Maggi: Die Sojasauce des Westens

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Symbolbild. (c) imago/Arnulf Hettrich (Arnulf Hettrich)
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Eigentlich wurde Maggi im 19. Jahrhundert als Hilfe gegen Mangelernährung erfunden.

Auch wenn man sich das heute schwer vorstellen kann, die berühmte Maggi Suppenwürze, die selbst in einfachen Landgasthäusern nur mehr selten anzutreffen ist, wurde einst als Beitrag zu gesünderer Ernährung entwickelt. Während die braune Maggie-Flasche mit der roten Verschlusskappe heute offenbar symbolisch für Fertigprodukte, Geschmacksverstärker und all das, was eben nichts mit frischer, hausgemachter Küche zu tun hat, steht, war die Suppenwürze zur Zeit ihrer Erfindung das genaue Gegenteil.

Der Schweizer Julius Maggi hat Ende des 19. Jahrhunderts zwei Jahre lang an der Würze getüftelt. Ausschlaggebend dafür war ein Vortrag eines Arztes über die Mangelernährung der Fabriksarbeiter – ein großes Problem im Industriezeitalter, da die deftige, aber meist ausgewogene bäuerliche Kost immer seltener gegessen wurde. Julius Maggi, ein Mühlenbesitzer, sah ausgerechnet in Fertigsuppen die Lösung des Problems. Als Basis für diese günstigen und nährstoffreichen Suppen dienten Leguminosen, sprich eiweißhaltige Hülsenfrüchte. Die Suppenwürze, die 1887 auf den Markt kam, war da eigentlich nur ein Nebenprodukt, mit der die Suppen verfeinert werden konnten. 1907 kam dann der erste Suppenwürfel dazu.


Kein Liebstöckel. Die Maggi-Würze wurde geschmacklich durchaus so angelegt, dass sie dank Umami-Geschmack als eine Art Fleischersatz dienen sollte. „Das gewisse Tröpfchen Etwas“, steht heute noch auf der Flasche. Ursprünglich waren in der Sauce Sojabohnen und Weizen enthalten, heute ist es nur noch Weizen. Wobei das genau Rezept als Firmengeheimnis gilt. Die Zutatenliste nennt neben pflanzlichem Eiweiß (biologisch aufgeschlossen: Wasser, Weizenprotein, Salz), Wasser, Aromen (mit Weizen) und Geschmacksverstärker (Mononatriumglutamat, Dinatriuminosinat), Salz und Zucker. Liebstöckel hat die kleine braune Flasche allerdings noch nie von innen gesehen. Dass Liebstöckel auch Maggi-Kraut genannt wird, hat mit dem ähnlichen Geruch zu tun – und macht deutlich, wie omnipräsent die Speisewürze ist oder vielmehr war. Hauptzutat ist in erster Linie Salz. Immerhin finden sich stolze 24,9 Gramm Salz in 100 Gramm Maggi.
Jahrtausendealte Sojasauce. Sojasauce hat da meist einen geringeren Salzgehalt. Natürlich gibt es auch hier industriell hergestellte Versionen, bei denen der lange Reifeprozess stark beschleunigt wird. Aber ursprünglich – und Sojasauce hat eine jahrtausendelange Tradition – ist Sojasauce ein sehr natürliches Produkt, das aus Sojabohnen, Weizen, Wasser und Meersalz gebraut wird. Der Prozess dauert mindestens ein halbes Jahr. Den charakteristischen Geschmack verdankt sie der Fermentation, für die es spezielle Mikroorganismen (den Koji-Schimmelpilz) braucht.

Während hierzulande vor allem die klassische dunkle Sojasauce (die in asiatischen Lokalen den Platz des Maggi-Fläschchens eingenommen hat) bekannt ist, ist das in Asien ganz anders. Dort wird die Vielfalt der Sojasauce geschätzt: von hell bis dunkel, von süß bis salzig bis hin zur Unterscheidung in eine Sauce, die man zum Kochen verwendet und jene, mit der lediglich sparsam gewürzt wird.

An der Sojasauce orientieren sich auch jene neuen Würzsaucen, wie sie der Lebensmitteltechnologe Karl Severin Traugott (siehe oben) oder auch der junge steirische Koch Peter Troißinger mit seiner fermentierten Lupinensauce namens Basis Würzsauce („Die Presse am Sonntag“ berichtete) herstellt. Vielleicht nehmen ja bald sie den Platz der Maggi-Flasche ein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.02.2018)

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