Wels: Bürgermeister „ist sicher kein Radaubruder“

Andreas Rabl
Andreas Rabl(c) Tom Linecker / picturedesk.com
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Mit einem Kindergarten-Wertekodex schaffte es Bürgermeister Andreas Rabl in die Schlagzeilen. In Wels punktet er als Freiheitlicher, der sich wie ein Bürgerlicher verhält.

Wels. An Aufmerksamkeit mangelt es nicht. Seit Andreas Rabl als Freiheitlicher im Herbst 2015 die zweitgrößte Stadt in Oberösterreich als Bürgermeister übernommen hat, schafft es Wels, das sonst nur mäßig das ganze Land interessiert, regelmäßig in die Schlagzeilen. Zuerst, weil der Bürgermeister die Autobahn blockieren wollte, sollte in Wels tatsächlich ein Asylquartier in der Kaserne entstehen, dann, weil er Sozialleistungen für Nicht-EU-Bürger streichen wollte, und schließlich, weil er einen Wertekodex für Kindergärten entwickeln ließ, der vorsah, dass Kinder fünf Kinderlieder und -gedichte auf Deutsch lernen sollten. Darauf folgte ein Protestaufschrei von Pädagogen und die beiden Komiker Stermann und Grissemann machten sich über ihn in ihrer Sendung „Willkommen Österreich“ vor Tausenden Menschen lustig.

Auch wenn sich Rabl selbst mit der Aussage „Satire muss möglich sein“ zur „Presse“ oberflächlich wenig getroffen zeigt, gelegen kam ihm die Häme mit Sicherheit nicht. In nur 39 Gemeinden in ganz Österreich (14 davon in Oberösterreich) darf die FPÖ zeigen, wie es ist, wenn sie regiert. Und Rabl tat das in den ersten 100 Tagen seiner Amtszeit bis auf seine Ausrutscher mit mehr oder weniger großem Geschick.

Vor allem, weil er sich bürgerlicher gibt als der Rest seiner Partei. Schon während des Wahlkampfes sei er „auch bei Leuten gut angekommen, die die FPÖ nicht so toll finden“, erzählt eine Gemeinderätin, die nicht namentlich genannt werden will. Auch von seiner Vita her hat er wenig mit dem Stereotyp des sprücheklopfenden FPÖ-Politikers gemeinsam. Rabl ist Anwalt (Spezialgebiet Insolvenz), er spielt Geige, ist mit einer Russin verheiratet, gilt als Kunstliebhaber und sammelt Werke des Malers Hermann Nitsch. Die Partei in Wels hat er im Griff, oder wie es die Gemeinderätin formuliert: „Die FPÖ ist er.“ Und das heißt auch keine fremdenfeindliche Aussagen. „Er ist sicher kein Radaubruder. Ich habe nie ein fremdenfeindliches Wort von ihm gehört“, sagt Walter Teubl von den Grünen in Wels. Im Wahlkampf hat er den Welsern versprochen, die Stadt aufzuräumen. Etwas, was die Wähler nach 70 Jahren SPÖ forderten. „Es ist kein Geheimnis, dass die SPÖ nach dem Motto ,Der Magistrat gehört uns‘ agierte“, sagt Teubl. Nach seinem Sieg versetzte er die beiden Bürgermeister-Chauffeure, verkaufte Dienstwagen und kürzte bei Aufsichtsratsgehältern. So etwas kommt bei den Wählern gut an, auch wenn einer der beiden Chauffeure mittlerweile sowieso in Pension ist und die Opposition kritisiert, dass beim Budget nicht gespart, nur umverteilt wurde.

„Englisch auch okay“

„Was wir erlebt haben, ist, dass er mit sehr großer Geschwindigkeit Maßnahmen setzt, auch zum Teil dort, wo die Zuständigkeit nicht bei der Stadt liegt“, sagt Teubl. Während das Land Oberösterreich noch an einem Wertekodex bastelt, ist jener von Rabl entwickelte schon an die Öffentlichkeit gedrungen. Auch wenn er nun zurückrudert – und betont, dass es noch keine Endfassung ist. „Ich glaube, es ärgert ihn, ins rechte Eck gestellt zu werden“, sagt die Gemeinderätin, die anonym bleiben will.

Rabl selbst findet es „nervig, wenn Freiheitlichen dauernd eine Begeisterung für deutsches Liedgut nachgesagt wird“. Er hätte auch mit fremdsprachigen Liedern kein Problem. Immerhin solle der Wertekodex ja für alle Kinder gelten. „Es können auch englische oder französische Lieder sein. ,Frère Jacques‘ oder ,Old McDonald‘ wäre auch okay.“ Die ÖVP, die mit ihm koaliert, hat sich schon gegen die „triviale Wertevermittlung“ ausgesprochen, so Stadtparteiobmann Peter Csar. Er pocht darauf, den Kodex gemeinsam mit dem Land Oberösterreich zu entwickeln, wo der schwarze Landesrat Thomas Stelzer gerade an so etwas arbeitet. Es ist nicht das einzige Thema, bei dem Rabl auf ÖVP-Linie ist. Ein weiterer Vorschlag ist die Einführung von Deutschklassen für Schüler, die schlecht Deutsch sprechen. Eine Idee, die die Bundes-ÖVP schon länger fordert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.03.2016)

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