Imker: Von wegen flotte Bienen

Imker wegen flotte Bienen
Imker wegen flotte Bienen(c) Clemens Fabry
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Die Zahl der Imker geht zurück – was sich nicht nur auf die Honigproduktion, sondern auch auf das Ökosystem negativ auswirkt. Wie sich die Imkerverbände jetzt verjüngen wollen.

Leicht hat es Yasmin Zwinz nicht in ihrem Beruf – und das nicht nur, weil die 24-Jährige regelmäßig mit zehntausenden Bienen arbeitet. An vielen Wochenenden ist sie in ganz Niederösterreich unterwegs und versucht Dutzenden Kollegen die theoretischen Grundlagen eines Handwerks näherzubringen, das die meisten von ihnen bisher nur durch die Arbeit in der Praxis gelernt haben – Kollegen, die großteils mehr als doppelt so alt sind wie sie. „Es war am Anfang nicht so einfach, sich da durchzusetzen“, sagt Zwinz mit einem Lächeln. „Aber wenn man ständig zeigt, dass man viel von der Sache versteht, erarbeitet man sich mit der Zeit die Wertschätzung.“

Yasmin Zwinz ist Imkerin – und nicht irgendeine. Die derzeit jüngste Imkermeisterin des Landes hat als „Wanderlehrerin“ die Aufgabe übernommen, bei den Versammlungen der Imkerortsgruppen altbewährtes Wissen und neue wissenschaftliche Erkenntnisse rund um die Bienenzucht unters Volk zu bringen. Außerdem fungiert sie in der niederösterreichischen Imkerschule im malerischen Warth in der Buckligen Welt als Ansprechpartnerin für potenzielle Nachwuchsimker.

Und das ist eine wirklich wichtige Funktion. Denn in den vergangenen 15 Jahren ist die Zahl der Imker in Österreich um fast ein Drittel gesunken: Knapp mehr als 22.000 Menschen arbeiten hierzulande mit Bienen – Durchschnittsalter 65. Wer einmal die Zeitschrift „Bienen aktuell“ durchgeblättert hat, das offizielle Organ des Österreichischen Imkerbundes, wird angesichts der vielen Nachrufe darin feststellen, dass es neben der Angst vor dem Bienensterben eine viel realere Gefahr für die heimische Artenvielfalt gibt: das Imkersterben.

Die Imkerei ist derzeit ein massiv überaltertes Hobby – das aber für das Funktionieren des heimischen Ökosystems enorme Bedeutung hat: Rund 80 Prozent der Kulturpflanzen auf Feldern, Wiesen und Gärten werden von Honigbienen bestäubt, die wiederum ohne die Hilfe der Imker nicht überleben könnten. Das Landwirtschaftsministerium schätzt den wirtschaftlichen Nutzen dieser Tätigkeit – also etwa den Wert jener Früchte, die Bauern von den bestäubten Pflanzen ernten können – auf rund 500 Millionen Euro im Jahr.


Die Zukunft sind die Jungen. Umso wichtiger ist es, dass die Imkerkultur in Österreich nicht verloren geht – eine Gefahr, die in den vergangenen Jahren sehr real geworden ist. Denn neben hohen Anfangsinvestitionen (mehrere hundert Euro kosten Bienen, Stöcke, Arbeitskleidung und das nötigste Werkzeug) und dem Eindruck, es handle sich bei der Arbeit mit den Bienen um eine komplizierte Wissenschaft, hält vor allem der Zeitaufwand viele potenzielle Jungimker ab.

„Zwei Stunden in der Woche sollte man am Anfang einrechnen“, entkräftet Zwinz zumindest diese Befürchtung – allerdings über das Jahr verteilt. Während die Bienen zwischen Mai und Juli besonders betreuungsbedürftig sind, ist im Winter nur sehr wenig zu tun. Zwinz weiß, wovon sie spricht: Sie hat das Imkerhandwerk von der Pike auf gelernt. Seit sie acht Jahre alt war, hat sie an der Seite ihres Großvaters mit den Bienen gearbeitet, später dann das Hobby zum Beruf gemacht. Zusätzlich zu der Arbeit an den 180 Völkern der Imkerschule betreut sie auch privat rund 30 Stöcke.

Im Schnitt hat jeder Imker in Österreich an die zwölf Völker in seinen Holz- oder Plastikstöcken, im Fachjargon „Beuten“ genannt. Nur die Handvoll Erwerbsimker, die mit der Bienenzucht ihr Dasein bestreiten, halten jeweils mehrere hundert Völker – sie machen aber gerade einmal ein Prozent aller heimischen Imker aus, denn: „Reich wird man nicht mit der Bienenzucht“, wie Zwinz warnt. Die überwiegende Mehrheit der heimischen Bienenzüchter ist männlich, in Pension und betreibt die Imkerei als Hobby.

In der Imkerschule in Warth sieht man die Zukunft der österreichischen Bienenzucht trotz alledem in den Händen jüngerer Imker: In den vergangenen fünf Jahren haben die Imkerverbände – mit kräftiger Förderung durch die Bundesländer – angefangen, aktive Nachwuchsarbeit zu betreiben. Und da kommt beispielsweise Zwinz ins Spiel: Sie reist durch das ganze Bundesland, organisiert Anfängerkurse und Praxistage, bei denen sie Anfängern die einzelnen Handgriffe der Arbeit mit den Bienen zeigt: von der Auswinterung im Frühjahr über die schrittweise Erweiterung der Stöcke bis zur Honigernte, von der Parasitenbekämpfung bis zur Auffütterung der Bienenvölker mit Zuckerwasser vor ihrer Winterruhe.


Eine Frage der Information. Darüber hinaus steht das Team der Imkerschule telefonisch jederzeit für Fragen von Anfängern zur Verfügung. „Es gibt eine gewisse Generationenkluft beim Wissenstransfer“, sagt Zwinz: Wo früher das Know-how der Imkerei nach dem „Learning by doing“-Prinzip in kleineren Einheiten wie den Imkerortsgruppen weitergegeben wurde, gebe es unter den Nachwuchsimkern von heute verstärkte Nachfrage nach einem soliden theoretischen Input, bevor sie überhaupt mit der Arbeit am Bienenstand beginnen – und diese seien der Schlüssel, um die Imkerzahlen mittelfristig wieder zu steigern.

Dass zahlreiche junge Menschen Interesse an der Arbeit mit den Bienen haben, zeige sich in den Anfängerkursen: In denen säßen nämlich längst nicht mehr nur alte Männer, sondern auch viele Mittzwanziger und -dreißiger – gut die Hälfte davon Frauen –, die ihre Liebe zur Natur entdecken und in der Imkerei eine neue Freizeitbeschäftigung finden. Bisher hat sich das freilich noch nicht in den Imkerzahlen niedergeschlagen – aber heuer könnte es erstmals zur Trendwende kommen, heißt es vonseiten der Imkerschule: Die Nachfrage nach Bienenvölkern und -königinnen sowie einschlägigen Kursen sei heuer so groß wie nie – möglicherweise steht in diesem Jahr erstmals wieder ein Anstieg der Imkerzahl bevor.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.07.2010)

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