Zelteinsturz mit zwei Toten: Veranstalter müssen nicht vor Gericht

Eine Aufnahme des Unglücksorts vom August 2017
Eine Aufnahme des Unglücksorts vom August 2017 APA/DANIEL SCHARINGER
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Nach einem Zelteinsturz bei extremem Sturm in Oberösterreich konnte den Verantwortlichen kein Sorgfaltsverstoß vorgeworfen werden.

Aufatmen in St. Johann am Walde: Der Feuerwehrkommandant und der Bürgermeister, gegen die nach der Zeltfest-Tragödie mit zwei Toten im vergangenen August wegen fahrlässiger Gemeingefährdung ermittelt wurde, müssen nicht vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis hat das Ermittlungsverfahren eingestellt, berichtete die Behörde am Mittwoch in einer Aussendung.

Am 18. August 2017 war gegen 22.30 Uhr beim Zeltfest der Freiwilligen Feuerwehr Frauschereck durch einen orkanartigen Sturm das Festzelt in St. Johann (Bezirk Braunau) teilweise eingestürzt und völlig verwüstet worden. Rund 650 Menschen hatten sich darin aufgehalten. Zwei der Festbesucher - ein 28-jähriger Einheimischer und eine 19-Jährige aus Rumänien gebürtige Krankenschwester in Ausbildung - wurden getötet. 28 Leute wurden schwer, 87 leicht verletzt.

Die Staatsanwaltschaft untersuchte Unfallursache und eventuelle Schuldfrage und kam zum Ergebnis, dass keiner der vier Personen, die im Zentrum der Ermittlungen standen, ein strafrechtlich relevanter Sorgfaltsverstoß vorzuwerfen sei. Neben Feuerwehrkommandant und Bürgermeister waren dies zwei Verantwortliche des Zeltverleihunternehmens. Die Opfer, die noch verständigt werden, hätten allerdings das Recht, einen Antrag auf Fortführung des Verfahrens zu stellen, so die Behörde.

Eine Warnung der Wetterdienste vor dem Orkan erreichte den Feuerwehrkommandanten um 22.38 Uhr, als sich das Unglück bereits ereignet hatte. Er habe rückblickend betrachtet alles in seiner Macht Stehende getan, was man von einem vernünftigen Verantwortungsträger zum damaligen Zeitpunkt erwarten hatte können, drückte es der Sprecher der Staatsanwaltschaft Ried aus. Als Prüfmaßstab sei immer vom Zeitpunkt des Vorfalls und dem damaligen Wissen auszugehen, alles andere würde den Maßstab überspannen. Es habe sich einfach um ein schicksalhaftes Ereignis gehandelt.

Der Bürgermeister hatte die Veranstaltung unter Erteilung sicherheitsrelevanter Auflagen bewilligt. Es wurden keine Mängel am Zelt oder bei dessen Aufbau festgestellt. Seitens der Zeltverleiher wurde darauf hingewiesen, dass das Zelt bei Windgeschwindigkeiten ab 100 km/h zu räumen sei. Ein Gutachten der ZAMG ergab, dass der Wind am Standort des Zeltfestes "plötzlich und unvermittelt" eingesetzt hatte und seine tatsächliche Stärke von 22.31 bis 22.34 Uhr wahrscheinlich bei 120 bis 150 km/h lag, was einem Orkan entspreche.

Die Freiwillige Feuerwehr Frauschereck hatte einen Evakuierungsplan, welcher auch durchbesprochen wurde. Die Wetterlage wurde ab dem späten Vormittag laufend abgefragt, nachweislich um 18.28, 19.16, 20.50 und 22.10 bei der Deutschen Unwetterzentrale. FF-Mitglieder waren vor dem Zelt postiert, um das Wetter zu beobachten, stuften es aber bis kurz vor Sturmeintritt als unbedenklich ein. Auch bei keinem der gängigen Wetterdienste gab es bis 25 Minuten vor Auftreten der Böen Sturmwarnungen mit Windgeschwindigkeiten von über 100 km/h.

Um 21.20, also gut eine Stunde vor dem Unglück, erhielt die Landeswarnzentrale Oberösterreich eine Auskunft der ZAMG, dass in etwa einer Stunde eine Druckwelle im Innviertel eintreffen werde und Windspitzen bis zu 100 km/h auftreten können. Gegen 22.05 Uhr rief die ZAMG nochmals an und setzte die in 20 bis 30 Minuten erwarteten Windspitzen auf bis zu 120 km/h hinauf. Diese Warnung erreichte den Feuerwehrkommandanten von Frauschereck aber erst um 22.38 Uhr. Laut Auskunft der Staatsanwaltschaft unterliege die Landeswarnzentrale keiner gesetzlichen Verpflichtung zur Weitergabe solcher Informationen.

(APA)

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