Europaweit Einbrüche durch organisierte Kinderbanden

(c) REUTERS (Mohammed Salem)
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Die Wiener Polizei warnt vor Einbrechergruppen, die teils aus Zehnjährigen und damit nicht strafmündigen Tätern bestehen

Wien. Zehnjährige als gut organisierte Einbrecher? Dieses Phänomen beobachtet das Landeskriminalamt (LKA) Wien seit 2015. Zuletzt gelang der Zentralstelle zur Bekämpfung des Wohnungseinbruchs in Zusammenarbeit mit Europol ein Fahndungserfolg: 16 großteils minderjährige Bandenmitglieder, denen 31 Wohnungseinbrüche in mehreren europäischen Ländern angelastet werden, wurden ausgeforscht.

Bei den 16 Personen handelt es sich durchwegs um serbische Staatsangehörige. Im Februar wurden zwei weibliche Mitglieder dieser Gruppe – Europol spricht von Mobile Organized Crime Groups – im Straflandesgericht Wien wegen Einbrüchen, begangen im Rahmen einer kriminellen Vereinigung, verurteilt. Es handelte sich um eine 16-Jährige und eine 18-Jährige. Diese hatten sich bei der Polizei ursprünglich als Minderjährige ausgegeben. Die Strafen für das Duo: jeweils neun Monate Haft.

Weibliche Bandenmitglieder

Wenn auch diese beiden Täterinnen bereits strafmündig waren (ab 14 kann man gerichtlich bestraft werden), so seien tatsächlich etliche Kinder bzw. noch nicht strafmündige Jugendliche unter den Tätern. Dies bestätigte Zentralstellen-Leiter Andreas Lang am Dienstag. Auch würden verstärkt weibliche Bandenmitglieder eingesetzt. Bilder aus Überwachungskameras zeigen, dass diese Täterinnen meist modisch gekleidet, oft auch mit Handtaschen unterwegs seien. Laut Polizei schöpfe kaum jemand Verdacht, wenn Kinder und Jugendliche sich in Stiegenhäusern aufhielten. Lang: „So junge Täterinnen fallen im Straßenbild nicht auf. Hier gilt es, die Bevölkerung zu sensibilisieren.“

In Wien haben sich die Tätergruppen – bisher wurden Clans aus Serbien, Kroatien und Italien registriert – auf die Bezirke innerhalb des Gürtels spezialisiert. Vor allem Altbauwohnungen mit (oftmals eher leicht zu knackenden) hölzernen Flügeltüren locken die Einbrecher an.

Werden die jungen Leute ertappt, so komme es laut LKA praktisch nie zu Konfrontationen, da die Minderjährigen bzw. Jugendlichen davonliefen. Als Beute sind vor allem Schmuck und Bargeld gefragt. Festgestellt werde, so Lang, dass gerade junge Täterinnen zuweilen auch Parfum oder teure Damenunterwäsche stehlen würden. Lang: „Diese Dinge dürfen die Täterinnen behalten, Wertgegenstände müssen sie an die Hintermänner abliefern.“

Gestohlene Kennzeichen

Eigene Transporteure, die Autos mit gestohlenen Kennzeichen benutzen, fahren die Beute in die Herkunftsländer der Einbrecher. Bisher sei es noch nicht gelungen, die Hintermänner der oft bis zu hundertköpfigen Clans zu fassen. Insgesamt wurden allein in Österreich 50 Personen ausgeforscht, die um die hundert Einbrüche verübt haben.

Teilweise sind diese Bandenmitglieder ebenfalls bereits verurteilt worden, teilweise mussten sie eben wegen Strafunmündigkeit freigelassen werden. In der von der Strafprozessordnung vorgesehenen Frist von 48 Stunden, in der über weitere Verfolgung oder Freilassung entschieden werden muss, gelingt es laut Polizei nur selten, die Personaldaten der meist unter falschen Namen operierenden Täter zu beschaffen. Im Zweifel landen verdächtige Kinder und Jugendliche dann in der Kinderübernahmsstelle in Wien-Meidling.

Dort bekommen sie frische Kleidung und Essen – „und dann tauchen sie unter“. Und das Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei beginnt von Neuem. Bisher konnten international Tätergruppen ausgeforscht werden, die in Spanien, Frankreich, Belgien, der Schweiz, Deutschland und Österreich Einbrüche begangen hatten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.04.2019)

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