Extremismus-Bericht sorgt für Streit

Clemens Fabry
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Der Verfassungsschutzbericht ortet im islamistischen Extremismus die größte Bedrohung für Österreich. Die ÖVP fordert Verbote, SPÖ und Neos kritisieren die türkis-blaue Regierungszeit.

Wien. Die größte Bedrohung für die Sicherheit Österreichs geht nach wie vor vom islamistischen Extremismus und Terrorismus aus. Das geht aus dem Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2018 hervor, der am Mittwoch präsentiert wurde. Linksextremistische Straftaten sind im Vorjahr deutlich zurückgegangen, beim Rechtsextremismus gab es einen leichten Anstieg.

(c) Die Presse

Als Reaktion auf diesen Bericht forderte die ÖVP am Donnerstag „ein Verbot von extremistischen Strömungen in Österreich“ mit einem Fünf-Punkte-Programm: Verbot des politischen Islam im Strafgesetzbuch, Änderung des Vereinsrechts zur Auflösung der Identitären, Stärkung des Kultusamtes, Schaffung einer Dokumentationsstelle für den politischen Islam und ein internationales IS-Tribunal für Kriegsverbrecher.

Gefahr durch Rückkehrer

SPÖ und Neos schossen sich postwendend auf Türkis-Blau ein. Der Bericht stelle ein „trauriges Zeugnis für die Kurz-Kickl-Koalition“ dar, erklärte die SPÖ-Sprecherin für Erinnerungskultur, Sabine Schatz. Die rechtsextremen Straftaten seien „auf einem gefährlichen Dauerhoch“. Wobei die SPÖ in diesem Zusammenhang ihre Forderung nach der Wiedereinführung eines eigenen Rechtsextremismusberichts erneuerte. Auch Neos-Sicherheitssprecherin Stephanie Krisper schoss sich auf Türkis-Blau ein: „Die Spaltung der Gesellschaft in wir‘ und die‘ konnte die FPÖ mit Innenminister Kickl vorantreiben.“

Die Details des Berichts: Die Sicherheitslage sei im Vergleich zu anderen Ländern in Europa und weltweit „entspannter“, sagte Franz Lang, Generaldirektor für öffentliche Sicherheit, bei der Präsentation. Auch wenn es in Österreich noch keinen Terroranschlag gegeben hat und die Zahl der neu ausreisenden Kämpfer aus Österreich in die Jihad-Kriegsgebiete stagniere, bleibe der islamistische Terrorismus die größte Bedrohung für die Sicherheit Österreichs.

Ein „beträchtliches und unkalkulierbares Gefährdungspotenzial“ stellten sogenannte Rückkehrer dar, sagte Peter Gridling, Direktor des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT). Ein wichtiges Thema sei auch „das Gefahrenpotenzial, das Frauen und Kinder nach ihrer Rückkehr möglicherweise aufweisen“. Hier gebe es keine Erfahrungswerte. Bis Ende 2018 seien mehr als 40 Frauen in das syrisch-irakische Kriegsgebiet ausgereist, wobei sich mehr als die Hälfte von ihnen noch in Syrien bzw. im Irak aufhalten würden.

Insgesamt waren mit Jahresende 2018 genau 320 Personen aus Österreich bekannt, die in die Kriegsgebiete Syrien und Irak gereist sind oder dorthin reisen wollten, um zu kämpfen. 62 davon konnten an der Ausreise gehindert werden, 93 sind wieder nach Österreich zurückgekehrt und 58 wurden mit höchster Wahrscheinlichkeit getötet. 107 sogenannte „Foreign Terrorist Fighters“ aus Österreich befanden sich Ende 2018 noch im Krisengebiet. Die Ausreisen seien aber „nahezu zum Erliegen gekommen“, so Gridling.

Ein deutlicher Rückgang wurde in Bezug auf linksextremistische Straftaten verzeichnet. 2018 gab es mit insgesamt 137 linksextremen Tathandlungen um 35 Prozent weniger als 2017 (211) und auch um 22,8 Prozent weniger Anzeigen (2018: 237, 2017: 307).

Rechtsextremismus steigt leicht

Bei rechtsextremen Straftaten gab es dagegen einen geringen Anstieg. Mit 1075 Fällen waren es um 12 mehr als 2017. Die Anzeigen stiegen von 1576 auf 1622. „Die Identitäre Bewegung ist Träger des modernen Rechtsextremismus in Österreich“, sagte Gridling. Bei den „zahlreichen Berührungspunkten“ der Bewegung mit der FPÖ werde im Einzelfall abgeklärt, ob etwas Strafbares oder „sicherheitsmäßig Bedenkliches vorliegt“.

Gridling nahm auch zum Zustand des BVT Stellung. Das Bundesamt sei nicht vom Informationsausschluss ausgeschlossen, bekräftigte er einmal mehr. „Aber dass es berechtigte Fragen bei unseren Partnern gibt, das ist, glaube ich, auch verständlich und diesen Fragen stellen wir uns.“ (red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.08.2019)

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