Fast 60 Meter hohes Brauchtumsfeuer ärgert Vorarlberger Umweltschützer

Der Funken der "Hofstalder Funkenzunft" wird bereits aufgebaut.
Der Funken der "Hofstalder Funkenzunft" wird bereits aufgebaut.APA/LUKAS HÄMMERLE/THOMAS HOLZER
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Das traditionelle Abbrennen von "Funken" am ersten Fastenwochenende soll den Winter austreiben. Dass die Hofstalder Funkenzunft in Lustenau heuer mit einem 58,60-Meter-Feuer ins Buch der Rekorde" will, sorgt für Diskussionen.

In Vorarlberg sorgt derzeit ein Weltrekord-Versuch für Aufregung. Die Lustenauer "Hofstalder Funkenzunft" errichtet anlässlich ihres 40-jährigen Bestehens den weltweit höchsten Funken. Am 16. März soll der fast 60 Meter hohe Holzturm abgebrannt werden. Umweltschützer sehen das Projekt wegen des hohen Holzverbrauchs und der Feinstaubbelastung kritisch.

Das traditionelle Abbrennen von "Funken" am ersten Fastenwochenende als Teil der alemannischen Fasnacht soll den Winter austreiben. Dabei werden im Rahmen eines Volksfests meterhohe Holztürme, zumeist mit einer Hexenfigur an der Spitze, entzündet. Die Idee zum Weltrekord-Funken entstand in Lustenau bereits um das Jahr 2000, als in Gaißau (Bezirk Bregenz) mit 41 Metern der bisher höchste Funken brannte. Den Weltrekord für das "tallest bonfire" (höchstes Lagerfeuer) hält laut Guinnessbuch seit 2016 das norwegische Alesund mit einem rund 47 Meter hohen Mittsommerfeuer.

Fundament für Feuer errichtet

Für den Weltrekord-Funken, der mit 58,60 Metern so hoch werden soll wie die Lustenauer Kirche St. Peter und Paul, musste die Zunft einiges auf sich nehmen. Um ausreichend Platz für den mit Stahlseilen abgespannten Holzriesen zu haben, wechselte man auf einen von der Gemeinde zur Verfügung gestellten Grund. Der Boden dort wurde pilotiert, ein Fundament errichtet. "Wir mussten die Nägel selbst schmieden, weil es keine in der nötigen Länge gab", sagte Obmann Marco Hollenstein über die einen halben Meter langen Metallstifte. Seit Anfang des Jahres sind die Arbeiten im Gange. Ein Drittel sei bereits geschafft, so Hollenstein. Mit fünf Metern falle heuer auch die Hexe um rund einen Meter höher aus.

Eine Baugenehmigung braucht ein Funken als temporäres Bauwerk nicht. Das Abbrennen von unbehandeltem Holz im Rahmen der Brauchtumspflege ist von 1. Februar bis 15. März als Ausnahme vom Bundesluftreinhaltegesetz in der "Verordnung des Landeshauptmanns über das Verbrennen biogener Materialien außerhalb von Anlagen" gestattet - für 2019 wurde in einer Sonderbestimmung eine Verlängerung bis 17. März genehmigt. Die Marktgemeinde Lustenau arbeitet derzeit intensiv an einem vielseitigen Veranstaltungsbescheid, in dem den Veranstaltern Auflagen unter anderem in Fragen der allgemeinen Sicherheit, des Funkenflugs oder der Fluchtwege gemacht werden.

100 Tonnen: Holzverbrauch sorgt für Kritik

Das Projekt hat nicht nur Freunde: Naturschutzanwältin Katharina Lins bemängelte laut Vorarlberger Medienberichten den hohen Holzverbrauch von fast 100 Tonnen als Energieverschwendung und kritisierte die Abgaserzeugung. Franz Ströhle, Obmann des Vorarlberger Alpenschutzvereins (Anm.: Nicht Alpenverein), erstattete Anzeige gegen den Lustenauer Bürgermeister Kurt Fischer (ÖVP) bei der Aufsichtsbehörde. Das Projekt sei gesundheitsgefährdend und umweltschädlich, beim Abbrennen würden große Mengen CO2 und Feinstaub freigesetzt. Mit Brauchtum habe diese "Gigantomanie" nichts zu tun, daher fehle dem Bauwerk die gesetzliche Grundlage, so seine Argumentation.

APA/LUKAS HÄMMERLE/THOMAS HOLZER

Auf Anfrage räumte Bürgermeister Kurt Fischer ein, dass der Funken "zugegeben provokant hoch" sei. Im Sinne der Luftgüte gebe es aber andere Prioritäten als Brauchtum zu verbieten. Die "Hofstalder Funkenzunft" habe in den vergangenen Jahrzehnten den Funkenbrauch hoch gehalten. Die Frage, bei welcher Höhe Brauchtum anfange und wo es aufhöre, sei eine "philosophische", so der Bürgermeister. Der grundsätzlichen Diskussion über Luftgüte und Luftreinhaltung stelle er sich gerne, diesbezüglich habe die Marktgemeinde Lustenau einiges vorzuweisen. Anstatt den Funken als Projektionsfläche für Umweltverschmutzung zu gebrauchen, würde es auch für den Einzelnen mehr Sinn machen, "jene Themen anzugehen, mit denen man wirklich nachhaltig etwas für die Luftgüte tun kann", sagte Fischer.

Tausende Besucher erwartet

Die Funkenzunft empfindet die Kritik als "unfair". Jedes Event, ob Großkonzert oder Motorsportrennen, belaste die Umwelt in gewisser Weise, da gebe es aber kaum Aufregung, so Hollenstein. "Nur ein Drittel des Funkens besteht aus Neuholz und das stammt vor allem aus Windwurf. Zwei Drittel sind Altholz, das wir gesammelt haben, etwa Christbäume und aus Abbruchhäusern", verteidigte er das Projekt. An Feinstaub produziere der Weltrekord-Funken so viel wie zehn Pkw pro Jahr, "im Vergleich vernachlässigbar", fand Hollenstein. Zudem würden in anderen Gemeinden bis zu zehn Funken brennen, deren verbrannte Holzmenge übersteige zusammengenommen die des Riesenfunkens.

Andere Kritiker stießen sich am Termin eine Woche nach dem eigentlichen Funkensonntag. Man brauche mehr Bauzeit und wolle anderen Zünften nicht die Besucher abspenstig machen, begründete Marco Hollenstein. Die Besucherzahl sei wegen des großen Medieninteresses im Vorfeld schwer abschätzbar, man gehe von 5000 bis 10.000 Besuchern aus.

(APA)

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