Küssel-Vertrauter Franz Radl wegen NS-Wiederbetätigung verurteilt

Franz Radl am Donnerstag vor Gericht
Franz Radl am Donnerstag vor GerichtAPA/HANS PUNZ
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Franz Radl (52), einer der bekanntesten Vertreter der rechtsextremen Szene Österreichs, soll „redaktioneller Mitarbeiter“ der neonazistischen Homepage alpen-donau.info gewesen sein. Er erhielt sechs Monate bedingte Haft.

Der Obersteirer Franz Radl, der immer wieder in der österreichischen Neonaziszene in Erscheinung tritt, stand am Donnerstag in Wien vor den Geschworenen. Erneut hatte er nationalsozialistische Wiederbetätigung zu verantworten. Er soll an der von 2009 bis 2011 betriebenen  neonazistischen Homepage alpen-donau.info mitgewirkt haben (diese trug das bezeichnende Kürzel „ADI"). So soll Radl ein "Grundsatzdokument", das die nationalsozialistische Ausrichtung der Seite dokumentieren sollte, vor dessen Veröffentlichung „über Aufforderung Gottfried Küssels“ gegengelesen und redigiert haben. Küssel gilt als Frontmann der nationalsozialistischen bzw rechtsextremen Szene Österreichs.

Zu Radls Beitrag heißt es in der von Staatsanwältin Susanne Kerbl-Cortella verfassten Anklageschrift: „Über Aufforderung per E-Mail von Gottfried Küssel vom 22. 3. 2009 überarbeitete Franz Radl die ihm mit dieser E-Mail zugesandte und bereits zu diesem Zeitpunkt zur Veröffentlichung unter anderem auf der Seite ADI bestimmte Vereinbarung mit der tschechisch-nationalistischen Bewegung ,Narodni Odpor`, die in geänderter Form nach Übermittlung durch den Angeklagten sowohl auf ADI, als auch auf der Internetseite der Narodni Odpor (...) einer breiten Öffentlichkeit zugänglich war“.   

Heimlicher Mitschnitt aus dem Honsik-Prozess

Auf dem PC von Radl wurde auch eine Ton-Datei gefunden, die per Diktiergerät aufgenommen wurde. Darauf ist das Schlussplädoyer aus der Hauptverhandlung gegen den bereits verstorbenen Neonazi Gerd Honsik aus dem Jahr 2009 zu hören. Radl soll laut Staatsanwaltschaft als Prozessbeobachter diese Aufnahme - trotz Verbots - angefertigt haben. Der Beschuldigte bestreitet dies. Er sei gar nicht im Saal gewesen.

Die als "Rede" bezeichnete Äußerung, in der der Holocaust geleugnet und das Vorgehen der NS-Führung unter Adolf Hitler propagandistisch positiv dargestellt wird, wurde auf der Homepage alpen-donau.info veröffentlicht. Beweis dafür sei laut Anklägerin ein E-Mail an einen Gesinnungsgenossen mit der Auskunft, die Datei sei nun hochgeladen.

Radl soll auch Recherchetätigkeiten für Honsiks Buch "Schelm und Scheusal Meineid. Macht und Mord auf Wizenthals Wegen" durchgeführt haben. Bei Hausdurchsuchungen wurden ein Notizbuch Radls mit einer dafür angelegten To-do-Liste sowie eine Ausgabe mit einer handschriftlichen Widmung von Honsik sichergestellt, in der sich Letzerer "für die unschätzbare Hilfe" bei Radl bedankt.

Da bei der Hausdurchsuchung auch Waffen - eine russische Schrotflinte mit 50 Patronen, ein Schlagstock - gefunden worden waren und gegen Radl ein Waffenverbot besteht, wurde er auch deswegen angeklagt.

Radl selbst bekannte sich lediglich schuldig, die Waffen besessen zu haben (Tatsachengeständnis). Im Sinne der Wiederbetätigung legte der von Anwalt Andreas Schweitzer vertretene Steirer kein Geständnis ab. Schweitzer erinnerte in seinem Plädoyer daran, dass der Anklagepunkt, der sich mit der Grundsatzvereinbarung zwischen tschechischen und deutschen „Kameradengruppen“ befasst, schon im Küssel-Prozess zu einem Freispruch geführt habe. So gesehen könne man „Radl auch nur freisprechen“ (in anderen Anklagepunkten war Küssel aber sehr wohl schuldig erkannt worden).

Zuletzt war Radl im Dezember 2012 wegen NS-Wiederbetätigung verurteilt worden. Er fasste damals zwei Jahre Gefängnis aus, wobei zwei Drittel der Strafe auf Bewährung verhängt wurden. Der Schuldspruch erging damals, weil der Steirer einschlägige Flugblätter verteilt hatte. Und weil er zwei Webseiten für Honsik mitbetreut bzw. mit Material versorgt hatte.

Nunmehr wurde der 52-Jährige erneut verurteilt - und zwar unter Bedachtnahme auf seinen vorigen Schuldspruch zu einer Zusatzstrafe von sechs Monaten bedingter Haft. Die lange Verfahrensdauer und das lange Zurückliegen der Taten wurden als mildernd gewertet. Die Tatsache, dass der neue Prozess so spät startete, erklärte die Staatsanwaltschaft Wien damit, dass der früher zuständige Staatsanwalt an eine andere Dienststelle gewandert sei, woraufhin sich die derzeitige Anklägerin erst habe einlesen müssen. 

Das neue Urteil erging wegen Radls (von der Anklage angenommenen) Mitarbeit an der Neonazi-Homepage. Und wegen der Waffen. Ein Freispruch erging wegen des angeblichen Mitschitts bei der Honsik-Verhandlung. Vor Urteilsverkündung hatte Radl den Geschworenen erklärt: „Jetzt haben Sie einen Eindruck bekommen, was alles möglich ist. Man kann auch von Steuergeldverschwendung sprechen. Die Einschränkung der Meinungsfreiheit ist nicht menschenrechtskonform.“ Radl meldete sofort Rechtsmittel gegen das Urteil an, es ist somit noch nicht rechtskräftig.

Die Anklägerin hatte indessen von „ewig gestrigem Gedankengut“ gesprochen.

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