Heumarkt: Architekten klagen an

Das Projekt vom Turmbau am Heumarkt ist ausgesetzt.
Das Projekt vom Turmbau am Heumarkt ist ausgesetzt.APA/ISAY WEINFELD&SEBASTIAN MURR
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Die Architektenkammer kritisiert, die Stadt konzentriere sich zu sehr auf Interessen von Investoren. Und fordert, dass Wien in der Stadtentwicklung die Oberhand übernimmt.

Wien. Planung, Architektenwettbewerb, Kritik der Unesco, Höhen-Debatte, Nachdenkpause, Unesco-Warnung, neue Pläne, noch mehr Kritik, Parteikrise der Wiener Grünen, die Flächenwidmung wird trotzdem abgesegnet, die Unesco droht erneut, der Gemeinderat segnet das Projekt trotzdem ab, die Kritik wächst, zuletzt mischt die Bundesregierung mit und droht der Stadt mit Weisung. Nun ist das Projekt vom Turmbau am Heumarkt ausgesetzt.

Man kann von diesem geplanten Bau halten, was man will, klar ist: Geglückte Stadtplanung sieht anders aus. „Wir kommentieren keine politischen Diskussionen. Aber es müssen klare Bedingungen vorliegen. An diesem Projekt sieht man, was es heißt, wenn die politischen Voraussetzungen unsicher sind“, sagt Erich Kern, Präsident der Kammer der Architekten und Ziviltechniker für Wien, Niederösterreich und das Burgenland.

In diesem Fall hätte vor einem Wettbewerb klar sein müssen, welche Auflagen der Unesco-Vertrag bringt und welche Höhenentwicklung damit zulässig ist. „Das ist eine politische Frage, deren Beantwortung nicht den Teilnehmern eines Architekturwettbewerbs überbunden werden darf.“

Fokus auf Investoren

Die Kammer der Architekten kritisiert, dass sich die Stadt in der Stadtentwicklung, bei Widmungs- und Bebauungsplänen, zu sehr an Wünschen von Investoren orientiere statt am Interesse der Öffentlichkeit. „Das Projekt am Heumarkt steht stellvertretend für Projekte, bei denen nicht die Stadt eine Entwicklung vorgibt und danach Investoren Projekte einbringen“, meint Kammer-Vizepräsident Bernhard Sommer. „Investoren entwickeln Ideen zur Wertsteigerung ihrer Grundstücke, die widersprechen mitunter geltenden Bebauungsbestimmungen. Es besteht die Gefahr, dass Widmungsänderungen als Einzelmaßnahme aus Anlass von Projekten durchgeführt werden, statt als Instrument zur Raumordnung.“ Die Architekten fordern daher eine nachhaltige Strategie. „Heute besteht die Gefahr, Stadtplanung in den Aufgabenbereich privater Investoren abzuschieben“, so Sommer. Dabei müsste in jedem einzelnen Fall nachgewiesen werden, dass der Plan eines Investors einen Mehrwert für die Öffentlichkeit gegenüber der bestehenden Nutzung bringt.

„Die derzeitige Vorgehensweise sehen wir problematisch, da sie keinen gesamtheitlichen Blick auf die Stadt erlaubt“, so Sommer.

Festzulegen, wie sich die Stadt als Ganzes entwickeln soll, sei eine hoheitliche Aufgabe der Stadt – die eine vorausschauende Stadtplanung auch zum Vorteil von Investoren vornehmen müsse: Da seien besonders bei Hochhausbauten in Wien Nachbesserungen nötig: „Es ist Aufgabe der Stadt zu erarbeiten, ob und an welchen Orten Sperrzonen sinnvoll sind. Der Prozess muss transparent sein. Bei Hochhäusern ist auch ihr Einfluss auf die Umgebung zu beachten, der reicht weit über die Nachbarschaft hinaus. Die Vorschriften der Bauordnung nehmen darauf nicht vollständig Rücksicht. Hier muss man in der Bauordnung entsprechende Schritte setzen“, so Kern.

Offene Bewerbe und Modelle

Auch hier fordern die Planer Klarheit – um eine Situation wie am Heumarkt zu verhindern. „Verzögerungen oder Baustopps sind ein Problem und verteuern das Bauen. Wir können nie für Stopps sein, stattdessen für transparente Verfahren und Mitsprache.“

Um Probleme wie derzeit zu verhindern, fordern die Architekten für die Zukunft mehr Initiativen „zur absichtsvollen Gestaltung der Stadt“: Mit offenen städtebaulichen Wettbewerben oder großen begehbaren Übersichtsmodellen könne eine Einbindung der Öffentlichkeit gelingen – die Politik müsse da, gemeinsam mit Planern, stärker initiativ werden, „das Bild der Stadt sollte demokratisch entwickelt werden“, so Sommer. Auch wenn Inspiration von Investoren sinnvoll sein kann.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.03.2019)

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