Besuchersperre für Gaskammern in Mauthausen

Gedenkstätte. „Keine Attraktionsorte“: Aus konservatorischen Überlegungen, aber auch aus Pietätsgründen sollen laut neuem Museumskonzept Gaskammer und Krematorium nur noch über eine Glasbalustrade zu besichtigen sein.

Linz/Geme. Derzeit legen Restauratoren das ursprüngliche Erscheinungsbild von NS-Baracken im Konzentrationslager Mauthausen frei, Archäologen suchen in bisher wenig beachteten historischen Bereichen wie dem ehemaligen Krankenrevier, dem Sanitätslager oder der Aschenhalde nach Zeugnissen der Vergangenheit, während Handwerker das sogenannte Reviergebäude sanieren.

Seit Sommer 2010 arbeitet das Innenministerium in Kooperation mit dem Bundesdenkmalamt und dem Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität Wien nun schon an der Umgestaltung der KZ-Gedenkstätte in Oberösterreich, die jährlich von rund 200.000 Menschen besucht wird.

Ende 2012 wird die erste Phase der Arbeiten abgeschlossen sein und ein völlig neues museumspädagogisches Konzept vorgestellt werden. Einer der Schwerpunkte der Umgestaltung liegt im Keller des Reviergebäudes, in dem die Tötungsanlagen – Gaskammern, Krematorium und sogenannte „Genickschussecken“ – untergebracht waren. Für diese Ort, die bis zum Umbau frei zugänglich waren, wird es künftig Beschränkungen geben: „Aus konservatorischen Überlegungen, aber auch aus Pietätsgründen“, wie Christian Dürr, Leiter des Archivs der Gedenkstätte, der „Presse“ erklärt.

Weil es in der Vergangenheit immer wieder zu Lärm oder Besucheransammlungen zum Beispiel bei Schülerführungen gekommen sei, werden die Tötungsanlagen nur noch über eine Absperrung, etwa eine Glasbalustrade, zu besichtigen sein: „Mit den Gaskammern als Ort des Gruselns, aber auch als Attraktionsort wollen wir brechen. Die Ausstellungswege werden deshalb über Informationsräume führen, „die zur Rezeption dieser Orte notwendig sind“.

Zum neuen Konzept gehört auch die weitestgehende Wiederherstellung der ursprünglichen Substanz: Unter dem weißen Anstrich und dem schwarzen Asphaltboden, die 1967 während der ersten Adaptierung des Reviergebäudes zum Museum das authentische historische Erscheinungsbild verfälschten, fand man neben pastellfarbener Wandfarbe mit mehrfarbigem Walzmuster auch rötlichbraune Bodenbeläge oder Schuhabdrücke von Häftlingen im Estrich.

Erstmals sollen außerdem nach der Befreiung zerstörte Orte der systematischen Vernichtung wieder sichtbar gemacht und in das museumspädagogische Konzept eingebunden werden. Das aus zwölf Baracken bestehende Sanitätslager etwa sei von den Alliierten wegen der befürchteten Ausbreitung von Seuchen niedergebrannt worden. Die Wiese, auf der es stand, wurde bis dato als Parkplatz während der Befreiungsfeiern genutzt, obwohl das Sanitätslager einst als „einer der Hauptorte des Sterbens“ galt, wie Dürr sagt.

Nach 2012 – die Umgestaltung soll bis 2018 dauern, die Kosten allein für die baulichen Maßnahmen liegen bei etwa 2,5 Millionen Euro – wird der Schwerpunkt auf der Außen- und Oberflächengestaltung des Areals liegen.

Unter anderem ist dann auch der Ausbau einer Anbindung an die Gedenkstätte Gusen geplant. Was diesen „dezentralen“ Ort des Erinnerns betrifft, sind die Dinge zuletzt allerdings ins Stocken geraten (siehe Bericht oben).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.01.2011)

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