Erstmals seit 1999 höchste Lawinen-Warnstufe

Eine Straßensperre wegen Lawinengefahr auf der B197-Arlberg Straße von Langen am Arlberg nach Zürs, Lech und St. Anton
Eine Straßensperre wegen Lawinengefahr auf der B197-Arlberg Straße von Langen am Arlberg nach Zürs, Lech und St. AntonAPA/DIETMAR STIPLOVSEK
  • Drucken

Nach den massiven Schneefällen gilt in Teilen Westösterreichs die höchste Warnstufe 5. Das war zuletzt 1999 der Fall, im Jahr der Lawinenkatastrophe von Galtür. Etliche Wintersportorte sind von der Außenwelt abgeschnitten.

Abgeschlossene Täler, tausende sitzen fest, geschlossene Schulen, eine Lawinenwarnstufe, bei der in manchen Gegenden schon allein vom Aufenthalt im Freien streng abgeraten wird, und das Bundesheer schickt vorsorglich Helikopter Richtung Westen. In weiten Teilen Tirols, Vorarlbergs und bis nach Salzburg, in die Steiermark und nach Oberösterreich herrscht Ausnahmezustand.

Erinnerungen an Lawinenkatastrophe von Galtür

Fatale Abgänge sind bisher ausgeblieben, aber die Situation ist so dramatisch wie seit Jahren nicht: Die Lawinengefahr wurde auf Warnstufe fünf gehoben. Fünf, das bedeutet, dass die Schneedecke schwach und instabil ist, und spontan, also ohne direkten Auslöser, große, „mehrfach auch sehr große Lawinen“, abgehen können – und das auch in mäßig steilem Gelände. In Gebieten mit Warnstufe fünf, dazu zählen das Lechtal und seine Seitentäler, das Stanzer-, Paznaun-, Kauner- und Pitztal sowie das hintere Ötztal und die südlichen Stubaier Alpen, rät das Land Tirol, keine Outdoor-Veranstaltungen mehr durchzuführen, nicht notwendige Autofahrten und generell den Aufenthalt im Freien zu vermeiden.

Warnstufe fünf, die gebietsweise gilt, wurde in Tirol zuletzt 1999 ausgerufen, im Jahr der Lawinenkatastrophe von Galtür. In den meisten Teilen Tirols und Vorarlbergs gilt Warnstufe vier. Lawinen können auch da bei geringer Zusatzbelastung an steilen Hängen abgehen, fallweise sind spontane Abgänge möglich, ein Aufenthalt im ungesicherten Gelände wäre hochriskant. Angespannt ist die Situation auch in Salzburg, Teilen Oberösterreichs, der Steiermark, Kärntens und Niederösterreichs: Hier gilt in hohen Lagen Stufe vier.

(c) APA

Warum ist die Gefahr aktuell so dramatisch?

Grund dafür ist vor allem der anhaltende Schneefall der letzten Tage. Teils sind in höheren Lagen binnen einer Woche mehrere Meter Neuschnee gefallen. In vielen Regionen hat es heuer nach den Daten der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (Zamg) mehr geschneit als in den letzten Jahren im Dezember, Jänner und Februar zusammen. Angespannt ist die Situation vor allem, wenn viel Schnee in kurzer Zeit fällt, sich die Schneedecke also nicht verfestigen kann. Kommt dann kräftiger Wind, der sprichwörtliche „Baumeister der Lawine“ dazu, wird es höchst kritisch.

Ein Lawinenabgang, aufgenommen am Montag in See im Paznauntal
Ein Lawinenabgang, aufgenommen am Montag in See im Paznauntal(c) APA/ZEITUNGSFOTO.AT/DANIEL LIEBL (ZEITUNGSFOTO.AT/DANIEL LIEBL)

Situation enspannter als 1999

Obwohl vieles an die Gefahr 1999 erinnert, noch ist die Situation entspannter: Damals habe es drei Wochen geschneit, heuer erst drei Tage, sagt Anton Mattle, Bürgermeister von Galtür. Trotzdem, in Vorarlberg und Tirol mussten dutzende Straßen gesperrt werden, das hintere Paznauntal mit den Orten Kappl, Ischgl und Galtür war am Montag nicht erreichbar. Rund 10.000 Urlauber saßen fest. Auf der Bahnstrecke kam es zu Unterbrechungen, und in Tirol mussten 14 Schulen geschlossen bleiben. In Vorarlberg saßen am Montag ebenfalls rund 10.000 Urlauber in den Arlberg-Orten Lech, Zürs und Stuben sowie in Gargellen (Montafon) fest. Nur kurz sollte die Straße Arlbergstraße am Nachmittag freigegeben werden, damit Festsitzende ausreisen können.

Die Stimmung wurde trotz der Gefahr durchweg als positiv beschrieben: Medizinische Versorgung wie Verpflegung seien gesichert, heißt es vom Arlberg. Und – die Urlauber fahren trotzdem Ski oder gehen wandern: Pisten und Wege sind schließlich gesichert und verbaut.

In Tirol wurde wegen der andauernden Gefahr dennoch vorsorglich ein Hubschrauber nach Landeck verlegt. Drei weitere Bundesheer-Hubschrauber wurden zur Stationierung in Landeck angefordert.

Wie geht es weiter?

Es schneit weiter, für die Nacht auf Dienstag waren in Vorarlberg noch einmal 50 bis 80 Zentimeter, Neuschnee prognostiziert. Ab Dienstag, sollte sich Lage entspannen, sollten alle Regionen wieder erreichbar sein. Im freien Skiraum wird die Situation auch die restliche Woche gefährlich bleiben. Aufgrund der Schneemengen und der teils starken Windverfrachtung bleibt die Lawinengefahr abseits sicherer Pisten heikel. Und am Freitag soll eine neue Schnee- und Regenfront die Alpen erreichen.

APA

(cim)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Die Experten des Landes haben am Dienstag eine leichte Entspannung bei der Lawinengefahr in Tirol gemeldet.
Österreich

Lawinengefahr: Fernpass in Tirol wieder geöffnet

Die Lage im Tiroler Oberland und dem Außerfern entspannte sich. Experten warnten aber vor Nass- und Gleitschneerutschen am Mittwoch.
 Ein Bagger in Valzur bei Ischgl am Dienstag
Österreich

Lawinen: Leichte Entspannung, aber weiter große Gefahr

In weiten Teilen Österreichs gilt weiterhin Stufe vier der fünfteiligen Gefahrenskala. Teile des Paznauntals und die Orte am Arlberg sind wieder per Straße erreichbar.
Eine Straßensperre wegen Lawinengefahr auf der B197-Arlberg Straße von Langen am Arlberg nach Zürs, Lech und St. Anton
Österreich

Lawinengefahr: Höhepunkt in Tirol um Mitternacht erreicht

Die Bergrettung in Imst, Landeck und Reutte wurde in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt. In vom Schnee abgeschnittenen Orten in Tirol entfällt am Dienstag der Unterricht.
„Die Lawine ist der Star unter den alpinen Gefahren“, sagt Michael Larcher. Dennoch wird das Risiko vielfach unterschätzt.
Österreich

„80 Prozent der Lawinenunfälle wären vermeidbar“

Die Zahl der Alpintoten ist gestiegen. Lawinenexperte Michael Larcher über unbelehrbare Haudegen, die Gewalt der Lawine, die erst versteht, wer sie selbst erlebt – und die Frage, ob Bergtote selbst schuld sind.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.