Tierschützer enthaftet: "Würde das morgen wieder tun"

Balluch Tierschuetzer enthaftet
Balluch Tierschuetzer enthaftet(c) APA (Rene Van Bakel)
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Seit Ende Mai waren neun Verdächtige in U-Haft, nun sind sie wieder frei: Die Ermittler haben genug Beweis-Material sichergestellt. Die Enthafteten zeigten sich erleichtert und kämpferisch.

110 Tage lang waren neun Tierschützer in U-Haft, nun hat die Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien ihre Enthaftung verlangt. Bei der Überprüfung einer Haftbeschwerde hatte die OStA festgestellt, dass weder die Tatbegehungs- noch die Verdunklungsgefahr hinreichende Gründe darstellen. Außerdem sind die Tierschützer gerichtlich unbescholten, eine mehr als drei Monate andauernde Untersuchungshaft wäre bei einer Strafdrohung von sechs Monaten bis zu fünf Jahren - das ist der Strafrahmen für die Bildung einer kriminellen Organisation - unangemessen. Die Tierschützer - vier von ihnen waren in der Justizanstalt Wien-Josefstadt untergebracht, drei in Wiener Neustadt und zwei in Eisenstadt - wurden noch am Dienstagnachmittag auf freien Fuß gesetzt.

Martin Balluch, der Obmann des "Vereins gegen Tierfabriken (VgT) und einer der Hauptverdächtigen, bezeichnete unmittelbar nach seiner Enthaftung vor dem Wiener Landesgerichtlichen Gefangenenhaus die gegen ihn gerichteten Vorwürfe als "völlig nicht nachvollziehbar". Er kündigte an, seine Tierrechts-Aktivitäten auf jeden Fall fortsetzen zu wollen: "All das, was ich gemacht habe, ist vollkommen legal. Ich habe nichts eingeschlagen, nie etwas beschädigt, zu keinen Verbrechen aufgerufen. Das, was ich gemacht habe, würde ich morgen wieder machen."

Die Polizei habe bewusst gegen ihn ermittelt und Aussagen, die übers Internet Verbreitung fanden, aus dem Kontext gerissen, sagte Balluch. Er widme sich seit elf Jahren eingehend dem Tierschutz. Natürlich habe er "ab und zu eine radikale Meinung geäußert". Ihm nun beispielsweise den Satz "Ich freue mich über den Ruin der Tierindustrie" zum Vorwurf zu machen, sei demgegenüber "ein Wahnsinn": Die Zusammenhänge fehlen in den Akten vollständig.

Ermittlungen gehen weiter

Erich Habitzl, der Sprecher der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt, sagte, auf den Fortgang der Ermittlungen hat die Enthaftung keine Auswirkungen: "Diese können erst finalisiert werden, wenn die abschließenden Erhebungsergebnisse vorliegen." Das sei noch nicht der Fall. Wann feststeht, ob und in welche Richtung Anklage erhoben wird und ob vor allem der Vorwurf der Bildung bzw. Beteiligung an einer kriminellen Organisation "halten" wird, sei derzeit nicht abschätzbar, so Habitzl.

Tierschützer in U-Haft

Ende Mai wurden zehn Tierschützer wegen des Verdachts auf Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation in U-Haft genommen, einer wurde bereits am 13. August entlassen. Aus ermittlungstaktischen Gründen waren die verhafteten Tierschützer auf die Justizanstalten Wiener Neustadt, Wien-Josefstadt und Eisenstadt aufgeteilt worden.

Es bestehe zwar nach wie vor Tatbegehungsgefahr, doch dürfe die U-Haft nicht fortgesetzt werden, "wenn sie zu der zu erwartenden Strafe außer Verhältnis steht", hatte die OStA zuvor in einer Presseerklärung bekanntgegeben. Davon geht die OStA im gegenständlichen Fall offenbar aus. Der zweite ursprünglich geltend gemachte Haftgrund der Verdunkelungsgefahr ist durch das Gesetz mit zwei Monaten begrenzt. Diese Frist ist abgelaufen.

Die OStA macht darauf aufmerksam, dass mittlerweile wesentliche Beweismittel sichergestellt und nun auszuwerten sind, "so dass eine Inhaftierung der Beschuldigten als Maßnahme zur Sicherung des Verfahrens nicht mehr erforderlich ist".

Van der Bellen begrüßt Enthaftung

Grünen-Chef Alexander Van der Bellen hat die Enthaftung der Tieraktivisten, und mittlerweile Grüne-Kandidaten für die Nationalratswahl, begrüßt. Er verlangte aber gleichzeitig die Novellierung des sogenannten Anti-Mafia-Paragrafen, der gegen die organisierte Kriminalität geschaffen sei und "nicht gegen die Arbeit von NGOs eingesetzt werden" solle. "Dieser Spuk muss ein Ende haben", so Van der Bellen.

Die Tierschutzorganisation "Vier Pfoten" begrüßte in einer ersten Reaktion die Entscheidung der Oberstaatsanwaltschaft, warnte aber vor überstürzter Freude. "Mit der Aufhebung der Untersuchungshaft wurde zwar ein Unrecht beendet, allerdings muss geklärt werden, wie es überhaupt zu solchen Zuständen kommen konnte", so "Vier Pfoten"-Geschäftsführer Helmut Dungler in einer Presseaussendung.

Das BZÖ nutzte die Enthaftung für eine Attacke gegen Justizministerin Maria Berger (SPÖ). Generalsekretär Martin Strutz warf der Ministerin vor, sich von den Grünen "erpresst" haben zu lassen. Konkret witterte er einen möglichen Zusammenhang mit der Zustimmung der Grünen zum SPÖ-Entlastungspaket.

(APA/Red.)

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