Eine James-Bond-Welt in Tirols Gebirge

Im „Briefing Room“: James Bond in der „Klinik“ (Gipfelrestaurant Ice Q1).
Im „Briefing Room“: James Bond in der „Klinik“ (Gipfelrestaurant Ice Q1).(c) Kristopher Grunert
  • Drucken

Söldens Bergwelt spielte 2015 Kulisse für „Spectre“. Der Bau von „007 Elements“ soll nunmehr die Bond-Connection dauerhaft sichern. Der Inhalt blieb lang topsecret – ein Teil der Inszenierung bis zur Eröffnung am 12. Juli.

Sölden. Gleich am Eingang steuert der Besucher auf eine Art Konfrontation zu: Er betritt die Architektur von „007 Elements“ wie durch einen Gewehrlauf. Erste James-Bond-typische Filmsequenzen und -sounds füllen den Raum. Ein Riesenkrake (Octopussy) streckt seine Tentakel aus. Ein Bondgirl gefriert in Pose. „Barrel of the Gun“ nennt sich der erste von neun Räumen dieser „Cinematic Installation“ in Sölden, um deren Inhalt lang ein Geheimnis gemacht wurde. Am 12. Juli wird die Attraktion für das Publikum geöffnet, die allerletzten Justierungen an dem technoiden Inneren und seinem spektakulärem Umfeld laufen noch.

Von „007 Elements“ ist nur ein kleiner, auskragender Teil zu sehen, er bildet mit Ice Q und Bergbahn ein Ensemble.
Von „007 Elements“ ist nur ein kleiner, auskragender Teil zu sehen, er bildet mit Ice Q und Bergbahn ein Ensemble.(c) Christoph Noesig

Eine Sehenswürdigkeit ist dieses zweistellige Millionenprojekt der Bergbahn Sölden gemeinsam mit EON Productions und den Metro-Goldwyn-Mayer Studios tatsächlich geworden. Mit den Dreharbeiten zu „Spectre“ im Jahr 2015 entstand die Idee, Sölden könnte an der Strahlkraft der Marke Bond weiter teilhaben. So entstand am – oder besser gesagt im – Gaislachkogl ein Ort für Filmfans, James-Bond-Spezialisten, den nahen Tagesgast wie den internationalen Europareisenden. Zugleich eröffnete sich hier dem Publikum ein neues Format. Für eine solche „Cinematic Installation“ gibt es keine echte Bezugsvorlage: Was hier im Inneren des Gipfelbereichs des Söldener Skibergs auf 1300 Quadratmetern errichtet wurde, ist weder Museum noch Kino, nicht Filmstudio, nicht Themen- und Erlebniswelt im herkömmlichen Sinn. Bond-Ausstellungen gab es, aber keine permanenten bislang. Würde sich der Agent ihrer Majestät denn den Luxus einer eigenen Brandingwelt leisten, sähe sie vermutlich so kühl, sleek und gnadenlos professionell aus wie dieses „007 Elements“.

Szenen, Settings, Illusionen

In Raum zwei, der Plaza, erkennt der Besucher bereits den größeren ästhetischen Ansatz: Architekt Johann Obermoser hat versucht, dem Bau-Style eines modernen Agentenhelden zu entsprechen – Betonwände roh, Betonbänke gewachst, eine digitale Feuerstelle, der Grundriss tricky, weil er den Besucher im Kreis herumführen und seine Orientierung korrumpieren wird. Hier werden zum Start die Versatzstücke der Bond-Welt digital angeteasert: Schöne und Biester, schweres Kampfgerät und technoide Gimmicks, schnelle Autos, spektakuläre Settings, Hauptdarsteller, Nebenschauplätze. „Jeder Raum ist einer dieser Aspekte gewidmet“, erklärt Neal Callow, der Creative Director von „007 Elements“, der gemeinsam mit Tino Schaedler, Designchef bei Optimist Inc., für alles Inhaltliche verantwortlich ist. Also für den außerordentlichen konzeptionellen Aufwand einer auch für den Bond-Laien eindrucksvollen großen Erzählung.

Im Halbdunkel geht's durch Verbindungsräume, illuminiert vom Schein der Screens, der Projektoren und der Visuals, durch ein modernes Spiegelkabinett, in dem sich die Daniel Craigs und ihre Gegenspieler vervielfachen, Filmszenen, die zeitversetzt, in Gegenschüssen miteinander kommunizieren. Und mittendrin wird der Betrachter dramaturgisch clever gelenkt, auch damit seine Verweildauer für den Betreiber berechenbar bleibt, schließlich soll zeitgleich immer nur eine bestimmte Anzahl von Menschen diesen Ort durchwandeln.

An manchen Inszenierungen wird der Betrachter vermutlich länger hängen bleiben, weil sie Erklärungs-, Nostalgie- oder spielerischen Wert haben. In der „Legacy Gallery“ kann man sich durch sämtliches Filmmaterial zwischen „Liebesgrüßen aus Moskau“ bis eben „Spectre“ von Connery bis Craig wischen. Mit Geodaten wird man hier über den Drehort Sölden gebrieft, sieht, was wo genau zum Einsatz kam, die moderne Seilbahn auf den Gaislachkogl, die Gletscherstraße, vor allem aber das Gebäude, das eine Klinik mimt, in Wahrheit aber das exklusive Gipfelrestaurant Ice Q ist. Das im Übrigen im Filmstudio „erweitert“ werden musste, damit es der Symmetrie verpflichteten Bildsprache von Sam Mendes entsprach.

Devotionalien und Gletscherblick

Dass sehr viele Szenen in den modernen James Bonds virtuell sind, mehr vielleicht als Kinowahrhaftigen lieb ist, zeigt sich in einem weiteren Raum: In Layers setzen sich die in der Leere verlorenen Darsteller, das virtuelle Bauwerk, die Explosion, die teils gefilmt, teils simuliert ist, zusammen. Menschenmassen, die sich durch die Vervielfältigung kleiner Gruppen generieren. Manchmal kann der Besucher auch steuernd eingreifen – wenn er seine Hand auf den Scanner legt. Im Virtuellen fasziniert das Reale: Devotionalien – Flugzeug, Auto, Waffe – sind kunstvoll inszeniert, da zeigt sich „007 Elements“ dann doch fast museal.

Die Anmutung ist kühl, das korrespondiert mit den Temperaturen in diesem Bau, der auf über 3000 Metern von Permafrost umgeben ist. Und ein Blick aus dem auskragenden Teil des Bauwerks müsste genügen, um einen Besuch bei James Bond dick angezogen anzutreten.

007 ELEMENTS

Idee: Initiiert wurde das Projekt von Söldens Bergbahnchef Jack Falkner nach Abschluss der Dreharbeiten zu „Spectre“, realisiert wurde es mit EON Productions und Metro-Goldwyn-Mayer Studios. Der Bau (Architektur: Johann Obermoser) wurde unter schwierigen Bedingungen (Permafrost, Wintereinbrüche) auf 3040 Metern realisiert.

Inhalt: neun Räume, in denen der Besucher hinter die Kulissen schauen und interagieren kann. Konzept von James-Bond-Art-Director Neal Callow („Casino Royale“, „Ein Quantum Trost“, „Skyfall“, „Spectre“) und Tino Schaedler, Designchef von Optimist.

Eröffnung: 12. Juli, 2018, Eintritt Erwachsene/Kinder: 22/12 Euro, Kombi-Ticket mit Bergbahn: 54/30 Euro, www.007elements.soelden.com

Mehr Bilder: www.diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.06.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.