Der Grund, warum die Konsumenten von Pervitin nicht die gleichen Verfalls- und Suchterscheinungen wie Crystal-Meth-Konsumenten von heute gezeigt haben, ist banal. Die Tabletten waren mit drei Milligramm Methamphetamin sehr gering dosiert. Die Tageshöchstdosis betrug 30 Milligramm. Heute beginnen Einsteiger mit 80 bis 100 Milligramm pro Tag. Das hat auch damit zu tun, dass Konsumformen wie Schnupfen oder Rauchen höhere Dosen direkt ins Gehirn bringen.

Auch unter Sportlern war Methamphetamin als Aufputschmittel weit verbreitet. 1953 setzte der Tiroler Bergsteiger Hermann Buhl zum Alleingang auf den 8125 Meter hohen Nanga Parbat an. 17 Stunden war er dabei allein unterwegs. Danach gestand er ein, dass ihm die Einnahme von Pervitin, das die letzten Kräfte mobilisierte, wohl das Leben gerettet habe. Das Medikament wurde 1988 verboten.

Auch in der jüngeren Sportgeschichte ist ein prominenter Fall bekannt: 2009 gestand der ehemalige Weltklassetennisspieler Andre Agassi, gelegentlich Methamphetamin genommen zu haben. (awe)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.05.2014)

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