Zahl der Anzeigen gegen Rechtsextreme steigt

Behörde will Aufmarsch der Nationalen Volkspartei am 1. Mai in Linz verbieten.

LINZ/Wien. „Die Krise ist eine Chance für die Rechten, die sie auch wahrnehmen“, sagt Robert Eiter, Vorsitzender des OÖ Netzwerks gegen Rechtsextremismus und Faschismus im Gespräch mit der „Presse“: „Wenn viele Menschen um Existenz und Arbeitsplatz fürchten, steigt die Anfälligkeit für Verhetzung.“

Das zeige nun auch die wachsende Zahl rechtsextremer Veranstaltungen und einschlägiger Anzeigen: 2008 stieg die Zahl der bundesweiten Anzeigen laut Verbotsgesetz auf 831, im Jahr davor gab es mit 752 Anzeigen sogar eine knappe Verdoppelung der Fälle. Auch für die nächste Statistik erwarten Insider eine Steigerung. Allein in Oberösterreich, wo aufgrund der Nähe zu Deutschland und der einige hundert Anhänger fassenden Szene eine der bedeutendsten rechtsextremen Gruppen entstand, stiegen die Anzeigen laut Verbotsgesetz im vergangenen Jahr auf 67 Fälle, 2007 waren es 40. Im Februar sorgte die Schändung der Gedenkstätte Mauthausen für Schlagzeilen.

SS-Diktion im Parteiprogramm

Auch öffentlichkeitswirksame Auftritte sollen forciert werden: So hatte die Nationale Volkspartei (NVP), die sich als Integrationsorganisation unterschiedlicher rechter Strömungen versteht, zwei Aufmärsche geplant. Aufgrund nicht erteilter Genehmigungen allerdings ohne großen Erfolg: Laut verlässlicher Quellen soll der als Globalisierungskritik getarnte Aufmarsch am 1. Mai in Linz behördlich untersagt werden. Auch das NVP-Treffen in Braunau, es war für den 18. April, zwei Tage vor dem Geburtstag Adolf Hitlers, anberaumt, war nicht genehmigt worden. Die Bezirkshauptmannschaft stimmte in ihrer Begründung dem Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands zu: Demnach sei die 2007 gegründete Organisation „eine offen rechtsextreme Partei mit Berührungspunkten zum Neonazismus“. Vor Kurzem wurde außerdem bekannt, dass Teile des Parteiprogramms identisch mit dem vom SS-Hauptamt herausgegebenen „Lehrplan für die weltanschauliche Erziehung in der SS und Polizei“ sind.

Dass der rechte Rand in Österreich wächst, lässt sich auch an verstärkten Rekrutierungsaktivitäten beobachten. Robert Eiter vom Netzwerk gegen Rechtsextremismus: „Eng mit der NVP verbundene Gruppen bemühen sich, junge Burschen für sich zu gewinnen. Die laufen mit Gaspistolen durch die Gegend und verteilen einschlägige Propaganda.“ Diese Entwicklungen, die auf ein Erstarken des Rechtsextremismus hindeuten, finden derzeit in allen wichtigen Gruppierungen statt, die vor allem auch von Wien und dem südlichen Österreich aus arbeiten.

Es brauche nun ein konsequenteres Vorgehen der Behörden, noch immer sei der Vorsatz „Null Toleranz für Rechtsextremismus“ im Vergleich zu Deutschland „alles andere als lückenlos realisiert“, sagt Eiter. Das liege auch an den handelnden Personen, die Gesetze zuweilen unzureichend exekutierten. Eiter: „Bis in die Sicherheitsbehörden gibt es vereinzelt Sympathisanten der rechtsextremen Ideologie.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.04.2009)

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