Ein Viertel hat Migrationshintergrund

(c) Die Presse
  • Drucken

Der Anteil von Migranten an der Bevölkerung steigt – und bei Spracherwerb und Arbeitsmarktintegration gibt es Defizite. Aber die Stimmung ist unerwartet positiv.

Wien. Österreich ist ein Einwanderungsland – und der Anteil an Menschen, die selbst oder deren Eltern Wurzeln in einem anderen Land haben, steigt: Knapp zwei Millionen Menschen mit Migrationshintergrund leben in Österreich. Das geht aus dem am Donnerstag vorgelegten „Integrationsbericht 2018“ hervor. Der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund an der Wohnbevölkerung ist seit 2008 von 16 auf 23 Prozent gestiegen.

Ähnlich verhält es sich mit dem Anteil ausländischer Staatsbürger: Von 2008 bis Anfang 2018 ist der Anteil von zehn auf 15,8 Prozent der Wohnbevölkerung (1,395 Mio. Menschen) gestiegen. 2017 ist der Zuzug allerdings im Vergleich zu 2016 gesunken. Die Zahl der Asylanträge lag im EU-Vergleich mit 2,8 Anträgen pro 1000 Einwohnern aber an fünfter Stelle, heißt es im Integrationsbericht, der heuer zum zum achten Mal vom Expertenrat für Integration erstellt wurde.
Offensichtliche Mankos gibt es demnach bei der Integration in den Arbeitsmarkt. Von 412.000 Menschen auf Arbeitssuche oder in Schulungen besaß 2017 knapp ein Drittel eine ausländische Staatsangehörigkeit. Die Arbeitslosenquote lag 2017 bei Österreichern bei 7,5 Prozent, unter ausländischen Staatsangehörigen bei 12,5 Prozent. EU-Bürger lagen dabei auf dem Niveau von Inländern, Drittstaatsangehörige deutlich darüber. Unterschiede gibt es teilweise nach Herkunft: Die Erwerbstätigenquote lag 2017 bei Menschen türkischer Herkunft mit 55 Prozent (Frauen 42 Prozent) und bei Menschen aus Fluchtherkunftsländern (Syrien, Afghanistan, Irak) mit 27 Prozent deutlich unter dem Schnitt.

Die Zahlen zur Bedarfsorientierten Mindestsicherung (BMS) zeigen, die Hälfte der Bezieher hatte 2017 eine ausländische Staatsangehörigkeit. Davon sind wieder 55 Prozent Asyl- oder Subsidiär Schutzberechtigte. Die ausländischen BMS-Bezieher sind ungleich auf die Bundesländer verteilt: Knapp 62 Prozent entfielen auf Wien.

Diese ungleiche Verteilung spiegelt sich in den Daten zu Bildung und Spracherwerb: Rund ein Viertel aller Schüler österreichweit hat eine andere Umgangssprache als Deutsch, in Wien sprechen zu Hause 51 Prozent der Schüler nicht Deutsch, in den Neuen Mittelschulen sogar 73 Prozent.

Hier hält der Expertenrat fest, dass die Ansätze zur Sprachförderung bisher nicht die gewünschten Ergebnisse erzielt hätten und andere Modelle erprobt werden müssten. Die für Integration zuständige Außenministerin, Karin Kneissl, betonte bei der Präsentation des Berichts auch hier eine Bringschuld bzw. die Verantwortung der Eltern: Spracherwerb funktioniere nicht nur über Schule, so Kneissl.

Einer der expliziten Schwerpunkte im diesjährigen Integrationsbericht sind Frauen. Immerhin steigt der Anteil der Frauen an den Zuwanderern – so lag etwa bei Asylwerbern 2017 der Frauenanteil bei 39 Prozent. Dass nun mehr Frauen kommen, hat auch mit dem Familiennachzug zu tun. Frauen seien, so Kneissl, der Motor zur Integration, vor allem die Erziehung und der Einfluss der Mütter auf die Bildung der Kinder seien entscheidend. Die Verpflichtung zur Teilnahme an Integrationsprogrammen im Integrationsgesetz habe dazu geführt, dass sich der weibliche Anteil an Teilnehmern der Integrations- und Wertekurse seit 2017 verdoppelt habe.

Geht es um Integration, geht es immer auch um Stimmungen und Befindlichkeiten – und hier zeigen sich positive Tendenzen: Im Vergleich zu 2010 sind heute mehr Österreicher der Meinung, Integration von Zuwanderern funktioniere gut oder sehr gut (auch wenn noch eine knappe Mehrheit sagt, diese funktioniere eher oder sehr schlecht). Und – eine steigende Zahl (mehr als 90 Prozent) der befragten Zugewanderten sagt, sie würden sich in Österreich eher oder völlig zu Hause fühlen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.09.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.