Stille Nächte in Schiltern

(c) Clemens Fabry
  • Drucken

Auf der Suche nach vorweihnachtlicher Besinnlichkeit lohnt sich eine Reise in die Gärtendes kleinen Schiltern im Kamptal.

Schon der Weg nach Schiltern ist einen Ausflug wert. Wenn man das Kamptal rechtzeitig zur Dämmerung erreichen will, um die Kittenberger Erlebnisgärten beim Aufleuchten ihrer 250.000 Lichtchen zu betreten, fährt man zuerst in Richtung Krems an den im Winterlicht daliegenden Wagramer Lössterrassen entlang. Durch das Kamptal schlängelt sich der Reisende anschließend vorbei an der Weinstadt Langenlois und ihren unzähligen Kellergassen. Die sehen aus, als hätten sie für Kommissar Polts fiktives Wiesbachtal Pate gestanden. Malerisch und winterlich verwaist.

Wenn man die beinahe ganzjährig bespielten Schaugärten erreicht, sollte die Naturkulisse bereits das Ihre zur Besinnlichkeit beigetragen haben. Wenn nicht, helfen die hiesigen Landschaftsgärtner nach. Kein Eck auf dem mehr als 50.000 m? großen Areal, auf dem es nicht aus einem Teich oder Bach gurgelt und plätschert, Holzscheite in den Feuerschalen knistern, dezente Weihnachtsmusik erschallt oder Lichter und Kugeln aus den Bäumen und Sträuchern leuchten.

„Wir versuchen die Natürlichkeit beizubehalten. Und wir glauben, dass es nicht kitschig ist“, sagt Mitarbeiterin Manuela Murth-Menhardt. Seit der Adventzauber vor zwölf Jahren startete, sind die Gästezahlen konstant gewachsen. Heute empfängt Schiltern allein in der Adventsaison rund 30.000 Besucher. Die Vorbereitungen beanspruchen einen Monat. Die gewollte Symbiose aus Mensch und Natur könnte bei diesen Zahlen leicht in Gefahr kommen, wäre das Areal nicht so weitläufig. So findet sich der Besucher unerwartet schnell allein am Seerosenteichen oder im altviktorianischen Gewächshaus wieder. Mehr als 40 Themengärten reihen sich aneinander und bieten genug Raum, sich zu verlaufen.

35 Jahre ist es her, da kam einer aus dem Ort auf die Idee, einen Erlebnisgarten nach ausländischem Vorbild zu bauen. Eine Gstätten war der im Adventschein daliegende Hügel damals. Und Schiltern ein Ort, der über die Grenzen des Kamptals hinaus niemandem ein Begriff war. Reinhard Kittenberger habe das geändert, als er eine kleine Baumschule zu einer riesigen Gartenerlebniswelt samt Verkaufscenter, Restaurant und Streichelzoo ausgebaut hat, raunen einem seine Mitarbeiter bewundernd über einer Tasse Kamptaler Punsch zu.

Währenddessen beginnt ein Mann um die 60 auf der Bühne zu singen. Abermals wird geraunt: Das sei der Chef höchstpersönlich, Reinhard Kittenberger. Jeden Nachmittag bis 22. Dezember steht er auf der Freiluftbühne im Zentrum seiner Gärten und singt Weihnachtslieder. Und man muss gestehen: außerordentlich gut für einen gelernten Gärtner.

Die Schilterner beweisen aber nicht nur Engagement für ihren Garten, sondern vor allem Humor. Das wirkt im Vergleich zu anderen Adventwelten sehr wohltuend. So steht Marias und Josefs Krippe mitsamt Stier und Schaf direkt neben dem Gehege der Benetton-Kängurus. Während die Erzählung von der Weihnachtsnacht aus dem Lautsprecher murmelt, hüpfen im Dämmerlicht besinnlich die Waldviertler Zwergenkängurus.


Schwarzhumorige Gartenzwerge. Nicht weit davon entfernt kann man sich wunderbar in einem Irrgarten der anderen Art verlaufen. An dessen toten Enden sind die Geschichten von Gartenzwergen mit Burn-out-Syndrom, Mordfantasien oder politischen Ambitionen in Niederösterreichs Landesregierung nachzulesen. Nicht ganz kindergerecht, nicht unbedingt besinnlich, aber amüsant.

Für Kinder bietet sich eher das von einem riesigen Weihnachtsbären bediente Adventpostamt an. Oder man besucht den Streichelzoo mit seinen Zwergziegen, Ponys, Hasen und Alpakas (Schauspielerin Erni Mangold hat es ganz offensichtlich ebenfalls bereits nach Schiltern verschlagen, sie ist Alpaka-Patin). Oder man stattet dem Spielplatz samt schwindelerregendem Rutschturm einen Besuch ab. Reist man mit Kindern an, ist es ratsam, viel Zeit mitzubringen.

Wenn man ganz zum Schluss den höchsten Punkt des Gartens besteigt und sieht, wie das letzte Licht am Rand des Kamptals versickert, treten die Konturen von Maria und Josef mitsamt Stier, Schaf und Känguru sowie der Rest des Gartenvolks in den Hintergrund. Die 250.000 Lichter spielen jetzt die Hauptrolle. Und selbst dem wenig adventaffinen Besucher dürfte dieser Anblick gefallen. ?

Die Erlebnisgärten

Der Adventzauber im Garten in den Kittenberger Erlebnisgärten ist vom 2. November bis 22. Dezember 2016 täglich bis 19 Uhr geöffnet.

Eintrittspreise: 8 Euro p. Erwachsener, 4 Euro p. Kind

Adresse: Laabergstraße 15, 3553 Schiltern bei Langenlois www.kittenberger.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.11.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Ehrenamtliche Eisenbahnfreunde wie Reinhard Popp (li.) und Albert Malli erhalten den Betrieb der historischen Höllentalbahn als Museumsbahn am Leben.
Österreich

Auf schmalen Spuren durch das Höllental

Seit 40 Jahren sorgen Eisenbahnliebhaber dafür, dass die historische Höllentalbahn nach wie vor in Betrieb ist. Sonn- und feiertags kann man sich auf eine nostalgische Zugfahrt begeben, die nicht nur Zug-Auskennern Spaß macht.
Einer der Waggons, mit denen B&B Bluetrain etwa nach Gmunden oder nach Venedig fährt.
Österreich

Waggons aus aller Herren Länder

Das private Zugunternehmen B&B Bluetrain bietet Erlebnisfahrten an – im Luxuswaggon.
Auf Granitfelsen wurde die Burg Rappottenstein im Waldviertel einst erbaut – und später erweitert.
Österreich

Die Burg, in der nur die Stunden zählen

Mächtig thront die Burg Rappottenstein auf einem Felsen im Waldviertel. Die Tour durch die historisch gewachsene Festungsanlage führt nicht nur durch mehrere Bauepochen – sondern auch ins Verlies.
Blick vom Ufer des Ottensteiner Stausees auf die Ruine Lichtenfels.
Österreich

Im Tretboot oder Kanu über den Stausee

Malerisch, verwunschen – und ein Ziel für Wassersportler: der Stausee Ottenstein im Waldviertel.
Im ehemaligen Stadtgefängnis Tulln befindet sich seit 1990 – dem 100. Geburtstags des Malers – das Egon-Schiele- Museum.
Österreich

Auf den Spuren des jungen Egon Schiele

Wer Tulln besucht, kommt am berühmtesten Sohn der Stadt nicht vorbei: Das Schiele-Museum zeigt aktuell Natur- und Stadtlandschaften des Künstlers. Auf dem Bahnhof Tulln kann man die Wohnung seiner Kindheit besichtigen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.