Die gängigsten E-Bikes sind mit einem Mittelmotor an der Tretkurbel ausgestattet. Das schließt eine Rekuperation praktisch aus.
In Österreich könnten nach Einschätzung des Verkehrsclubs Österreich heuer erstmals mehr als 100.000 E-Bikes gekauft werden, mit Sicherheit sehr viel mehr als Elektroautos. Unter den strombetriebenen Fahrzeugen sind die Fahrräder den Autos schon in den vergangenen Jahren davongezogen – im Vorjahr zum Beispiel mit 86.500 verkauften Exemplaren, neben denen sich 3826 E-Pkw recht bescheiden ausnehmen. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Neben den Anschaffungskosten, die sich umgekehrt proportional zu den Verkaufszahlen verhalten, ist es vor allem der Unterschied der beiden Fahrzeugarten zu ihren jeweiligen konventionellen Pendants. Während das Elektroauto punkto Reichweite hinter dem mit Verbrennungsmotor zurückbleibt, erweitert das E-Bike diese für die meisten Benützer in horizontaler und in vertikaler Richtung: Als durchschnittlicher Radfahrer kommt man mit Hilfe der Kraft aus dem Akku einfach weiter weg und höher hinauf.
E-Bikes gibt es mittlerweile in allen Ausprägungen, vom Citybike mit Lichtanlage, Kotflügeln und Gepäckträger bis zum voll gefederten Mountainbike. Das Prinzip der Motorunterstützung ist immer gleich: Sensoren messen, ob Kraft auf die Kurbeln angewendet wird – erst dann wird der Motor zugeschaltet. Bei allen Fabrikaten, seien sie von Bosch, Panasonic, Shimano oder Yamaha, lässt sich der Grad der Unterstützung stufenweise wählen. Je stärker der Motor mitkurbelt, desto kürzer hält naturgemäß der Akku. Bosch bringt dieser Tage eine neue Software speziell für E-Mountainbikes auf den Markt (nachrüstbar bei allen Performance-Line-CX-Motoren): Der eMTB-Modus arbeitet statt mit Stufen mit einer dynamisch zwischen 120 und 300 Prozent variierenden Unterstützung, je nachdem, wie stark der Fahrer gerade tritt. Für den Stromverbrauch muss das kein Vorteil sein: Wer allgemein mit den untersten beiden Stufen auskommt – und die zweite, „Tour“, ist schon wesentlich stärker als „Eco“ – hat am Ende der Tour noch mehr Strom im Akku als ein Fahrer im neuen Modus.
Eine Energierückgewinnung gibt es bei der am stärksten verbreiteten Motorenart, dem Mittelmotor an der Tretkurbel, nicht: Um eine feste Verbindung vom Hinterrad zur Kurbel zu schaffen, müsste die Kette in beiden Richtungen ziehen können (bei einer Kettenschaltung unmöglich), und die Freiläufe in der Nabe und beim Motor müssten gesperrt werden. Räder mit dem Motor an der Nabe können hingegen beim Bremsen oder Bergabfahren Strom gewinnen.
Rechtlich sind E-Bikes in Österreich auf 25 km/h Höchstgeschwindigkeit beschränkt. Auch technisch: Spätestens nach einer zehnprozentigen Toleranz nach oben schaltet der Motor ab. Das Gefühl, dass man ab diesem Tempo mehr Kraft braucht als auf normalen Fahrrädern, stimmt nur bedingt: Wahr ist, dass der Luftwiderstand mit dem Quadrat der Geschwindigkeit steigt, der Entfall der elektrischen Hilfe bei, sagen wir, 27 km/h Rückenwind also schon als recht deutlicher Abfall zu spüren ist; und auch, dass E-Bikes schwerer sind als Räder ohne Motor und Akku. Den ausgeschalteten Motor muss man aber nicht mitdrehen, wie man meinen könnte, sondern bloß das Getriebe, das unsichtbar die Zahl der Umdrehungen zwischen Tretkurbel und Zahnrad zweieinhalbfach übersetzt.
Verbotene Tricks. Apropos unsichtbar: Es gibt technische Möglichkeiten, den Tacho auszutricksen, indem man mit einem kleinen Zusatzgerät die Impulse des Geschwindigkeitssensors am Hinterrad halbiert. Das verdoppelt das Höchsttempo des Motors. Auf der Straße darf man mit einem so getunten Rad aber nicht fahren.
In Zahlen
Verkauf. Der Verkehrs- club Österreich erwar-tet, dass heuer erst- mals mehr als 100.000 E-Bikes in Österreich verkauft werden.
Vergleich. Die E-Bikes verkaufen sich wesentlich besser als E-Pkw: 2016 wurden laut VCÖ 86.500 der Fahrräder und nur 3826 elektrische Autos verkauft.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.06.2017)