Mit dem Gratisfreiluftkino auf dem Karlsplatz, das aus budgetären Gründen den Betrieb einstellt, verliert Wien eines der bekanntesten und ältesten Open-Air-Kinos.
Wien. Wiens Cineasten müssen künftig mit einem Freiluftkino weniger auskommen. Eines der bekanntesten Open-Air-Kinos der Stadt, das Kino unter Sternen auf dem Wiener Karlsplatz, findet heuer zum letzten Mal statt. Nur zwei Tage vor der letzten Filmvorführung am morgigen Samstag verkündete Kuratorin Judith Wieser-Huber am Donnerstag, dass sie das Festival nicht weiterführen werde.
Es fehle an Geld, begründet Wieser-Huber ihre Entscheidung. „Wien fördert das Festival seit einem Jahrzehnt mit der immer gleichbleibenden Summe.“ Steigende Kosten könnten auch durch zusätzliche Sponsoren und Kooperationen nicht ausgeglichen werden. „Mit dieser knappen Finanzierung ist es unmöglich, Kino unter Sternen weiterzuentwickeln.“
Vorprogramme, zu denen sie so wie früher Künstler eingeladen hat, Auftritte, Shows und Lesungen wie einst von Sänger Austrofred oder Regisseur Michael Glawogger – das hätte sich Wieser-Huber vorgestellt, um das Festival weiterhin lebendig zu gestalten. Dafür habe das Budget aber nicht mehr gereicht.
Etwa 100.000 Euro Förderung bekam das Festival von der Stadt Wien, „und noch einige 10.000 von Sponsoren“, erzählt Richard Pyrker, Sprecher des Festivals. Man habe versucht, weitere Förderer zu bekommen. „Es ist aber nicht leichter, sondern schwieriger geworden.“ Auch heuer sei noch nicht sicher, ob „es sich ausgehen wird“. Wieser-Huber müsse als Trägerin des Vereins die übrigen Kosten selbst tragen. Auf solche prekären Bedingungen habe sie „keine Lust mehr gehabt“.
Die Stadt bedaure den Rückzug des Kinos, wie eine Sprecherin der Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) zur APA sagt. Nicht ganz erfreut ist man über die Vorgangsweise: Es sei schade, dass die Veranstalter nicht das Gespräch mit der Stadt gesucht hätten.
Schon 2017 wurde pausiert
Die Probleme sind nicht neu. Schon im Sommer 2017 musste das Kino unter Sternen – das im Unterschied zu vielen anderen Freiluftkinos keinen Eintritt verlangt – abgesagt werden. Aufgrund der geänderten Festivalordnung der Stadt Wien war die Förderzusage erst zwei Monate vor dem geplanten Festivalstart gekommen – viel zu spät, wie Pyrker erzählt.
Mit dem Kino unter Sternen verliert Wien jedenfalls jenes Sommerkino, das sich am deutlichsten dem österreichischen Film verschrieb. Gezeigt wurden (fast) nur heimische Produktionen, von bekannten Publikumserfolgen wie „Das finstere Tal“ bis zu Filmen, die sonst (fast) nur Cineasten ein Begriff waren.
Zudem ist es eines der ältesten Freiluftkinos der Stadt, wenn auch nicht das älteste: Das Volxkino, das auf diversen Plätzen in der Stadt gastiert, leistete einst 1990 in Wien Pionierarbeit in Sachen Open-Air-Kino, bald folgten andere Veranstalter (siehe Artikel unten). Das Kino unter Sternen begann 1996 im Augarten. Auf einer eigens aufgebauten Tribüne fanden dort fast 1000 Menschen Platz – wobei damals für den Kinobesuch noch Eintritt bezahlt werden musste. 2009 übersiedelte das Festival auf den Karlsplatz, die Filme wurden ab diesem Zeitpunkt bei freiem Eintritt gezeigt. Seinen Besucherrekord hatte es im Jahr 2006 mit 25.000 Besuchern. Für 2018 rechnen die Veranstalter aufgrund von Schlechtwetter und Konkurrenzevents wie der Fußball-WM mit etwa 12.000 Besuchern.
Damit muss Wien ab kommendem Jahr auf gleich zwei Open-Air-Kinos verzichten: Denn auch das Kino im Schloss, das im Schloss Neugebäude in Simmering ausgerichtet wurde und mit großen US-Blockbustern ganz anders programmiert war als das Kino unter Sternen, gibt es nicht mehr: Die langjährige Betreiberin hat – ebenfalls aus budgetären Gründen – ihr Filmfestival nach dem Sommer 2017 eingestellt.
AUF EINEN BLICK
Das Kino unter Sternen stellt nach 22 Jahren den Betrieb ein. Für einen möglichen Abschiedsbesuch: Heute, Freitag (21.30 Uhr) läuft „Licht“ von Barbara Albert, beim letzten Abend am Samstag wird der Publikumswunschfilm „Halbe Welt“ von Florian Flicker gezeigt.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.07.2018)