Kälte: Zu wenige Notschlafplätze für Obdachlose

Die Notschlafstellen der Wiener Vinziwerke waren in den vergangenen Tagen immer komplett belegt.
Die Notschlafstellen der Wiener Vinziwerke waren in den vergangenen Tagen immer komplett belegt. (c) Clemens Fabry
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Aufgrund der schlechten Witterung verzeichnen die Notschlafstellen der Vinziwerke und der Caritas einen ungewöhnlich hohen Andrang. Allein bei den Vinziwerken mussten seit Anfang Mai 120 Personen abgewiesen werden.

Wien. Der ungewöhnlich kalte Mai zieht derzeit viele obdachlose Menschen abends in die Wiener Notschlafstellen. Nicht alle finden allerdings auch einen Platz: So waren die Notschlafstellen der Wiener Vinziwerke, Vinzi-Bett und Vinzi-Rast, in den vergangenen Tagen immer komplett belegt. Mehr als 120 Personen mussten insgesamt seit Anfang Mai abgewiesen werden, weil die Einrichtungen schon voll waren.

Grund dafür ist zum einen das schlechte Wetter, das viele wohnungslose Menschen in warme Notquartiere zieht. „Wir verzeichnen einen Andrang wie seit Jahren nicht mehr“, sagt Rafael Kirchtag von den Wiener Vinziwerken.

Zum anderen stehen in Wien „seit Anfang Mai erheblich weniger Plätze zur Verfügung“. Konkret sind es 900 Schlafplätze weniger, denn das sogenannte Wiener Winterpaket, das den Winter über zusätzliche Notschlafstellen für wohnungslose Menschen zur Verfügung stellt, lief Ende April aus.

Angespannte Situation

Das ist zwar jedes Jahr so, „daher ist es im Mai immer etwas angespannter“, sagt Klaus Schwertner, Generalsekretär der Wiener Caritas, „aber in diesem Jahr ist die Nachfrage größer als in den vergangenen Jahren“. Auch in den Notschlafstellen der Caritas mussten seit Anfang Mai insgesamt 100 bis 200 Mal obdachlose Menschen weggeschickt werden – wie viele Personen es wirklich waren, lässt sich nicht genau sagen, weil viele vermutlich an mehreren Abenden vorbeikamen und daher in der Statistik mehrfach aufscheinen.

Für Vinziwerke-Koordinator Kirchtag liegt das große Problem darin, dass viele Obdachlose aus EU- und Nicht-EU-Staaten nun in Wien auch deswegen keinen Schlafplatz finden, weil sie in vielen Einrichtungen nicht anspruchsberechtigt sind – viele Notquartiere sind österreichischen Staatsbürgern und jenen EU-Bürgern vorbehalten, die in Wien obdachlos wurden und sich rechtmäßig in Wien aufhalten. Alle anderen „kommen jetzt in viele Notschlafstellen nicht rein“, sagt Kirchtag.

Das war bis Ende April anders: Denn die Notquartiere im Rahmen des Wiener Winterpakets stehen immer allen wohnungslosen Menschen offen, damit niemand in der Kälte übernachten muss. „Im Winter“, sagt Schwertner von der Caritas, gab es in Wien „wirklich für jeden Obdachlosen einen Schlafplatz“.

Die Vinziwerke fordern nun, dass es auch im restlichen Jahr genügend Schlafplätze für alle wohnungslosen Menschen gibt, immerhin sei Obdachlosigkeit „nicht saisonbedingt“ . Auch die Caritas sieht „gerade jetzt“ Handlungsbedarf. „Das können wir als Caritas aber nicht allein stemmen“, sagt Schwertner. „Wir wären aber grundsätzlich in der Lage, in wenigen Tagen ein zusätzliches Quartier aufzusperren.“

Ob es dazu kommt, ist allerdings fraglich. Der Fonds Soziales Wien (FSW) plant jedenfalls nicht, das Winterpaket in Zukunft zu einem „Regelangebot“ zu machen. Man setze stattdessen lieber auf Konzepte, um Menschen wieder zu „selbstständigem Wohnen“ zu bringen, und auf Sozial- und Rückkehrberatung. Zudem habe es seit 1. Mai sehr wohl auch freie Schlafplätze gegeben. Auch im Sommer gebe es – etwa mit den Angeboten der Vinzenzwerke – Schlafplätze für nicht anspruchsberechtigte Personen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.05.2019)

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