Die Kriminalität geht zurück, aber ...

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Die Gesamtzahl der 2018 angezeigten Delikte ist gesunken. Die Aufklärungsrate ist gestiegen. Bei Sexualdelikten und Internetbetrug weist die Statistik aber steigende Zahlen aus.

Wien. Man könne die polizeiliche Kriminalstatistik als Zeugnis für die Arbeit der Polizei sehen. „Und auf dieses Zeugnis bin ich sehr, sehr stolz.“ Das sagte Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) am Donnerstag bei der Präsentation des neuen Zahlenwerks. Aber nicht alle statistischen Entwicklungen sind erfreulich – speziell bei Sexualdelikten und im Bereich Cybercrime ist die Kriminalität zuletzt gestiegen.

Allgemeines und Wien

Insgesamt wurden voriges Jahr 472.981 Delikte zur Anzeige gebracht. Das bedeutet einen Rückgang um 7,4 Prozent im Vergleich zu 2017. Anzeigen finden Eingang in die Datenbank des Innenministeriums (und werden statistisch ausgewertet), wenn die Polizei die ihr gemeldeten Sachverhalte an die Justiz weiterleitet.

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Erfreulich: Die Aufklärungsquote ist im Zehnjahresvergleich gestiegen; von knapp 40 Prozent im Jahr 2009 auf 52,5 Prozent im Vorjahr. Am meisten aufgeklärt wurde in Vorarlberg, Quote: 63,9 Prozent. Wiener Beamte konnten nur 43,6 Prozent der Fälle klären. Aber: Für Wien ist das der beste Wert seit dem Jahr 2000. Die Zahl der angezeigten Fälle ging in der Hauptstadt um elf Prozent zurück.

Wie sieht das typische statistische Täterbild aus? Die durchschnittliche Täterfigur ist 25 bis 39 Jahre alt und männlich. Der Fremdenanteil der Täter erreichte im Vorjahr mit 40 Prozent den höchsten Stand im Zehnjahresvergleich (siehe Grafik).

Gewaltdelikte

Auch Gewaltdelikte sind allgemein rückläufig (minus 4,3 Prozent) – aber hier gibt es einige Problemfelder. Vorab muss jedoch erwähnt werden, dass sich das Innenressort entschieden hat, den Gewaltbegriff für die Statistik neu zu definieren. So wurden sowohl relativ neue Tatbestände des Strafgesetzbuchs (Beispiel: sexuelle Belästigung und öffentliche geschlechtliche Handlungen) als auch ältere Tatbestände, die früher nicht im Einzelnen berücksichtigt wurden, zu einem neuen – größeren – Statistikpaket zusammengefasst.

Was bei den Gewaltdelikten auffällt: Es gibt ein leichtes Minus bei der Aufklärungsquote, nämlich 0,1 Prozent. Und es gab zuletzt deutlich mehr Opfer, die noch unter 18 sind, als in den Jahren zuvor. Sprich: Die Gewalt gegen Kinder und Jugendliche ist gestiegen. Auf Täterseite zeigt sich im Gewaltbereich: Die meisten kommen aus Österreich, unter den Fremden dominieren Verdächtige aus der Türkei, gefolgt von Serben und Afghanen. Meist stehen Täter und Opfer in bekannt- oder verwandtschaftlichem Verhältnis. Die meisten Gewaltdelikte werden mit Stichwaffen verübt. Deren Verwendung war aber 2018 bereits rückläufig.

Im Bereich Mord und Mordversuch gab es einen Rückgang um 6,4 Prozent. 41 Frauen und 32 Männer wurden getötet. Aufgrund der vielen weiblichen Opfer – Meldungen von Frauenmorden rissen auch 2019 nicht ab – arbeitet derzeit eine Screening-Gruppe Fallanalysen aus. Ende Mai soll es Resultate geben.

Speziell bei Raubüberfällen verzeichnen die Statistiker im Vergleich zum Vorjahr ein Minus von 9,4 Prozent. In diesem Bereich gibt es mehr fremde als österreichische Täter. Unter den Fremden sind Afghanen am stärksten vertreten.

Sexualdelikte

Nun zu den problematischen Entwicklungen bei den Straftaten gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung. Hier gab es eine Steigerung um 11,8 Prozent. Insbesondere bei der Vergewaltigung wurde ein Anzeigenplus von 14,6 Prozent registriert (zur Herkunft der Täter siehe Grafik). In diesem Bereich gibt es eine bemerkenswerte Entwicklung: Unter den – statistisch erfassten – Opfern finden sich auch Frauen aus Afghanistan und der Türkei. Freilich gab es schon immer auch Opfer aus diesen Nationen. Nur trauten sich diese vielfach nicht, zur Polizei zu gehen und Anzeige zu erstatten. Dazu sagt der Chef des Bundeskriminalamts, Franz Lang: „Das Verdeutlichen unserer Normen greift.“ Gemeint sind etwa Kurse und Schulungen für Zuwanderer.

Vermögensdelikte

Wohnungseinbrüche und Autoeinbrüche gingen deutlich zurück. Trickbetrügereien hingegen nahmen stark zu (plus 57,3 Prozent). Oft angewendet wird der „Enkeltrick“. Täter machen betagten Opfern vor, sie seien Verwandte in einer Notlage und drängen die Opfer zu Geldübergaben.

Internet und Drogen

Hiezu zählen sowohl zerstörerische Angriffe auf Daten als auch die Nutzung des Internets zur Betrugsbegehung. Der Anstieg beträgt insgesamt 16,8 Prozent. Besonders gewachsen ist die Erpressung via Internet.

Bei den Drogendelikten fällt bei den „kleinen Fischen“ ein Rückgang um 4,8 Prozent auf. Hinsichtlich der schwerwiegenden Taten (Drogenhandel) gab es eine Zunahme von 5,5 Prozent.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.05.2019)

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