Es muss nicht immer Schönbrunn sein

Einer der Wölfe, die sich im Wildpark Ernstbrunn im Weinviertel aus der Nähe beobachten lassen.
Einer der Wölfe, die sich im Wildpark Ernstbrunn im Weinviertel aus der Nähe beobachten lassen.Die Presse/Clemens Fabry
  • Drucken

Gämsen, Hirsche, Schafe, Schweine – und Wölfe. 40 Kilometer von Wien entfernt, im Wildpark Ernstbrunn begegnet man vielen heimischen Tierarten. Ein sehr entspannter Tierparkbesuch im Weinviertel.

Malerisch, dieses leicht überstrapazierte Wort – man kommt ihm hier fast nicht aus. Auf dem kurzen Weg vom Parkplatz zum Eingang des Wildparks, unter mächtigen Eichen entlang, die ein paar Sonnenstrahlen durchlassen. Irgendwo plätschert ein Bach, und die Vögel zwitschern.

Keine Frage, im Wildpark Ernstbrunn, weniger als eine Autostunde von Wien entfernt, im Naturpark Leiser Berge gelegen, taucht man, sofern man aus der Großstadt anreist, in eine andere Welt ein. Wunderbar altmodisch schon die alte Holzhütte, an der man den Eintritt bezahlt und sich ein Sackerl Futter mitnimmt, mit dem man einige der Tierarten im Wildpark füttern kann.

Wie es sich für einen Wildpark gehört, wird man auf der leichten Wanderung durch die Anlage fast nur an heimischen (oder zumindest europäischen) Tierarten vorbeikommen. Exotischen Tiere, nur um keine falschen Erwartungen zu wecken, wird man hier nicht begegnen. Ein Zoo Schönbrunn ist das hier nicht, auch nicht Hellbrunn, und das ist auch gut so: Gerade als Stadtbewohner mit Jahreskarte im Hietzinger Tiergarten ist einem der Anblick von Tigern, Pandabären oder Elefanten mittlerweile ja tatsächlich vertrauter als jener eines Rotwilds oder einer Gams.

Insofern bietet der Wildpark eine nette Abwechslung. Die Gehege fügen sich links und rechts des – phasenweise recht steilen – Spazierwegs in die Landschaft, zwischendurch, wenn ein paar Meter entfernt ein Reh durch das Gebüsch läuft, vergisst man fast, dass hier Zäune (und ganz selten auch Glasscheiben) Besucher und Fauna trennen.

Gleich zu Beginn warten links neugierig am Zaun die Hausesel und lassen sich die Stirn kraulen: Sie teilen ihr weitläufiges Gehege mit Hausschafen und Hausziegen, die träge in der Sonne liegen. Ein paar Meter weiter kommen rechts die Ungarischen Zackelschafe mit ihren seltsam gedrehten langen Hörnern (und einigen Lämmern).

Wo sind die Gämsen?

In Sichtweite ist da schon der nette Kinderspielplatz, auf dem eine Schulklasse gerade Pause macht, die Tiere ringsum (Hängebauchschweine, Frettchen, Kaninchen) scheinen sich am Kinderlärm nicht zu stören. Lauter als hier wird es im ganzen Wildpark nicht mehr sein: Ruhig und entspannt ist der Besuch, kein Vergleich zu den überlaufenen Zoos der Großstädte, in denen man sich an Schönwettertagen mitunter vor manchem Gehege anstellen muss, um einen guten Blick auf die Tiere zu bekommen. Manchmal spaziert man auch durch eine kleine Waldstrecke ganz ohne Gehege (sieht aber vielleicht den einen oder anderen Specht). Außerdem bemerkt man auch nicht in jedem Gehege sofort, welches Tier hier lebt. Auf der steilen Felswand, auf der Gämsen leben, entdeckt man mitunter kein einziges der Tiere, die wohl – gut so – ausreichend Rückzugsräume haben.

An den Steinböcken mit ihrem prächtigen Gehörn vorbei geht es weiter bergauf, Hinweisschilder warnen die Besucher, dass die nächste Etappe etwas anstrengender werden könnte. „Die lange Variante des roten Rundwegs ist steil und steinig“ ist da zu lesen. Wer will, kann eine einfachere Route wählen – je nach Rundweg braucht man eine Dreiviertelstunde bis Stunde, um den ganzen Wildpark zu durchwandern, die Zeit, die man vor den Gehegen verbringt, nicht mitgerechnet.

Apropos steil: Wer mit kleinen Kindern kommt, sollte den Kinderwagen, wenn es die Kondition der Kinder erlaubt, im Auto lassen. Die Wege sind nicht nur zu steil, um Kinderwagen zu schieben, sie sind auch nicht asphaltiert, sondern recht steinig. Jedenfalls mitnehmen sollte man eine Jause – die gastronomische Auswahl im Wildpark ist abgesehen vom Würstelstand „Hexenhütte“ sehr überschaubar. Gelegenheiten, unterwegs auf Holzbänken und -tischen zu rasten gibt es auf den Strecken jedenfalls genügend.

Hat man sich für den roten Rundweg entschieden, kommt man zu dicht bewaldeten Gehegen hinter hohen Zäunen: Hier leben auf einem großen (und für die Besucher nicht durchwegs einsehbaren) Areal mehrere Wölfe. „Das hab ich im Fernsehen gesehen“, sagt ein älterer Besucher zu seiner Frau, „die tun da mit Wölfen forschen.“

Genau. Konkret ist im Wildpark Ernstbrunn auch das Wolf Science Center untergebracht, in dem Forscher rund um Kurt Kotrschal und Friederike Range seit einigen Jahren Wölfe und Hunde mit der Hand aufziehen und ihr Verhalten erforschen. Samstags und sonntags gibt es hier (siehe Infobox) auch Führungen, die den Besuchern mehr Einblick in die Wolfforschungsstation bieten, über die Website kann man auch spektakuläre Programme buchen – wie einen Spaziergang mit einem Wolf oder eine Fotoworkshop, bei dem die Wölfe das Fotomotiv sind.

Das Heulen der Wölfe

Aber auch ohne Zugang zum Wolf Science Center bekommt man als (geduldiger) Besucher den einen oder anderen Wolf zu sehen. Ihr charakteristisches Heulen hat man schon weiter unten im Wildpark vernommen, nun erkennt man, im Schatten und im recht hohen Gras, zwei Tiere in der Wiese liegen. Gegenüber, in einem weiteren Gehege, laufen zwei Wölfe, anmutig , stolz und ein bisschen nervös (hungrig?) auf und ab. An den Besuchern auf der anderen Seite des Zauns scheinen sie kein besonderes Interesse zu haben.

Ein paar Minuten weiter steht man plötzlich, ganz ohne Zaun dazwischen, auf einer Wiese mit den Sikahirschen, die ein wenig scheu, aber doch neugierig genug sind, um sich streicheln (und sehr geduldig fotografieren) zu lassen.

Wer nach dem Wildpark noch ein paar Minuten Zeit hat, kann einen Abstecher zum Schloss Ernstbrunn machen, das man vom Wildpark aus, mächtig auf dem Felsen thronend, aus der Ferne gesehen hat. Vorbei an einem imposanten Schütthaus geht es eine Allee entlang zum Schloss, das im Besitz der Fürstenfamilie Reuss steht. Das Innere des Schlosses, dessen ältester Teil aus dem Mittelalter stammt, ist nicht zugänglich. Dafür entschädigt aber der verwunschene Barockgarten.

Wildpark

Der Wildpark Ernstbrunn liegt in Dörfles bei 2115 Ernstbrunn im Weinviertel, 40 km nördlich von Wien.

Geöffnet dienstags bis sonntags von neun bis 17 Uhr, wegen des Feiertags ausnahmsweise auch morgen, Montag. Im Wildpark ist auch das Wolf Science Center angesiedelt, das Führungen anbietet (Sa: 14 Uhr, So: elf und 14 Uhr). www.wildpark-ernstbrunn.at oder wolfscience.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.05.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Ehrenamtliche Eisenbahnfreunde wie Reinhard Popp (li.) und Albert Malli erhalten den Betrieb der historischen Höllentalbahn als Museumsbahn am Leben.
Österreich

Auf schmalen Spuren durch das Höllental

Seit 40 Jahren sorgen Eisenbahnliebhaber dafür, dass die historische Höllentalbahn nach wie vor in Betrieb ist. Sonn- und feiertags kann man sich auf eine nostalgische Zugfahrt begeben, die nicht nur Zug-Auskennern Spaß macht.
Einer der Waggons, mit denen B&B Bluetrain etwa nach Gmunden oder nach Venedig fährt.
Österreich

Waggons aus aller Herren Länder

Das private Zugunternehmen B&B Bluetrain bietet Erlebnisfahrten an – im Luxuswaggon.
Auf Granitfelsen wurde die Burg Rappottenstein im Waldviertel einst erbaut – und später erweitert.
Österreich

Die Burg, in der nur die Stunden zählen

Mächtig thront die Burg Rappottenstein auf einem Felsen im Waldviertel. Die Tour durch die historisch gewachsene Festungsanlage führt nicht nur durch mehrere Bauepochen – sondern auch ins Verlies.
Blick vom Ufer des Ottensteiner Stausees auf die Ruine Lichtenfels.
Österreich

Im Tretboot oder Kanu über den Stausee

Malerisch, verwunschen – und ein Ziel für Wassersportler: der Stausee Ottenstein im Waldviertel.
Im ehemaligen Stadtgefängnis Tulln befindet sich seit 1990 – dem 100. Geburtstags des Malers – das Egon-Schiele- Museum.
Österreich

Auf den Spuren des jungen Egon Schiele

Wer Tulln besucht, kommt am berühmtesten Sohn der Stadt nicht vorbei: Das Schiele-Museum zeigt aktuell Natur- und Stadtlandschaften des Künstlers. Auf dem Bahnhof Tulln kann man die Wohnung seiner Kindheit besichtigen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.