Schüler und Eltern werfen einer AHS-Lehrerin in Währing Mobbing vor – nicht zum ersten Mal. Das wirft die prinzipielle Frage auf, welche Möglichkeiten es in solchen Fällen gibt.
Wien. „Es war von Tag eins an diese Angststimmung zu spüren“, sagt Theresa Vonach über ihre einstige Mathematiklehrerin. „Sie hat Schülern gesagt, dass sie dumm sind, dass sie faul sind. Sie zwang Schüler, die auf die Toilette wollten, in der Klasse sitzen zu bleiben.“ Vonach hat vor zehn Jahren an jener Schule in Wien Währing maturiert, die jetzt für Schlagzeilen sorgt. Der Vorwurf: Die Lehrerin habe Schüler jahrelang erniedrigt. Was da los ist – und welche Möglichkeiten es in Extremfällen gibt, um Schüler vor Problemlehrern zu schützen.
1 Was ist an der Schule passiert und seit wann gibt es Probleme?
Die Sache reicht länger zurück: 2013 dokumentierte die Bildungsdirektion (der Ex-Stadtschulrat) erste Vorwürfe gegen die Lehrerin. 2017 leitete die Volksanwaltschaft ein Prüfverfahren ein. Nach einer Beschwerde von Eltern wird nun erneut geprüft, auch seitens der Bildungsdirektion. Die Vorwürfe, damals wie heute: Die Lehrerin soll Schüler gemobbt haben – auch mit Aussagen wie „Wenn ihr euch umbringt, macht das wenigstens nicht in der Schule“ oder „Liegt Dummheit in eurer Familie?“.
2 Hatten diese Vorwürfe schon irgendwelche Konsequenzen?
Die Lehrerin wurde zu einer Nachschulung in Sozialkompetenz verpflichtet. Laut Ex-Schülern habe sie irgendwann auch nicht mehr in der Unterstufe unterrichten dürfen. Für andere Maßnahmen hätten laut der Bildungsdirektion klare rechtliche Tatbestände gefehlt. Zudem seien die Vorwürfe nur in anonymisierter Form vorgelegen.
3 Was sagt die betroffene Lehrerin zu den Vorwürfen?
Die Lehrerin – derzeit im Krankenstand – weist alle Vorwürfe zurück. „Die erhobenen Vorwürfe und Anschuldigungen sind allesamt unrichtig und werden mit Entschiedenheit zurückgewiesen“, heißt es laut ORF von ihrem Anwalt. Sie seien bereits 2017 geprüft worden. Es gebe nun keine neuen Fakten.
4 Wie geht es jetzt weiter – und was ist anders als vor zwei Jahren?
Obwohl es laut Bildungsdirektion bis dato noch wenig Hinweise auf Neues gebe, scheint eines anders zu sein: Mehr Betroffene sind bereit, offen zu sprechen. Mindestens 15 Schüler haben sich gemeldet. Die Bildungsdirektion sammelt die Beschwerden bis Freitagmittag. Das Ministerium prüft, ob alle nötigen Maßnahmen gesetzt wurden.
5 Wann können Lehrer aus dem Schuldienst geworfen werden?
Was auch immer in dem konkreten Fall herauskommt: Es ist schwierig, problematische Lehrer loszuwerden. Besonders, wenn sie wie die betreffende Lehrerin pragmatisiert sind. In Wien sind das noch 5900 von 26.000. Sie kann man anders als Vertragsbedienstete nicht kündigen (was auch nur selten vorkommt). Reichen Verweise oder Geldbußen nicht aus, kann man sie maximal entlassen. Dazu kann neben strafrechtlichen Verurteilungen etwa ein Disziplinarverfahren führen – tut es aber selten.
6 Was braucht es, damit es zu einem Disziplinarverfahren kommt?
Damit ein Verfahren gestartet wird, müssen konkrete Vorwürfe darauf hindeuten, dass die Dienstpflichten verletzt wurden – dazu gehört auch, sich gewissenhaft zu verhalten. Die Vorfälle dürfen maximal drei Jahre zurückliegen. Das macht es für den Fall in Währing nicht einfacher. Ein absoluter Einzelfall ist er übrigens nicht: Pro Jahr werden in Wien bei 26.000 Lehrern „einige Dutzend Fälle“ wegen schwerer Vorwürfe geprüft. (beba/APA)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.03.2019)