Gutachten gegen Tierschützer: Richterin sieht Mängel

Tierschutzer Gutachter Prozess
Tierschutzer Gutachter Prozess(c) APA/HERBERT PFARRHOFER (Herbert Pfarrhofer)
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Das linguistische Gutachten wird nicht zurückgewiesen, aber dennoch sieht Richterin Sonja Arleth "Unschlüssigkeiten", die nicht geklärt werden konnten. Der Staatsanwalt droht mit einer Nichtigkeitsbeschwerde.

Die Tierschützer sprechen von einem Knalleffekt: Die Richterin Sonja Arleth hat zwar alle Anträge auf Enthebung des linguistischen Sachverständigen Wolfgang Schweiger abgelehnt, aber Zweifel an seiner Expertise durchblicken lassen. "Der Sachverständige Dr. Schweiger war nicht ausreichend in der Lage, in der Hauptverhandlung am 29. März die aufgezeigten Unschlüssigkeiten auszuräumen. Der Sachverständige wird nicht mehr zur Hauptverhandlung geladen."

Der Erstangeklagte Martin Balluch - er wird durch das Gutachten Schweigers schwer belastet - reagierte naturgemäß erfreut: "Es war fast nicht mehr erträglich, diesem Gutachter zuhören zu müssen, so offensichtlich falsch und lächerlich waren seine Vorwürfe."

Staatsanwalt Wolfgang Handler beantragte umgehend einen weiteren Gutachter, um zu beweisen, dass Balluch sehr wohl der Urheber von Bekennerschreiben sei. Richterin Arleth wies den Antrag ab, worauf Handler mit einer Nichtigkeitsbeschwerde drohte.

"Nicht voreingenommen und parteilich"

Eine Enthebung des Gutachters wegen Befangenheit lehnte Arleth ab, weil "keine Gründe vorliegen, die geeignet sind, die volle Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit in Zweifel zu ziehen. Eine Beeinträchtigung durch sachfremde psychologische Gründe ist nicht gegeben." Schweiger habe zudem "glaubwürdig geschildert", dass er den erstangeklagten Martin Balluch dahingehend missverstanden hatte, dass er eine teilweise Autorenschaft eines Bekennerschreibens anerkannt habe.

Laut Wiener Kommentar sei eine Enthebung eines Sachverständigen wegen fehlender Sachkunde nach Erstattung des Gutachtens nicht möglich, erklärte Arleth. Schweiger habe sein Gutachten bereits vollständig erstattet, daher müsse sie diese Anträge abweisen. Abgelehnt wurden auch sämtliche Forderungen, weitere Sachverständigen-Gutachten aus dem Bereich der Linguistik einzuholen. "Die Begründung wird bei der Urteilsverkündung nachgeholt."

Befreiung von Schweinen als Tierquälerei?

Danach wurde die Befreiung von Mastschweinen aus einem Betrieb im Bezirk Wiener Neustadt im Frühjahr 2008 behandelt, die dem Drittangeklagten zur Last gelegt wird und deretwegen er sich wegen Tierquälerei verantworten muss. Bei der Befreiung sollen nämlich drei Tiere verendet sein. Der Beschuldigte bestreitet die Vorwürfe, außerdem sollen die Schweine schon zuvor tot gewesen sein.

Lang und breit wurden der Landwirt und ein Gutachter zum Zustand, den Haltungsbedingungen und Verletzungen der "Schweinderl" (Zitat Arleth) befragt. Seinen Informationen nach seien die Zustände im Betrieb so schlecht gewesen, dass eine Befreiung für die Tiere "niemals eine größere Qual" gewesen sein könne als die Bedingungen davor, hielt der Drittbeschuldigte fest. Er habe - auch wegen der Untätigkeit der Anklagebehörde - eine Sachverhaltsdarstellung eingebracht. "Wir werden das behandeln", sagte Handler.

Schlussplädoyers am Freitag?

Seit mehr als einem Jahr müssen sich 13 Tierschützer unter anderem wegen des Vorwurfs auf Beteiligung an einer kriminellen Organisation verantworten. Die für heute, Donnerstag, geplanten Schlussplädoyers dürften erst am Freitag beginnen.

(APA/Red.)

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