Muslime: Kontrolle islamischer Kindergärten "unmenschlich"

Symbolbild: Kindergarten.
Symbolbild: Kindergarten.(c) APA (Herbert Neubauer)
  • Drucken

Fuat Sanac, Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft, spricht von Aufhetzung. Das Auswendiglernen von Koran-Suren im Kindergarten hält er für normal.

Die Islamische Glaubensgemeinschaft zeigt sich angesichts einer Untersuchung im Auftrag des Integrationsministeriums enttäuscht, dass muslimische Kindergärten extra geprüft werden. "In einem demokratischen Land kann und darf man nicht die Bürger nach ihrer Religion oder ihrem Glauben qualifizieren, das ist undemokratisch und unmenschlich", meinte IGGiÖ-Präsident Fuat Sanac am Montag im Ö1-"Mittagsjournal".

Ihn störe, dass die Studienautoren die rund 150 islamischen Kindergärten "in einen Topf werfen", wenn sie doch nur fünf bis sechs Kindergärten tatsächlich untersucht hätten. Weiters würden für jeden Kindergarten die gleichen Gesetze gelten. Die Stadt Wien erteile nach einer Überprüfung die Genehmigung zur Eröffnung und kontrolliere die Einrichtungen. "Wenn ein Kindergarten nicht richtig funktioniert, dann gibt es dazu bestimmte Regeln und zuständige Personen, die sie warnen und wenn sie das nicht tun, dann werden sie bestraft werden. Was hat das mit Islam zu tun, das ist Aufhetzung", so Sanac. Formal habe die islamische Glaubensgemeinschaft mit den Kindergärten nichts zu tun.

Lernen von Koran-Suren normal

Dass in einigen Kindergärten Koran-Suren auswendig gelernt werden, ist für Sanac normal. "Das ist doch legal, dass die Kinder diese Alltagsgeschichte lernen müssen." Die Behauptung, dass in einigen Kinder nicht deutsch gesprochen werde, hält Sanac für ein Missverständnis. In den Kindergärten, die er besuche, werde deutsch gesprochen, nur Tischgebete oder Begriffe aus dem Koran eben auf arabisch.

Den Vorwurf, dass manche Kindergartenbetreiber einen salafistischen Hintergrund hätten, nennt Sanac lächerlich. Die Kindergärten würden seit zehn, fünfzehn oder 20 Jahren existieren. Dass laut Studienautoren nur fünf Kindergärten die Wissenschafter überhaupt hineingelassen hätten, dahinter vermutet Sanac keine Abschottungstendenzen, sondern formale Gründe. Manche hielten die Wissenschafter wohl nicht für befugt, sie zu untersuchen.

Religiöse Ausrichtung wird in Wien nicht erhoben

Auch die für die Wiener Kindergärten zuständige Magistratsabteilung MA 11, der Unentschlossnheit und mangelnde Kontrolle von islamischen Kindergärten vorgeworfen wird, hat am Montag auf die Zwischenergebnisse der Studie des Integrationsministeriums reagiert. Prinzipiell werde in der Bundeshauptstadt die religiöse Ausrichtung einer Kinderbetreuungseinrichtung nicht erhoben. "Das kommt im Wiener Kindergartengesetz nicht vor", sagte Herta Staffa, Sprecherin der zuständigen MA 11.

Dabei handelt es sich um eine Landesregelung. Das Thema religiöse Erziehung sei seit 2003 - anders als etwa in Niederösterreich - nicht mehr Bestandteil des Gesetzestextes. Insofern habe die Stadt auch keine Zahlen, wie viele christliche, jüdische oder islamische Kindergärten bzw. -gruppen es gebe. "Religion ist ja an sich nicht verboten. Was wir nicht wollen, ist irgendeine Form des Unterrichts", so Staffa.

"Es zählt das pädagogische Konzept"

Was zählt, sei in erster Linie das pädagogische Konzept. Und hier gehe es natürlich schon auch um eventuelle problematische Inhalte religiöser Natur. "Wir können aber nicht alles sehen und wissen nicht, was passiert, wenn wir zur Tür hinausgehen", betonte die MA-11-Sprecherin. Deshalb sei man auf Hinweise von außen angewiesen. Wobei man in Bezug auf islamische Einrichtungen bisher - und auch infolge der jüngsten Berichterstattung - keinerlei Beschwerden erhalten habe: "Das hat wahrscheinlich auch damit zu tun, dass jene Eltern ihre Kinder in diese Kindergärten geben, die das befürworten."

Prinzipiell verzeichnete die MA 11 seit Jahresbeginn und bis Ende September insgesamt 1933 Kontrollbesuche - ohne Neubewilligungsbegehungen. Sieben Behördenmitarbeiter übernehmen diese Aufgabe, wobei eine Person ausschließlich bezüglich Einhaltung des Bildungsplans im letzten verpflichtenden Kindergartenjahr befasst ist. Kindergärten und Gruppen, egal ob städtisch oder privat, werden mindestens einmal pro Jahr unter die Lupe genommen. Das geht vom pädagogischen Konzept über die Sicherheitsauflagen - etwa versperrbare Fenster - bis hin zum Angebot an Spielsachen und zur Kontrolle, ob wirklich jenes Personal dort arbeitet, das angegeben ist. "Eine Überprüfung dauert mehrere Stunden. Wir gehen mit einem sehr kritischen Auge durch die Kindergärten", versicherte Staffa.

15 Millionen Euro Förderung vom Bund in Wien

Kinder im letzten Jahr vor der Schulpflicht müssen momentan mindestens 20 Stunden an vier Tagen pro Woche in den Kindergarten gehen. Ziele der Politik dabei sind Sprachförderung und bessere Integration. Dafür zahlt der Bund jährlich 70 Millionen Euro, der Anteil Wiens aus diesen Bundesmitteln beträgt für das Kindergartenjahr 2014/15 rund 15 Millionen Euro, wie das "Ö1-Mittagsjournal" berichtete. Die Kosten decke das allerdings bei weitem nicht, denn das Budget der Stadt Wien für die Kindergärten insgesamt betrage heuer 700 Millionen Euro.

Mit diesem Geld wird der Betrieb der städtischen Kindergärten bezahlt und auch jeder private Kindergartenplatz in Wien mit rund 550 Euro pro Monat gefördert. Wie viel Geld davon konkret an islamische Kindergärten fließt, war am Montag aus den Büros der zuständigen SP-Stadträtinnen Sonja Wehsely und Sandra Fraunberger nicht zu erfahren. Auch nicht, wie viele islamische Kindergärten es in der Bundeshauptstadt überhaupt gibt.

Donnerstag Minister-Treffen mit Stadträten

Bekannt wurde am Montagnachmittag, dass sich Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) am Donnerstag mit den Wiener Stadträtinnen Wehsely und Frauenberger treffen wird, um die "Vor-Studie" zu islamischen Kindergärten zu besprechen. Auch Ednan Aslan vom Institut für islamische Studien der Uni Wien, das die Untersuchung durchgeführt hat, wird dabei sein, teilte Kurz' Sprecher mit. Beraten werden soll die weitere Vorgehensweise. Man brauche die Kooperation der Stadt Wien "für eine flächendeckende Begutachtung und Kontrolle der islamischen Kindergärten", betonte der Sprecher des Ministers. Ziel sei es, dass Aslan mit seinem Team umfassenden Zugang erhält, damit er eine umfassende Studie erstellen könne.

Laut Statistik Austria gibt es in Wien 100 katholische Kindergärten, 13 evangelische und über 300 von privaten Vereinen betriebene Kindergärten, hierunter fallen auch die islamischen - die nun auf 150 geschätzt wurden.

Anmerkung der Redaktion: Wegen mehrfacher massiver Verstöße gegen unsere Forenregeln musste die Kommentarfunktion zu diesem Artikel deaktiviert werden. Wir bedauern.

(Red.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Wien

Islamkindergärten: Spracherwerb für Hammerschmid zentral

Sprachkompetenz ab dem Kindergartenalter verhindere Probleme in der Volksschule, so die Bildungsministerin. Der jüngst geforderten Quotenregelung weicht sie aus.
Ibrahim Olgun (r.), Präsident der  Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich,  im Gespräch mit „Presse“-Redakteur Erich Kocina.
Wien

Muslime-Präsident: „Quotenregelung für Kindergärten“

Ibrahim Olgun, Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft, will in Kindergärten Kontingente für Ethnien und auch Nichtmuslime ansprechen. Muslime, meint er, würden zu Sündenböcken für gesellschaftliche Probleme gemacht.
Symbolbild
Wien

Uni Wien lässt Studie zu Islam-Kindergärten extern prüfen

Zur "Wahrung völliger Unparteilichkeit" soll die Österreichische Agentur für wissenschaftliche Integrität die umstrittene Studie prüfen.
Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP)
Österreich

Kindergarten-Studie: "Wir arbeiten frei von jeglichem Einfluss"

Mitarbeiter des Instituts für Islamisch-Theologische Studien wehren sich gegen Spekulationen, die umstrittene Kindergarten-Studie sei zugunsten der politischen Linie von Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) geändert worden.
Sonja Hammerschmid.
Innenpolitik

Kindergarten: Hammerschmid macht Druck

Drängen auf zweites Jahr und ein neues Superministerium.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.