Bienensterben: Imker legen sich mit Landwirten an

Imker legen sich Landwirten
Imker legen sich Landwirten(c) APN (WINFRIED ROTHERMEL)
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Bienenzüchter in Österreichs Agrargebieten verzeichnen massive Völkerverluste. Ein Krisengipfel hat Mais-Pestizide als Verursacher ausgemacht. Im Wald und höheren Lagen hat es keine Verluste gegeben.

„Wer der Anwesenden musste 2011 keine letalen Schäden an einem seiner Bienenvölker hinnehmen?“ Vier Hände erheben sich, dann noch eine – gerade einmal fünf der 211 anwesenden Imker. Später, in der Diskussion, wird es noch deutlicher: 25 Völker habe er gehabt, sagt ein Imker aus Güssing, Burgenland – er musste einen Totalverlust konstatieren, gerade ein Volk überlebte. Von seinen 55 Bienenvölkern, ergänzt ein anderer, seien 32 tot, „der Rest vegetiert dahin“.

„Bienensterben“, so lautete der Titel eines kurzfristig einberufenen Imkergipfels, der jüngst in der riesigen Produktionshalle von Stefan Mandl, mit ca. 3000 Völkern einer der wenigen Großimker in Wien/Niederösterreich, stattfand. Der Andrang ist enorm, Bienenhalter aus Niederösterreich, dem Burgenland, Wien und auch aus Oberösterreich und der Steiermark sind gekommen. Wobei nach den ersten Situationsberichten die Wurzel des Übels bald ausgemacht wird: Im Wald, in Schrebergärtengebieten und höheren Lagen hat es keine Verluste gegeben – gravierende Schäden wurden eindeutig in der Nachbarschaft bäuerlicher Agrarwirtschaft konstatiert. Das heißt: An der Varroamilbe, deren Bekämpfung zum Jahresablauf jedes Imkers gehört, kann es nicht liegen.

„Keine Kontrolle bei Pestizideinsatz“

Beizmittel, Pestizide, vor allem das mit dem Saatgut ausgebrachte Clothianidin stehen schon länger im Verdacht, das Bienensterben zu verursachen. In Deutschland und Frankreich ist Clothianidin (ein Nervengift) als Maisbeizmittel schon seit Jahren verboten. In Österreich gibt es kein Verbot, nur Einschränkungen wie vorgeschriebene Aussaatzeiten. „Aber diese Auflagen werden nicht beachtet“, meldet sich ein Bauer zu Wort, „und es gibt auch keine Sanktionen.“

Ein anderer Landwirt erzählt, dass sein Lagerhaus Panik erzeugt und das Saatgut schon gemeinsam mit dem Beizmittel verkauft. Dieses wird dann nicht nur bei Gefahr gespritzt, sondern bereits prophylaktisch ausgebracht – bei so gut wie allen landwirtschaftlichen Kulturen. Honig- und Wildbienen seien dabei ein Indikator für das gesamte Ökosystem, „sie zeigen den Grad der Umweltbelastung“, sagt Harald Singer, Präsident des Berufsimkerbundes.

Nach vier Stunden fassen die Anwesenden des Bienengipfels die ersten Resolutionen: Das Recht auf pestizidfreie Lebensmittel scheint im Forderungskatalog ebenso auf wie die Schaffung einer unabhängigen bedarfsorientierten Forschung und die Förderung des Ökolandbaus. Da man schon im Harn von Kindern Pestizidspuren festgestellt hat, taucht der Slogan „Die Biene ist die Zukunft unserer Kinder“ auf. Auf jeden Fall will man jetzt offensiv werden, weil, so ein erregter Imker: „Derzeit komme ich mir wie im Kampf gegen die Windmühlen vor. Wenn wir nicht in die Initiative gehen, werden wir nichts reißen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.01.2012)

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