Flugrettung: Ausschreibung "ÖAMTC-freundlich"?

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Flugrettung Ausschreibung bdquogetuerktldquo(c) APA (SCHNEIDER Harald)
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Die Verträge für Rettungs-Hubschrauber werden neu ausgeschrieben - nach Meinung von kleinen Privatunternehmen wird der ÖAMTC bevorzugt. Bestimmte Vorgaben können nur ÖAMTC-Piloten erfüllen.

GRAZ/WIEN. Streit (f)liegt in der Luft. Auslöser ist die Neuausschreibung der Flugrettung in weiten Teilen Österreichs. Sie wurde notwendig, nachdem der ÖAMTC, der vor zehn Jahren den Auftrag noch direkt vom Innenministerium bekommen hatte, seinen Vertrag mit der Republik 2008 kündigte. Definitiv enden wird er mit 31.Dezember heurigen Jahres. Daher hat das Innenministerium Ende Juli den Auftrag neu ausgeschrieben. Es geht um eine „Dienstleistungskonzession für die Flugrettungsgrundversorgung“ für die Länder Tirol, Salzburg, Oberösterreich, Steiermark und Kärnten. Bis kommenden Montag läuft die Bewerbungsfrist.

Schon im Vorfeld gibt es aber wilde Turbulenzen in der Szene. Fakt ist, dass der ÖAMTC, schon bisher Platzhirsch, sich wieder bewerben wird. „Wir arbeiten mit Hochdruck an den Unterlagen und werden abgeben“, bestätigt Reinhard Kraxner, Flugrettungsleiter des ÖAMTC. „Dann hätte der ÖAMTC nicht kündigen müssen“, ätzen die Mitbewerber. Tatsächlich verweist man beim ÖAMTC aber auf ein neues Betriebsmodell, das den seit sechs Jahren anwachsenden finanziellen Abgang (2009 waren es fünf Millionen Euro) abfedern soll. Ob damit Einsparungen an einzelnen Standorten verbunden sind, will man nicht sagen.

Die Mitbewerber kritisieren jedenfalls das Prozedere der Neuvergabe. Der Grundtenor: Die Ausschreibung sei auf den ÖAMTC zugeschnitten. Roy Knaus, dessen Familienbetrieb von St. Johann im Pongau (Salzburg) aus auch in Tirol tätig ist, verweist beispielsweise auf geforderte Mindestumsätze, „die nur wenige erfüllen können“. Auch die vorgeschriebenen 1000 Flugstunden mit bestimmten höheren Qualifikationsvorgaben könnten nur die – vielfach vom Innenministerium oder Militär abgeworbenen – ÖAMTC-Piloten erfüllen. Gleichzeitig seien die Auflagen im Bereich der Außenlast-Flugerfahrung mit 500 Stunden jedoch vergleichsweise niedrig angesetzt. „Weil sonst die Hälfte der ÖAMTC-Piloten rausgefallen wäre“, vermutet Knaus.

Der Salzburger ist Kummer mit juristischen Winkelzügen gewohnt. So sah man sich Ende letzten Jahres plötzlich mit neuen technischen Sicherheitsauflagen seitens der Behörde konfrontiert. Via Luftfahrtsbehörde Austro Control wurden am 28.Dezember 2009 die ab 1.Jänner 2010 gültigen Bestimmungen veröffentlicht. Nur der ÖAMTC konnte diese Frist einhalten, Knaus setzte sich zur Wehr.

Auch Ernst Struzenberger, der in Linz ein Hubschrauberunternehmen betreibt, übt heftige Kritik: Statt der vorgeschriebenen EU-Frist von 52 Tagen seien es bei der aktuellen Ausschreibung nur knapp drei Wochen gewesen. Auch dass die Frist nicht nach einem Sonn- oder Feiertag enden dürfe, werde nicht eingehalten (der 16.August ist ein Montag nach einem Feiertag). „Das ist so was von getürkt und korrupt, ein abgekartetes Spiel, aber da wird man nichts machen können“, so Struzenberger zur „Presse“.

„Wir gehen davon aus, dass die Ausschreibung rechtskonform ist“, heißt es dazu knapp aus dem Innenministerium und verweist auf zahlreiche Gespräche im Vorfeld. Allgemeines Ziel von Innenministerin Maria Fekter (VP) sei es, auch nach dem 1.Jänner 2011 die flächendeckende Versorgung mit einer Flugrettung garantieren zu können. Das kostet Geld.

„Klassisch unterfinanziert“

39 Millionen Euro verschlingt das Flugrettungssystem jährlich. Aufgeteilt werden die Kosten zwischen den Ländern, die Standort und Infrastruktur zur Verfügung stellen, den Hubschrauberfirmen, die Fluggeräte und Personal einbringen, und den Sozialversicherungen, die die Einsätze, zumindest die für eine ärztliche Grundversorgung notwendigen Flüge, zahlen. „1850 Euro pro Einsatz“, rechnet Struzenberger vor: „Ein gutes Geschäft.“ „Mit der Flugrettung kann man kein Geschäft machen, das ist klassisch unterfinanziert“, widerspricht Reinhard Kraxner vom ÖAMTC. 13.900 Einsätze ist der Autofahrerklub österreichweit im vergangenen Jahr geflogen.

In Vorarlberg, Niederösterreich, dem Burgenland und Wien hat man sich indes auf eigene Modelle geeinigt. In den übrigen Ländern soll es jetzt eine neue, mittelfristige Lösung geben. In der Steiermark hat Landeshauptmann Franz Voves (SPÖ) allerdings schon im Juni vergangenen Jahres das aktuelle Vergabeverfahren informell torpediert. Da „österreichweit eine einheitliche Lösung bei der Finanzierung des Flugrettungssystems kaum möglich sein wird“, so Voves, strebe er eine steirische Lösung an. Und verriet sie im selben Atemzug: „Auch 2011 werden wir mit dem ÖAMTC fliegen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.08.2010)

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