Vögel, Frösche, Katastrophen

Im Haus der Natur in St. Pölten können heimische Vogelarten entdeckt werden.
Im Haus der Natur in St. Pölten können heimische Vogelarten entdeckt werden.(c) Theo Kust/www.imagefoto.at
  • Drucken

Das Haus der Natur in St. Pölten widmet sich derzeit extremen Naturereignissen. Man kann aber auch die heimische Tier- und Pflanzenwelt entdecken.

Lautes Getrampel ist schon von Weitem zu hören – und das in einem Museum! Dass hier im Haus der Natur im Museum Niederösterreich nicht geflüstert werden muss, man Dinge ausprobieren, angreifen kann und ja, sogar dazu animiert wird, Lärm zu machen, ist ein erster Hinweis, dass es sich um kein verstaubtes, sondern ein modernes Haus der Wissensvermittlung handelt.

Verursacht wird der Lärm von einer Schulklasse, die mit lautem Stampfen auf einem „Earthscope“ gerade eine Art Erdbeben simuliert: Das Ausmaß der Erschütterungen, die die springenden Kinder auf einer Plattform auslösen, sehen sie auf einem Bildschirm vor sich.

Erdbeben und anderen extremen Naturereignissen ist die derzeitige Sonderschau „Gewaltig!“ im Haus der Natur gewidmet, bei der man Erstaunliches erfährt: So brach 1815 in Indonesien der Vulkan Tambora aus – eine Katastrophe, die sich auch auf Europa auswirkte: Im Jahr darauf fiel durch die Millionen Tonnen an Schwefeldioxid in der Luft der Sommer in Europa aus, es kam zu Misswirtschaft und zur schlimmsten Hungersnot des 19. Jahrhunderts.

Polargebiet in Wien. Andere Naturkatastrophen werden anhand von Beispielen aus Niederösterreich dargelegt: von Hochwasser über Hagel bis Muren. Ein Video zeigt, wie sich eine Lawine langsam, aber gnadenlos ihren Weg ins Tal gräbt, vorbei an Wohnhäusern, von deren Balkonen Menschen die weiße Bedrohung betrachten. In Wien, Fotos der Schau belegen das, gab es einst ein „Polargebiet“: Im Februar 1929 bildete sich auf der Donau ein gewaltiger Eisstoß, der Fluss war auf einer Länge von 40 Kilometern erstarrt. Und wurde zur Attraktion: Sonderzüge führten Neugierige zu dem Naturschauspiel, am Ufer verkauften Standler Würstel und Getränke.

Auszuprobieren gibt es hier vieles, so kann man eine Minilandschaft fluten und beobachten, wie sie bei niedrigem und hohen Wasserstand aussieht. Der wissenschaftlichere Teil der Schau ist den Forschern Carl Friedrich Gauß, Karl Kreil und Victor Conrad gewidmet – zu sehen sind dabei auch historische, davor noch nie gezeigte Messinstrumente.

Wer sich nicht nur Naturkatastrophen widmen will, kann in den Räumen der Dauerausstellung auch die Fauna und Flora Niederösterreichs vom Donaubecken bis zum Gletscher erkunden. Das von Hans Hollein entworfene Museum simuliert dabei über mehrere Ebenen die einzelnen Lebensräume von ganz unten (wo man eine Höhle samt Fundstücken erkunden kann) bis hinauf zum Gletscher. Der geschwungene Weg, der die Besucher durch das Haus führt, ahmt den Verlauf eines Flusses nach. Man spaziert an Waldlandschaften vorbei, in denen man ausgestopfte Sperber, Wildschweine oder auch einen Elch sieht (ja, auch Elche gibt es bei uns ab und zu), sucht in Terrarien (lebende) Schlangen, Fröschen oder Kröten.

In den Aquarien entdeckt man Fische – darunter den erstaunlichen Waxdick, den Kinder oft für einen Hai halten. Teils sind die Aquarien im Freien, man blickt durch die Scheibe hinaus – und eine Ente von draußen hinein: Sie sitzt im hübschen Museumsgarten (den man hier nicht erwarten würde, wenn man durch das eher betonlastige Regierungsviertel herspaziert), in dem man sich später ausruhen kann. Weiter oben trifft man auf ausgestopfte Greif- und Raubvögel, ganz oben am Gletscher kann man erforschen, wie sich das Fell des Hermelins je nach Jahreszeit ändert – und einen eiskalten Gletscher berühren.

Unter der Woche ist im Haus der Natur angenehm wenig los, am Wochenende herrscht dank Familienführungen und Kreativstationen – darunter Mikroskopieren – mehr Betrieb. Sicher, im Vergleich zum namensgleichen Haus der Natur in Salzburg oder zum Naturhistorischen Museum in Wien ist das St. Pöltner Museum deutlich kleiner. Vorteil: Man kann sich den Exponaten und Tieren – das Haus der Natur ist ob der lebenden Tiere offiziell auch ein Zoo – ohne große Ermüdungserscheinungen (für Pausen gibt es ein Café) widmen und schafft das Museum an einem Nachmittag. Derzeit noch: Wenn der zweite Teil des Museums Niederösterreich – das Haus der Geschichte – im September eröffnet, wird der Standort deutlich größer.

Museum Niederösterreich

Das Haus der Natur ist Teil des „Museum Niederösterreich“ in St. Pölten. Die Sonderausstellung „Gewaltig! Extreme Naturereignisse“ ist bis 11. Februar 2018 zu sehen.
Geöffnet: Di bis So sowie feiertags, 9 bis 17 Uhr. Eintritt Vollpreis: 5,50 €.
Adresse: Kulturbezirk 5, 3100 St. Pölten
Infos: +43/(0)2/742/908 090 oder www.museumnoe.at

Am 10. September wird mit dem Haus der Geschichte der zweite Teil des Museums eröffnet, die erste Schwerpunktausstellung „Die umkämpfte Republik“ widmet sich Österreich in den Jahren 1918 bis 1938.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.05.2017)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Ehrenamtliche Eisenbahnfreunde wie Reinhard Popp (li.) und Albert Malli erhalten den Betrieb der historischen Höllentalbahn als Museumsbahn am Leben.
Österreich

Auf schmalen Spuren durch das Höllental

Seit 40 Jahren sorgen Eisenbahnliebhaber dafür, dass die historische Höllentalbahn nach wie vor in Betrieb ist. Sonn- und feiertags kann man sich auf eine nostalgische Zugfahrt begeben, die nicht nur Zug-Auskennern Spaß macht.
Einer der Waggons, mit denen B&B Bluetrain etwa nach Gmunden oder nach Venedig fährt.
Österreich

Waggons aus aller Herren Länder

Das private Zugunternehmen B&B Bluetrain bietet Erlebnisfahrten an – im Luxuswaggon.
Auf Granitfelsen wurde die Burg Rappottenstein im Waldviertel einst erbaut – und später erweitert.
Österreich

Die Burg, in der nur die Stunden zählen

Mächtig thront die Burg Rappottenstein auf einem Felsen im Waldviertel. Die Tour durch die historisch gewachsene Festungsanlage führt nicht nur durch mehrere Bauepochen – sondern auch ins Verlies.
Blick vom Ufer des Ottensteiner Stausees auf die Ruine Lichtenfels.
Österreich

Im Tretboot oder Kanu über den Stausee

Malerisch, verwunschen – und ein Ziel für Wassersportler: der Stausee Ottenstein im Waldviertel.
Im ehemaligen Stadtgefängnis Tulln befindet sich seit 1990 – dem 100. Geburtstags des Malers – das Egon-Schiele- Museum.
Österreich

Auf den Spuren des jungen Egon Schiele

Wer Tulln besucht, kommt am berühmtesten Sohn der Stadt nicht vorbei: Das Schiele-Museum zeigt aktuell Natur- und Stadtlandschaften des Künstlers. Auf dem Bahnhof Tulln kann man die Wohnung seiner Kindheit besichtigen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.