Kein Antrag im Burgenland, verhaltenes Interesse in Vorarlberg

Im Burgenland gibt es durchschnittlich nur drei Adoptionen jährlich. In Vorarlberg wird die Gleichbehandlung der Anträge vom Verein Go West angezweifelt.

Auch im Burgenland haben noch keine homosexuellen Paare einen Adoptionsantrag gestellt. Bis der Kinderwunsch über diesen Weg erfüllt wird, vergeht in der Regel viel Zeit: Im vergangenen Jahr haben vier Kinder, darunter ein Geschwisterpaar, durch Adoption neue Eltern gefunden. Generell bewegt sich hier die Zahl im unteren einstelligen Bereich.

"Im vergangenen Jahr gab es im Burgenland vier Adoptionen, wobei ein Geschwisterpaar durch eine internationale Adoption ein neues Zuhause gefunden hat. Die beiden anderen Kinder waren mehrere Jahre in Pflege, bis die Eltern ihre Zustimmung zur Adoption gegeben haben", erzählte Bettina Horvath, leitende Sozialarbeiterin des Landes Burgenland, im APA-Gespräch. Seit 2010 (auch davor gab es Adoptionen, Anm.) gab es in Summe durchschnittlich drei Adoptionen im östlichsten Bundesland.

Entschließt sich eine Person oder ein Paar - egal ob hetero- oder homosexuell - zur Adoption, führt der erste Weg zu einem Sozialarbeiter oder zu einer Sozialarbeiterin im Bezirksjugendamt. "Dort sind die Kollegen für die Eignungsbeurteilung zuständig - und zwar sowohl von Pflege- als auch Adoptiveltern", sagte Horvath. Hier gebe es grundsätzlich keinen Unterschied. "Die Eignungsbeurteilung läuft gleich. Das heißt, es gibt zuerst ein Informationsgespräch mit den Interessenten. Dabei geht es darum, welche Vorstellung die Werber haben. Auch auf die Motivation wird hier schon ein bisschen geachtet. Danach wird sich die Sozialarbeiterin ein weiteres Gespräch ausmachen."

In Summe gibt es mindestens drei Gespräche und mindestens zwei Hausbesuche, wobei diese auch kombiniert werden können. "Außerdem gibt es mindestens einen Kontakt zu zweit, also mit einer zweiten Kollegin, damit man auch das Vieraugenprinzip in der Einschätzung hat."

Ein Teil des Verfahrens sind Abfragen, mit denen man sich einverstanden erklären müsse. "Strafregisterauszug, Auszug aus der Gewalt- und Sexualstraftäterdatei. Da geht es darum, dass keine Vorstrafen vorhanden sein dürfen, die das Wohl eines Kindes gefährdet erscheinen lassen. Außerdem müssen Interessenten ein medizinisches Zeugnis bringen, woraus hervorgeht, dass es keine ansteckende oder Kinder gefährdende Krankheiten gibt und dass sie körperlich in der Lage sind, Kinder gut zu versorgen. Weiters wird eine Abfrage in der Gemeinde gemacht", klärte Horvath auf. Was warum gemacht wird, werde den Interessenten genau erklärt.

Wesentlich ist laut leitender Sozialarbeiterin in jedem Fall die Zusammenarbeit der Interessenten mit der Kinder- und Jugendhilfe. "In der Zeit der Eignungsbeurteilung bis zum Abschluss des Adoptionsvertrages muss die Bereitschaft da sein, sich durchleuchten zu lassen, die Motivation offen zu legen." Außerdem werden alle Personen, die im Haushalt leben, miteinbezogen und befragt - auch bereits vorhandene Kinder. Ein Ausbildungskurs muss ebenfalls besucht werden.

Wer ein Kind adoptieren möchte, kann sich in Österreich in jedem Bundesland bewerben. Im Ausland muss man sich für ein Land entscheiden, "weil hier die Länder auch verlangen, dass man einen Bezug zum Land hat und es auch begründet, warum man gerade von dort ein Kind haben möchte", sagte Horvath. Das Mindestalter liegt bei 25 Jahren, wobei die meisten Personen älter sind.

Die Wartezeit kann mehrere Jahre dauern, immerhin kommen in Österreich bis zu zehn Interessenten auf ein Kind. Die Eignungsbeurteilung sollte innerhalb eines Jahres abgeschlossen sein - das richtet sich nach den Kapazitäten im Bundesland. Dann geht es darum, dass man als am geeignetsten erscheint. Denn: "Wir suchen für ein Kind die Eltern aus, die am besten für das Kind und die Problematik, die es mitbringt, erscheinen - und nicht umgekehrt."

Verhaltenes Interesse in Vorarlberg

Das aufgehobenen Adoptionsverbot für homosexuelle Paare hat in Vorarlberg nicht zu einer Flut von Anträgen geführt. Interesse sei zwar vorhanden, viele Paare würden aber vor "diesem sehr langen Kampf und dem damit verbundenen Zwangsouting zurückschrecken", berichtete Michael Andreas Egger vom Verein "Go West" mit Sitz in Bregenz auf APA-Nachfrage.

Aus seinem engeren Bekanntenkreis kennt der Mitarbeiter des Vereins, der die Interessen von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgenderpersonen sowie deren Angehörigen in Vorarlberg vertritt, "drei homosexuelle Paare, die sich bereits über Adoptionsmöglichkeiten und das Prozedere informiert haben". "Und sie schrecken aus mehreren Gründen eher davor zurück", betonte Egger.

Zum einen würden in Vorarlberg sehr wenige Kinder zur Adoption freigegeben. Schon heterosexuelle Paare müssten jahrelang warten. 2015 konnte laut dem Amt der Vorarlberger Landesregierung gar nur ein Vorarlberger Kind seinen Adoptiveltern übergeben werden, auf der Warteliste für Inlandsadoptionen standen Anfang 2016 etwa zehn Paare. An einer Gleichbehandlung im Fall, dass ein homosexuelles Paar einen Antrag auf eine Inlandsadoption stellt, zweifelte Egger. "In der Realität hängt das sehr von der Person in der Bezirkshauptmannschaft ab, die den Akt bearbeitet", meinte er. Allerdings habe der Verein bereits aus verschiedenen Ämtern unter der Hand erfahren, dass heterosexuelle Paare bei Adoptionsanträgen bevorzugt würden.

Vor diesem Hintergrund sei es verständlich, wenn sich gleichgeschlechtliche Paare "diesem sehr langen Kampf" gar nicht erst aussetzen wollen, gab Egger zu bedenken. Zumal mit einem Antrag auch ein öffentliches Outing verbunden wäre. Denn um adoptieren zu können, müssen homosexuelle Paare in einer amtlich eingetragenen Partnerschaft leben. Die meisten in Vorarlberg lebenden Schwulen und Lesben würden ihre sexuelle Orientierung jedoch "nicht an die große Glocke hängen" wollen. "Im Ländle wird man oft noch immer schief angeschaut", oder müsse sich für seine Partnerwahl rechtfertigen.

Beim Pflegekinderdienst des Vorarlberger Kinderdorfes, der in Österreichs westlichstem Bundesland die Homestudies bzw. Eignungsfeststellung von Adoptionswerbern durchführt, wird versichert, "homosexuelle Antragsteller gleich zu behandeln wie alle anderen". Auf die spezielle Situation gleichgeschlechtlicher Paare müsse man zwar eingehen, "ich würde aber nicht sagen, dass mehr geprüft wird", sagte die Leiterin des Pflegekinderdienstes Silvia Zabernigg im APA-Gespräch. Überprüft würde das soziale Netz der homosexuellen Adoptionswerber oder ob sie in Familie und im Beruf gut integriert seien. Eine stabile Partnerschaft sei wie auch bei heterosexuellen Paaren eine normale Voraussetzung. "Gleichgeschlechtliche Paare sind schon sehr exponiert", deshalb sei das Umfeld umso wichtiger, betonte Zabernigg. Bei jeder Entscheidung gehe es letztendlich nur um das Kindeswohl, da werde kein Unterschied zwischen hetero- oder homosexuellen Paaren gemacht.

Der Pflegekinderdienst fertigt pro Jahr zwischen fünf und zehn Berichte an. Schwule oder lesbische Paare hätten sich bisher noch nicht offiziell gemeldet, ganz vereinzelt gebe es aber Interessenten, wusste Zabernigg. In Vorarlberg lebe auch nur ein einziges Kind bei homosexuellen Pflegeeltern. In diesem speziellen Fall sei eine Adoption aber kein Thema.

Auslandsadoptionen - 2015 wurden in Vorarlberg zwei Kinder so adoptiert - halten sowohl Zabernigg als auch Egger für keine praktikable Alternative. Die Wartezeit sei auch so lange, zudem das Prozedere sehr teuer. "Mitunter geht da schon ein Kleinwagen drauf", schilderte die Leiterin des Pflegekinderdienstes. Außerdem gebe es sehr wenig offizielle Unterstützung. "Es gibt keine Stelle in Österreich, die Länder, die Adoptionen ins Ausland ermöglichen, und deren Anforderungen archiviert", erklärte Zabernigg. Egger bezeichnete die Chancen für gleichgeschlechtliche Paare als "fast unmöglich".

Deutlich zuversichtlicher gab sich Sven Alexander, der Obmann des "Vereins Vielfalt" mit Sitz in Kufstein, der sich um die Unterstützung und Vernetzung von homosexuellen Personen und Regenbogenfamilien in Westösterreich bemüht, im Gespräch mit der APA. Seiner Ansicht nach sei "die Sache noch zu frisch", einzelne Anfragen zum Thema Adoption habe sein Verein aber verzeichnet. Die Leute müssen erst lernen, wie die Abläufe funktionieren. Damit haben sich die meisten noch nicht auseinandergesetzt, denn bisher durften sie ja nicht adoptieren", erklärte der gebürtige Vorarlberger. Manche könnten es - im positiven Sinn - auch noch gar nicht glauben, dass diese Möglichkeit nun besteht.

Hofer sieht das Adoptionsrecht als "große Anerkennung für homosexuelle Paare" im Sinn von "Wir trauen euch das zu". So sei die Adoptionsmöglichkeit ein "wichtiges Signal", auch wenn vorerst vielleicht nicht viele davon Gebrauch machten. Solche Entwicklungen brauchten Zeit, wichtig sei die Gleichstellung, betonte Hofer. Faktisch spreche nichts gegen eine Adoption eines Kindes durch ein homosexuelles Paar.

(APA)

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