Radstraßen: ÖVP kippt rot-grünes Prestigeprojekt

(c) FABRY Clemens
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Radstraßen für Wien wurden von der Bundes-ÖVP auf Eis gelegt. Die Helmpflicht für Kinder bis zum 14. Lebensjahr könnte kommen. Gegenwind kam für Bures nicht nur aus Richtung der ÖVP.

[WIEN] Es ist ein Prestigeprojekt, mit dem die grüne Handschrift in der rot-grünen Stadtregierung sichtbar werden soll. Die Rede ist von Radstraßen, die mit großem Stolz von der grünen Parteichefin, Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou, angekündigt wurden – wobei Vassilakou damit gerechnet hatte, die Radstraßen, in denen Radfahrer Vorrang haben, nebeneinander fahren dürfen und nicht gezwungen sind, Radwege zu benützen, noch in der heurigen Radsaison umsetzen zu können.

Daraus wird nichts. Am Dienstag ist der Versuch von Verkehrsministerin Bures, die Gesetzesnovelle der Straßenverkehrsordnung (StVo) mit den Radstraßen durch den Ministerrat zu bringen, gescheitert, erklärt VP-Verkehrssprecher Ferry Maier der „Presse“: „Wir sind nicht bereit, diese Novelle mitzutragen.“ Nachsatz: „Es sind noch viel zu viele Fragen offen – vor allem bei der geplanten Aufhebung der Benützungspflicht für Radwege.“

Damit steht das Prestigeprojekt der grünen Regierungsbeteiligung auf der Kippe. Denn es ist völlig unklar, ob die ÖVP auf Bundesebene jemals jenen Änderungen zustimmen wird, die zur Einführung von Radstraßen notwendig sind. Immerhin hatte Maier schon in der Vergangenheit gemeint: „Wozu haben wir teure Radwege gebaut, wenn nun die Benützungspflicht für Radwege aufgehoben werden soll?“

SP-interne Kritik an Bures


Die umstrittene Novelle enthält aber nicht nur Änderungen zur Einführung von Fahrradstraßen in Wien. Sie regelt (unter anderem) auch die Radhelmpflicht für Kinder. Bures wollte eine Helmpflicht bis zum zehnten Lebensjahr einführen. Hier kommt ein Kompromissvorschlag der ÖVP: „Wir könnten am Mittwoch einen Initiativantrag einbringen, der eine Helmpflicht für Kinder bis zum 14. Lebensjahr vorsieht. Über den Rest der Novelle muss man noch reden.“

Gegenwind kam für Bures bei der Helmpflicht für Kinder bis zum zehnten Lebensjahr nicht nur aus Richtung der ÖVP. Auch in der eigenen Partei gab es heftigen Widerstand. Der „Presse“ liegt die Stellungnahme von Unterrichtsministerin Claudia Schmied vor, die ebenfalls mit der Angelegenheit befasst ist. Und Schmied wendet sich klar gegen die Altersgrenze von zehn Jahren. „Kinder dürfen mit dem Radfahrausweis (nach erfolgreich abgelegter Radfahrprüfung) ab dem vollendeten zehnten Lebensjahr mit dem Rad am Verkehr alleine teilnehmen“, heißt es in dem Papier. Und: „Ab diesem Zeitpunkt soll jedoch die geplante Radhelmpflicht laut Entwurf nicht mehr gelten.“ Abgesehen davon müsse der Lenker eines Fahrrads, wenn er keine Radfahrprüfung absolviert, sowieso mindestens zwölf Jahre alt sein.

Zusätzlich befürchtet das Unterrichtsministerium steigende Unfallzahlen und eine Konterkarierung der Verkehrserziehung, wenn die Novelle wie geplant umgesetzt wird. „Dies scheint dem Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur aus Blickwinkel der Verkehrserziehung in Widerspruch zu einer intendierten Erhöhung der Sicherheit zu stehen, wenn gerade zu dem Zeitpunkt des eigen- und selbstverantwortlichen Radfahrens gleichzeitig die Helmpflicht wieder entfällt“, heißt es in der Stellungnahme wörtlich.

Gleichzeitig stellt die Unterrichtsministerin die Helmpflicht für jüngere Kinder generell infrage: „Für jüngere Kinder, die ohnehin nur unter Aufsicht von Erwachsenen Rad fahren dürfen, kann ein höheres Gefährdungspotenzial im Echtverkehr nicht nachvollzogen werden.“ Dagegen solle auf Spiel- und Freizeitanlagen, auf denen es wegen fehlender Radfahrregeln zu Unfällen mit Personenschaden an Kindern kommen kann, keine Helmpflicht bestehen. Mit anderen Worten: Schmied kann sich eine generelle Radhelmpflicht für jüngere Kinder vorstellen.

Damit entsteht eine Pattsituation: Bures will die Helmpflicht bis zum zehnten Lebensjahr, Schmied bis zum zwölften und die ÖVP bis zum 14. Lebensjahr. Falls es bis heute, Mittwoch, keine Einigung gibt, wird auch der kleinste gemeinsame Nenner der Novelle, die Helmpflicht für Kinder, nicht beschlossen werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.03.2011)

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