Bootsunfall am Wörthersee: Beide Angeklagten schuldig gesprochen

Bild vom Prozessstart im April
Bild vom Prozessstart im AprilAPA/GERT EGGENBERGER
  • Drucken

Der angeklagte Manager wird wegen fahrlässiger Tötung zu zehn Monaten unbedingt verurteilt - nicht rechtskräftig. Am letzten Prozesstag attackierte die Verteidigung den Gutachter: Er sei „sachlich unfähig“.

Richter Matthias Polak fällte nach drei Verhandlungstagen am Landesgericht Klagenfurt sein Urteil. Im Prozess um einen Bootsunfall am Wörthersee gab es Mittwochabend Schuldsprüche für beide Angeklagten. Ein 45-jähriger Manager aus Niederösterreich wurde wegen grob fahrlässiger Tötung, der Mitangeklagte 33-jährige Klagenfurter wegen fahrlässiger Tötung zu zehn Monaten unbedingt bzw. drei Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Die Urteile sind nicht rechtskräftig. Sowohl Verteidiger Alexander Todor-Kostic als auch der Staatsanwalt legten Berufung ein.

Der 45-jährige Angeklagte hatte erfolglos versucht, den Richter von seiner Version der Dinge zu überzeugen. Er hatte das Motorboot gelenkt, auf dem er sich mit drei Freunden aus Niederösterreich befunden hatte. Alle waren alkoholisiert gewesen, bis auf den Schiffsführer, der als Vertreter des Bootseigentümers an Bord war. Weil der Klagenfurter den Erstangeklagten ans Steuer gelassen hatte, obwohl dieser alkoholisiert gewesen war, war er ebenfalls angeklagt, und zwar wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassung. Laut Anklage hatte der Niederösterreicher ein riskantes Manöver, einen sogenannten Powerturn, mit dem Sportboot gefahren. Dabei wurde sein gleichaltriger Freund aus dem Boot geschleudert und geriet mit dem Kopf in die Schiffsschraube. Seine Leiche wurde am nächsten Tag in der Früh von Tauchern aus dem See geborgen.

Angriff auf Sachverständigen

Der Angeklagte behauptete, der dann verunglückte Freund habe ihm von hinten ins Lenkrad gegriffen und dieses gewagte Manöver durchgeführt. Dabei sei er selbst über Bord geschleudert worden. Schon kurz vor dem Unfall hätte das spätere Opfer versucht, ihm ins Lenkrad zu greifen. Seine beiden Freunde, die mit an Bord gewesen waren, wollten den Versuch des Opfers gesehen haben, den Vorfall, der zu dem Unglück geführt hatte, hätten sie aber nicht beobachtet, sagten beide aus. Am Mittwoch änderte der 45-Jährige noch einmal seine Darstellung und erklärte, er sei "teilweise aufgestanden", als ihm sein Freund ins Lenkrad gegriffen hätte. Den Rückwärtsgang habe er nicht eingelegt.

Das wiederum hielt der Sachverständige Hermann Steffan ebenso für ausgeschlossen wie die Behauptung, das Opfer hätte von hinten ins Lenkrad greifen und einen Powerturn steuern können. Dafür müsse man das Lenkrad so rasch wie möglich bis zum Anschlag drehen, wofür man wiederum beide Hände brauche. Auch dass es den Bootslenker über Bord geschleudert haben könne, schloss der Sachverständige aus. Den Rückwärtsgang hätte das Opfer von dieser Position aus schon überhaupt nicht einlegen können.

Auch heftigste Attacken von Verteidiger Alexander Todor-Kostic und zwei vom Angeklagten engagierten Privatgutachtern brachten den Sachverständigen nicht von seinen Aussagen ab. Todor-Kostic beantragte zuletzt sogar noch quasi ein komplett neues Gutachten sowie einen Ortsaugenschein, was Richter Polak samt und sonders ablehnte.

"Pietätlose" Schuldzuweisungen

Staatsanwalt Christian Pirker stieß sich an der Argumentation des Verteidigers, die er als "pietätlos" bezeichnete. In seinem Plädoyer meinte er, die Verantwortung des Erstangeklagten laufe darauf hinaus, dass sich das Opfer selbst getötet habe, auch wenn das nicht ausgesprochen worden sei. Dies wiederum erboste den Angeklagten, der in seinem Schlusswort, das mehr ein Co-Plädoyer darstellte, meinte, es sei unerhört, dass der Staatsanwalt seinen Freunden unterstelle, eine Falschaussage zulasten des Toten gemacht zu haben.

Der Richter fällte elf Stunden nach Verhandlungsbeginn seine Urteile. In der Begründung meinte er, die Version des Erstangeklagten sei für ihn nicht nachvollziehbar. Die Alkoholisierung des Angeklagten sei grob fahrlässig gewesen, zumal er gewusst hätte, dass er das Boot noch lenken werde. Neben der fahrlässigen Tötung verantworte er auch noch die Gefährdung der körperlichen Sicherheit der übrigen Bootsinsassen. Bei einer Strafdrohung von bis zu drei Jahren Haft seien zehn Monate daher angemessen.

Beim Zweitangeklagten habe, so Polak, die Strafdrohung ein Jahr betragen. Dass es sich nur um ein Unterlassungsdelikt gehandelt habe, sei mildernd, daher wären die drei Monate bedingt ausreichend. Der Verteidiger des Zweitangeklagten, Georg Schuchlenz, erbat sich drei Tage Bedenkzeit. Todor-Kostic hingegen kündigte an, das Urteil zu bekämpfen. Staatsanwalt Pirker legte gegen die Strafhöhe hinsichtlich des Erstangeklagten ebenfalls Berufung ein. Das Verfahren wandert somit nach Graz ans Oberlandesgericht.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.