Almregeln statt Hundeverbot und Zaunpflicht

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Beim Runden Tisch nach dem Urteil infolge der tödlichen Kuh-Attacke in Tirol wurde ein umfassender Versicherungsschutz für Landwirte beschlossen. Regeln wie auf der Skipiste sollen "mehr Eigenverantwortung" einfordern, eine Zaunpflicht wurde ausgeschlossen.

Der Runde Tisch nach dem zivilrechtlichen Schadensersatz-Urteil nach einer tödlichen Kuh-Attacke in Tirol hat am Mittwoch in Innsbruck die erwarteten Ergebnisse gebracht. Es werde einen umfassenden Versicherungsschutz für Landwirte sowie Nachschärfungen im bundes- und landesgesetzlichen Bereich geben, kündigte Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) bei einer Pressekonferenz nach der Unterredung an.

"Ich habe zudem den Auftrag erteilt, eine umfassende Informationskampagne aufzusetzen, die auch eine Vermarktungsoffensive für regionale Tiroler Produkte beinhaltet", sagte Platter nach der Sitzung, an der unter anderem Vertreter der Landesregierung, des Tourismus und des Alpenvereins teilnahmen.

Der "umfassende Versicherungsschutz" soll auf der bestehenden Wegeversicherung aufsetzen und "erweitert" werden, so der Landeshauptmann. Details müssten dabei noch ausgearbeitet werden. "Das wird auch ein bundesweites Thema sein", fügte Landeshauptmannstellvertreter und Agrarreferent Josef Geisler (ÖVP) hinzu. Der Versicherungsschutz soll jedenfalls noch vor dem Sommer finalisiert sein. Die Kosten dafür würden sich in einem "überschaubaren Rahmen" bewegen, zeigte sich Platter überzeugt. Wer konkret dafür aufkommen werde, blieb vorerst unklar, aber: "Wir werden mit Tourismus und Landwirtschaft Lösungen finden, was die finanzielle Bedeckung betrifft".

Almregeln analog zur Ski-Piste

Bei der vorgesehenen bundesgesetzlichen Nachschärfung berief sich Platter auf Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), der diese zuvor bereits angekündigt hatte. Hier gehe es um eine "verschärfende Bestimmung" im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB), die Platz greifen werde. Wie Kurz verwies Platter auf die zuständigen Minister Josef Moser (Justiz) und Elisabeth Köstinger (Agrar, beide ÖVP), die nun beauftragt seien, einen Vorschlag zu erarbeiten. Landwirtschaftskammerpräsident Josef Hechenberger sprach in diesem Zusammenhang die Bestimmung über die Tierhalterhaftung an, die adaptiert werden könnte.

Die landesgesetzliche Bestimmung, die verschärft werden soll, betrifft indes das Tiroler Almschutzgesetz. Hier werde man ebenfalls "mehr auf Eigenverantwortung" setzen, betonte Platter. Analog zu den "FIS-Regeln" auf Skipisten werde es auch im Bereich der Almen "Regeln des Miteinanders" geben, meinte Geisler, der von einem bisher noch ziemlich "rechtsfreien Raum" sprach.

Keine Zaunpflicht

Einem Hundeverbot auf den Almen wurde indes eine Absage erteilt. "Wir wollen kein Land der Verbote sein", erklärte der Landeshauptmann. Es könne auch nicht angehen, dass künftig überall Zäune angebracht werden. "Jene, die die Almen bewirtschaften, sollen nicht die Dummen sein", sagte Geisler. Jetzt gelte es, die gesetzlichen Grundlagen dafür zu schaffen, dass die Eigenverantwortung gestärkt werde.

Dem vom Urteil betroffenen Bauern sagten Platter, Geisler und Hechenberger volle Unterstützung und Schadloshaltung zu. "Wir werden ihn nicht im Stich lassen", so der Landeschef. Man hoffe aber, dass das Urteil in der Instanz noch gedreht wird.

Am 28. Juli 2014 war im Pinnistal, einem Seitental des Stubaitals, eine 45-jährige Deutsche, die mit ihren Hund unterwegs war, von Kühen plötzlich attackiert und zu Tode getrampelt worden. Nach einem jahrelangen Rechtsstreit zwischen den Hinterbliebenen und dem Landwirt erging am Donnerstag das erstinstanzliche Urteil im Zivilprozess. Demnach muss der Bauer dem Witwer und dem Sohn rund 180.000 Euro sowie eine monatliche Rente an die beiden in der Höhe von insgesamt rund 1.500 Euro zahlen. Der gesamte Streitwert des Prozesses lag bei rund 490.000 Euro. Die Staatsanwaltschaft hatte noch im Jahr 2014 die Ermittlungen gegen den Landwirt eingestellt.

(APA)

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