Mit Ruß im Gesicht in alte Züge klettern und stundenlang Modelleisenbahnen zuschauen: Ein Ausflug in das Eisenbahnmuseum Strasshof.
Die, die gerade erst gekommen sind, erkennt man an den sauberen Gesichtern. Die anderen, die schon länger da sind, haben schmutzige Gesichter. Spuren von Ruß auf der Stirn und auf den Wangen, die davon zeugen, dass sie den alten Dampfloks, die hier unermüdlich hin- und hertuckern, ziemlich nahegekommen sind.
Denn beim „Andampfen“, der Saisoneröffnung quasi, zeigt das Eisenbahnmuseum Heizhaus in Strasshof an der Nordbahn (NÖ), was es hat. Und das sind viele historische Züge, Lokomotiven wie Wagons, anhand derer sich die Geschichte der Eisenbahn in Österreich erzählen lässt. Nicht nur beim Andampfen, auch an den Dampfbetriebstagen (siehe Infobox) werden die über 100 Jahre alten Dampfloks in Betrieb genommen: Besucher können im Führerstand mitfahren, sich von den – sehr engagierten und sehr stolzen – Mitarbeitern erklären lassen, wie Züge früher angetrieben wurden.
Wenn es hier also permanent pfeift und rattert, die imposanten schwarzen Loks vorbeistöhnen und ächzen und dabei dicke Rauchwolken in den Himmel pusten, so viele, dass man die Sonne bald nur noch erahnt, ist das zweifellos ein ziemliches Spektakel. Selbst wenn man sich nicht übertrieben für Züge interessiert.
Es ist ein nostalgischer Ausflug in das ansonsten wenig schmucke Strasshof, der vor allem Kinder und Männer anzuziehen scheint, obwohl natürlich auch Frauen hierhergekommen sind. Der große Pluspunkt des Eisenbahnmuseums ist, dass hier (fast) alles erlaubt ist: Wo sonst darf man über Gleise laufen, auf Züge klettern, durch alte Wagons spazieren und alles angreifen?
Für Kinder – die man aber alleine schon wegen der vorbeifahrenden Loks nicht aus den Augen verlieren sollte – ist das 85.000 m große Gelände auch ein riesiger Abenteuerspielplatz. Man spaziert scheinbar endlos an Schienen entlang, immer wieder kommt man an Zügen aus verschiedenen Epochen – mit manchen ist man selbst noch als Kind in den 1980ern gefahren – vorbei: einige verrostet, manche aufwendig wieder hergerichtet von den Mitgliedern des „1. österreichischen Straßenbahn- und Eisenbahnklubs“, die das Museum ehrenamtlich betreiben.
1984 haben sie das Eisenbahnmuseum eröffnet, davor erfolgreich verhindert, dass der einstige Verschubbahnhof Strasshof abgerissen wird.
In den Betrieb des Museums haben die Mitglieder zweifellos viel Freizeit investiert, etwa eine kleine Gartenbahn errichtet, die Besucher gemächlich über das Gelände zieht. In mehreren Modellbahnanlagen mit ihren detailverliebten Landschaften, Häuschen, und, natürlich, Schienen, können die Besucher teils selbst die Züge steuern. Auch hier: viel, viel Nostalgie und das Gefühl, in eine herrlich altmodische Zeit gereist zu sein.
Das lässt sich natürlich mit einem professionell geführten Museum nicht vergleichen. Vieles ist improvisiert, es gibt wenige Toiletten, am Buffetwagen steht man mit etwas Pech ewig an (Jause mitbringen!). Dafür ist hier alles entspannt und vieles erlaubt. Und man kommt garantiert mit einer dünnen Rußschicht nach Hause.
Heizhaus
„Das Heizhaus – Eisenbahnmuseum Strasshof“: Historische Wagons und Loks, eine Gartenbahn, zahlreiche Modellbahnanlagen auf 85.000 m. An den „Dampfbetriebstagen“ können Besucher mit alten Dampfloks mitfahren. Nächste Termine: Heute, Sonntag (3.Mai), 17.5, 7.6., 28.6.
Geöffnet: Di bis So sowie feiertags: 10 bis 17 Uhr. Adresse: Sillerstraße 123 in Strasshof an der Nordbahn. Tel: 02287/3027-11. Weitere Infos: eisenbahnmuseum-heizhaus.com
("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.05.2015)