Im Bauch der Naturkunde

Unterhaltung und Lehrreiches, nicht nur für Kinder, im Salzburger Haus der Natur – einem der größten Naturkundemuseen in Österreich.
Unterhaltung und Lehrreiches, nicht nur für Kinder, im Salzburger Haus der Natur – einem der größten Naturkundemuseen in Österreich.(c) Haus der Natur
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Ein Tag ist viel zu kurz, um das Haus der Natur in Salzburg zu erkunden. Es empfiehlt sich ein Jahresticket für Besuche in kleinen Portionen.

Ganze Generationen von Kindern denken an ihren ersten Besuch im Haus der Natur mit lustvollem Schrecken zurück: Das furchterregende Brüllen eines Dinosauriers, der in der halb dunklen Halle zwischen anderen riesigen Geschöpfen der Urzeit auch noch drohend seinen Kopf bewegt, brennt sich ins Gedächtnis ein. Die Größeren ergehen sich in Fachsimpeleien über den an der Decke hängenden Flugsaurier, die Jugendlichen haben mit Dinosaurier-Selfies ihren Spaß. Respekt ist auch eine Frage des Alters.

Das Haus der Natur in Salzburg gehört zu den größten Naturkundemuseen in Österreich. Auf über 7000 Quadratmetern widmet es sich Themen von der klassischen Biologie über Physik bis zur Völkerkunde – generationenübergreifend vom Kleinkind bis zu den Großeltern.

Das Brüllen des Allosauriers im Erdgeschoß hört man auch noch, wenn man längst in andere Welten eingetaucht ist. Wie in der Tibet-Schau, die auf Exponaten basiert, die 1938/39 nach einer von der Waffen-SS finanzierten Expedition ins Haus der Natur kamen. Eine Erklärungstafel informiert über die Herkunft der Objekte. Eduard Paul Tratz, Gründer des Hauses, hatte das Museum zu einer Abteilung der NS-Wissenschaftsorganisation Ahnenerbe gemacht. Lang herrschte Schweigen über die fragwürdige Herkunft manch arisierter Exponate – bis sich das Haus in den vergangenen Jahren seiner Geschichte stellte. Betroffene Teile der Sammlungen wurden restituiert, Erklärungstafeln angebracht.

Die lange Geschichte des 1924 gegründeten Museums macht auch sichtbar, wie sich die Museumsdidaktik verändert hat. In der leicht verstaubten Abteilung über die Tierwelt Europas sieht man viele ausgestopfte Rehe, Hirsche und Dachse. Mit einem zauberhaften kleinen Fährtenkarussell lassen sich Wildtiere und deren Spuren erraten. Die bunten Mini-Dioramen, die historische Jagdformen veranschaulichen, sind Kleinode der Museumskunst. Da bewegt sich nichts. Da leuchtet nichts auf. Da gibt es nichts auszuprobieren – und doch vermögen diese Darstellungen Besucher zu fesseln.

Spektakuläre Dinge gibt es ohnehin genug. Dem Doppler-Effekt –Christian Doppler war Salzburger – wird breiter Raum mit Probierstationen gewidmet. Warum ist es in den Tropen heiß und an den Polen kalt? Diese Frage beantworten sich drehende Modelle von Erde und Sonne. Die 23 Kilogramm Körpergewicht, die das achtjährige Mädchen auf der Erde hat, sind auf dem Mond nur mehr 3,55 und auf dem Mars 10,2 Kilogramm: Die Waage in der Weltraumhalle vermittelt ein Gefühl für das Phänomen der Anziehungskraft.


Lebende Tiere gibt es natürlich auch: Das Aquarium im Erdgeschoß zeigt mit über 40 Schaubecken eine abwechslungsreiche Unterwasserwelt. In den Terrarien sind Schlangen zwischen Ästen, Blättern und Felsnischen so gut getarnt, dass es schon einige Zeit braucht, um sie zu entdecken. Da gibt es Mambas, Brillenschlangen, eine Kaiserboa und zwei ausgewachsene Albino-Exemplare der dunklen Tigerpython. Bei den Kindern beliebt: der Alligator, der recht faul im Wasser liegt.

Wer endlich die vier Stockwerke des Haupthauses durchstreift hat, ist redlich erschöpft. Doch man sollte die Salzburger Museumsmacher nicht unterschätzen: Im Science Center wartet eine geballte Ladung naturkundlicher Erlebnispädagogik. Es ist ein spielerisches Universum mit Mechanik, Aerodynamik, Sport, Musik und Energie. Gut, dass es auch eine Klangkabine gibt, in der Erwachsene bei Mozart abschalten und auf die spielenden Kleinen warten können. Raus aus dem Haus der Natur kommt man mit Kindern nämlich nur mit dem Versprechen, bald wiederzukehren. ?

Info

Haus der Natur. Museum für Natur & Technik, Museumsplatz 5, 5020 Salzburg
www.hausdernatur.at

Öffnungszeiten: täglich von 9 bis 17 Uhr

Eintritt:
Erwachsene: 8 Euro, Kinder: 5,50 Euro, Familientickets ab 12,50 Euro

Tipp: 19. Jänner 2017, 18 bis 19.15 Uhr: Erlebnisführung durch das nächtliche Haus der Natur mit Taschenlampen, Anmeldung unter 0662/842653-0

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.01.2017)

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