Aufregung um Sonderklassegebühren in Ambulanzen

Die Presse/Clemens Fabry
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Neben dem Ärztegesetz ist auch eine Novelle zum Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz reif für den Parlamentsbeschluss. In der werden Sonderklassegebühren für Ambulanzleistungen im Spital möglich.

Der Gesundheitsausschuss des Nationalrates hat am Dienstag das neue Ärztegesetz und eine Novelle zum Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz (KAKuG) beschlossen. Aufregung herrschte vor allem wegen letzterer, weil damit Sonderklassegebühren für jene Ambulanzleistungen ermöglicht werden, die bisher stationär durchgeführt wurden.

Wörtlich heißt dazu in den Erläuterungen des Gesetzes: "Zur Unterstützung der Umsetzung des spitalsambulanten Abrechnungsmodells haben die Länder die Möglichkeit, die Einhebung von Sonderklassegebühren für jene Leistungen vorzusehen, die bisher stationär erbracht und für die die Verrechnung von Sonderklassegebühren möglich war, die nunmehr auf Grund des spitalsambulanten Abrechnungsmodells ambulant zu erbringen sein werden. Der Einhebung solcher Sondergebühren haben adäquate Leistungen gegenüber zu stehen."

Hartinger-Klein "wirkt wieder einmal uninformiert"

"Künftig soll es in Spitalsambulanzen eine Business-Class und VIP-Behandlung für Sonderklassepatienten geben und die FPÖ-Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein wirkt wieder einmal uninformiert", zeigte sich der SPÖ-Abgeordnete Philip Kucher in einer Aussendung entsetzt. "Es sind alle Menschen gleich krank, es kann nicht sein, dass in den Ambulanzen die Geldbörse über die Behandlung von Kranken entscheidet", sagte Kucher. Für ihn erhebt sich die Frage, ob es künftig "eine 'fast lane' für Reiche, die sich aussuchen können, welcher Arzt sie behandelt" geben werde. "Und werden sie dann an einfachen PatientInnen, die mit Schmerzen stundenlang ausharren müssen, vorbeigeschleust und dann noch besonders behandelt?"

"Überholspur", "Business-Lounge in Ambulanzen"

Auch für Neos-Gesundheitssprecher Gerald Loacker ist es "vollkommen inakzeptabel, dass in diesem Bereich mit Sonderklasse-Logik gearbeitet wird". Mit dem Plänen für Sonderklassegebühren für jene Ambulanzleistungen, die bisher stationär durchgeführt wurden, "öffnet man der Mehrklassenmedizin in den Ambulanzen und Notaufnahmen Tür und Tor. Offensichtlich will die Gesundheitsministerin eine Überholspur für jene einführen, die es sich leisten können." Loacker stellt klar, dass die Sonderklasse in den Spitälern alleine auf die Hotelkomponente im stationären Bereich angewendet werden dürfe. Eine Bevorzugung bei Wartezeiten dürfe es aber nicht geben.

Die Gesundheitssprecherin der Liste "Jetzt", Daniela Holzinger, lehnte eine solche Zwei-Klassen-Medizin in Ambulanzen ebenfalls entschieden ab. Sie sprach von einer "Business-Lounge in Ambulanzen" und warf der Regierung vor, separate Warteräume für Sonderklassepatienten in Krankenhausambulanzen ermöglichen zu wollen.

Hartinger-Klein ignoriert Kritik, verweist auf Länder

Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) ging auf diese geballte Kritik nicht ein. Sie sagte in einer Aussendung nur: "Die Novelle ist hinsichtlich Qualität, Flexibilität und Effektivität ein großer Erfolg." Sie freue sich, dass "die medizinische Qualität der Leistungen sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich durch die Verpflichtung der Dokumentation in beiden Bereichen gewährleistet wurde".

Die Sonderklasse in Spitalsambulanzen könne hinsichtlich des Wartebereichs oder der freien Arztwahl bestehen, meinte Hartinger-Klein. Laut Parlamentskorrespondenz stellte sie zudem klar, dass in dieser Frage den Ländern die Ausführungsgesetzgebung obliege.

Mit den Stimmen von ÖVP, FPÖ, SPÖ und "Jetzt" (Liste Pilz) verabschiedete der Ausschuss auch eine Novelle zum Patientenverfügungs-Gesetz. Damit soll vor allem der Zugang zur Errichtung von Patientenverfügungen erleichtert und eine zentrale Abfragemöglichkeit etabliert werden. In einem ersten Schritt werden zudem die technischen Voraussetzungen für die Aufnahme von Patientenverfügungen in das Elga-System geschaffen. Außerdem sollen die Patientenanwaltschaften die Errichtung von verbindlichen Patientenverfügungen kostenlos anbieten.

Beschlossen wurde im Ausschuss auch das neue Ärztegesetz. Nach heftiger Kritik war schon vor dem Ministerratsbeschluss der ursprünglich geplante Ärztevorbehalt für komplementär- und alternativmedizinische Heilverfahren wieder herausgenommen worden. Enthalten in dem Entwurf sind die Möglichkeit für Ärzte, andere Ärzte anzustellen, Änderungen bei der Notarztausbildung und auch eine Regelung über den ärztlichen Beistand für Sterbende.

(APA)

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