Der Uhu sitzt ohne Scheu neben den Besuchern, der Seeadler zieht direkt über den Köpfen vorbei: Ein Besuch der Adlerwarte Kreuzenstein. Für mutige Vogelbeobachter.
So nah wie hier sind wohl die meisten Menschen Seeadlern, Bussarden oder Geiern noch nie gekommen: Dieses Versprechen, das auf der Adlerwarte Kreuzenstein unweit von Wien eingelöst wird, sei aber auch als kleine Warnung zu verstehen: Wer sich vor Greifvögeln fürchtet oder sie lieber nur aus der Ferne beobachten möchte, ist hier möglicherweise nicht ganz richtig.
Denn wenn die Falkner die Vögel nach der Reihe aus ihren Volieren holen, sie fliegen und jagen lassen, sieht man die Tiere nicht nur im freien Flug. Sie fliegen mitunter – und das ist keineswegs übertrieben – nur wenige Zentimeter über den Köpfen der Besucher hinweg, zwischen den Sitzreihen hindurch. Der eine oder andere, wie Harry, der Sibirische Uhu, landet sogar ohne Scheu neben den Besuchern.
Da entkommt vielen im Publikum das eine oder andere staunende „Ah“ oder „Oh“: Es ist tatsächlich spektakulär, wenn der mächtige Seeadler knapp über einem vorbeizieht, um wieder auf dem Arm des Falkners zu landen. Immer wieder wechseln die Falkner ihre Position, sodass man von überall eine gute Sicht auf die Vögel hat. (Einen großartigen Blick auf Wien hat man auf dem Hügel sowieso). Fotografieren (ohne Blitz) ist erlaubt, sonst aber gibt es aus Sicherheitsgründen einige Verbote: Während der Vorführung aufzustehen ist nicht erlaubt und auch keine gute Idee, da die Vögel einen dann als Anflugspunkt ansehen könnten.
Generell sollte man still sitzen, das Essen wegpacken (etwa wegen der neugierigen beiden Kolkraben) und mitunter auch in Deckung gehen, wenn die Vögel ganz besonders nah (und relativ schnell) durch die Reihen fliegen. Kleinere Kinder könnten damit durchaus überfordert sein. Weiters sollte man, da man in der prallen Sonne sitzt, unbedingt Sonnenschutz auftragen.
Bis zu fünfmal täglich, erzählen die Falkner während der Vorführung, dürfen die Vögel frei fliegen, zudem gehen die Falkner täglich mit den Tieren auf der Faust spazieren. Der korrekte Begriff für das – aus Tierschutzgründen nicht unumstrittene – Trainieren der Vögel auf die Faust heißt übrigens nicht abrichten, sondern abtragen. Etwa eine Stunde dauert die Vorführung, bei der ein Falkner auch das sogenannte Federspiel vorführt: Er schwingt eine mit Federn besetzte Beuteattrappe, die der Sakerfalke in atemberaubender Geschwindigkeit zu fangen versucht. Bis zu 280 km/h kann diese Falkenart im Sturzflug erreichen.
Unter anderem ist auch der Rotmilan zu sehen, aber auch zwei Truthahngeier (vielleicht nicht die hübschesten Vögel) oder der Wüstenbussard mit seinen auffällig langen Beinen. Eines der Highlights ist aber sicher der imposante Weißkopfseeadler. Nach der Vorführung können Besucher noch einen Rundgang durch die Anlage absolvieren. Oder sich einer Führung durch die Burg Kreuzenstein anschließen.
www.adlerwarte-kreuzenstein.at.
Einkehrtipp: Burgtaverne Kreuzenstein nebenan.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.07.2018)