Neue Datenbank für die Überwacher

Justiz und Exekutive können in naher Zukunft Internet- und Telefonverkehr von Verdächtigen rekonstruieren, der mehrere Monate zurückliegt.

Wien (awe). Zwei Jahre lang hat sich Österreich geweigert, die EU-Richtlinie zur sogenannten Vorratsdatenspeicherung umzusetzen. Nach einer kürzlich getroffenen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs führt jedoch kein Weg mehr daran vorbei: In den nächsten Wochen sollen Experten die gesetzliche Grundlage für eine umfangreiche Datenbank zur Überwachung der Bürger schaffen.

In Zukunft müssen dann die sogenannten Standort- und Verbindungsdaten von Telefon- und Internetverbindungen 6 bis 24 Monate beim jeweiligen Provider gespeichert werden. Unabhängig davon, ob gegen eine bestimmte Person ein konkreter Verdacht besteht, also auf Vorrat (daher auch Vorratsdatenspeicherung).

Grundrechtsexperten wie der Wiener Wolfgang Zankl halten die verdachtsunabhängige Speicherung von Daten nach wie vor für unvereinbar mit dem Recht auf Privatsphäre.

Entwurf bis Mitte März

Damit sich die für die Umsetzung zuständigen Ressorts (Innen- und Infrastrukturministerium) nicht gleich nach Umsetzung des Gesetzes mit Verfassungsbeschwerden beschäftigen müssen, wurde eine mit namhaften Experten besetzte Arbeitsgruppe mit der Ausarbeitung des Entwurfs beauftragt. An deren Spitze steht mit dem Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte (Leitung: Manfred Nowak und Hannes Tretter) ausgerechnet einer der erbittertsten Gegner der EU-Richtlinie.

Obwohl das Boltzmann Institut in einer Aussendung „die Grundrechtskonformität der Richtlinie selbst in Zweifel zieht“, wolle man nun mit dem Entwurf „allen datenschutzrechtlichen und rechtsstaatlichen Standards und Erfordernissen entsprechen“.

Derzeit ist geplant, dass die Speicherdauer zwischen sechs und zwölf Monate betragen wird. Im Justizministerium rechnet man damit, dass der Entwurf bis Mitte März vorliegen wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.02.2009)

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