Fall Josef F.: Zeugen unter Druck

(c) Die Presse (Teresa Zötl)
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Polizei droht einem Ex-Mieter nach Interviews mit dem Staatsanwalt. Auch dessen Mutter sei unter Druck gesetzt worden.

Amstetten. Die Erfahrungen mit der Polizei, die der frühere Mieter des mutmaßlichen Amstettner Inzest-Vaters Josef F., Sepp Leitner, seit seinem „Presse“-Gespräch gemacht hat, schüchtern nun andere Zeugen ein. Vor allem die einstige beste Freundin des Hauptopfers Elisabeth F., eine 42-jährige Krankenschwester, die über den Inzest und die Vergewaltigungen schon vor F.'s Martyrium im Keller-Verlies Bescheid wusste, versucht sich nun herauszuhalten.

Seit seinem Interview fühlt sich der 41-jährige Sepp Leitner von der Polizei in die Zange genommen. Wenn er – wie berichtet – schon damals gewusst habe, dass Elisabeth vergewaltigt worden sei, hätte er eine Anzeige machen müssen. In den polizeilichen Einvernahmen wurde ihm nun mehrmals mit dem Staatsanwalt gedroht. Auch seine Mutter sei unter Druck gesetzt worden.

Das wundert Leitner nun: „Als Elisabeth und ihre Freundin für ein paar Wochen untergetaucht sind, wurden sie von der Polizei wieder aufgegriffen. Die Polizei muss sich damals der Sache doch angenommen haben.“

„Sie hat es allen erzählt“

Heute fragt Leitner sich: „Warum haben die Behörden nicht genauer nachgefragt, wieso Elisabeth immer wieder von zu Hause ausbrechen wollte und warum sie solche Angst vor ihrem Vater gehabt hat?“

Selbst in ihrer Arbeitsstätte – sie machte eine Lehre in der Autobahnraststätte Strengberg bei Amstetten – hatte sich Elisabeth F. Kollegen anvertraut. Auch dort wussten Kollegen, „dass der Vater über sie herfällt“. Offenbar waren die Behörden auch bei Recherchen dort der vermeintlichen „Abenteuerlust“ der Mädchen nicht auf den Grund gegangen. Elisabeths engster Freundeskreis erinnert sich: „Die Sissi wollte immer weg. Die hat immer Angst vor ihrem Vater gehabt. Sie hat das auch erzählt.“

Leitner und die damaligen Bekannten von Elisabeth waren der Meinung, dass die Vergewaltigungen aktenkundig gewesen seien – weshalb sie ihrerseits keine Anzeige erstatteten. Sie verstehen nun nicht, dass die Behörden behaupten, die Vergewaltigungen seien nicht bekannt gewesen, und dass der Ausbruch als „Abenteuerlust“ eingestuft worden sei.

Spätestens als Elisabeth verschwunden war oder seit die Kinder vor die Türe von Josef F. lagen, hätte, so Leitner, die Polizei nochmals nachforschen müssen.

Dass Sepp Leitner nun mit der Staatsanwaltschaft gedroht wurde, schreckt seiner Meinung nach andere Informanten ab. „Die Behörden wollen die weiße Weste behalten und uns den Schwarzen Peter zuschieben“, sagt er der „Presse“.

Zu den Vorwürfen wollte das Landeskriminalamt Niederösterreich am Sonntag jedenfalls keine Stellungnahme abgeben. Ein Sprecher verwies nur auf die heute, Montag, stattfindende Pressekonferenz.

AUF EINEN BLICK

Zeugen behaupten in Interviews, bereits vor 24 Jahren über Vergewaltigungen von Elisabeth F. gewusst zu haben. Die Polizei droht nun mit dem Staatsanwalt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.05.2008)


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