Die Liste der Konzils-Highlights

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Mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil, das Papst Johannes XXIII. vor 50 Jahren eröffnete, leitete die katholische Kirche eine umfassende Erneuerung ein.

Wien/Sim/Kap. Die Wahrheit des Christentums für den heutigen Menschen verständlich zu machen, das war der Auftrag von JohannesXXIII. und auch für den jetzigen Papst ist diese Verpflichtung das wahre „Testament“ des Konzils. Die wichtigsten Beschlüsse der 16 Konzilstexte im Überblick:

Liturgie: Die Konstitution „Sacrosanctum Concilium“ (1963) fordert mehr Einsatz der jeweiligen Landessprache im Gottesdienst. Die Zentrierung auf den Priester tritt zurück. Die Konzilsväter betonen den Wert der Bibelverkündigung und der Kirchenmusik im Gottesdienst. Das neue römische Messbuch von 1969/70 geht weiter und schafft die alte Tridentinische Messe, bei der die Priester das Messopfer mit dem Rücken zur Gemeinde feiern, ab. In der Folge setzte sich die Landessprache generell durch.

Kirchenverständnis: Die Konstitution „Lumen gentium“ (1964) legt das neue Selbstverständnis der römisch-katholischen Kirche dar. Sie definiert Kirche als die Gemeinschaft der Gläubigen, als „Volk Gottes“ auf dem Weg durch die Zeit. In dieser ständig zu reformierenden Kirche wird das „gemeinsame Priestertum“ aller Gläubigen betont, das bei Priestern und Laien in unterschiedlichen Formen verwirklicht wird. Das Bischofskollegium wird aufgewertet.

Religionsfreiheit: Die Erklärung „Dignitatis humanae“ (1965) über die Religionsfreiheit verweist auf die Menschenwürde jedes Einzelnen und spricht allen Menschen das bürgerliche Recht zu, ihre Religion frei nach dem eigenen Gewissen zu wählen.

Ökumene: Die Konzilsväter vollziehen eine theologische Öffnung gegenüber Orthodoxen und Protestanten. Das Dekret „Unitatis redintegratio“ (1964) gilt als Meilenstein der ökumenischen Dialogbereitschaft der römischen Kirche. In einer Erklärung heben Papst Paul VI. und der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Athenagoras, die 1054 von ihren Vorgängern sanktionierte gegenseitige Exkommunikation auf.

Judentum und andere nicht christliche Religionen: Die Erklärung „Nostra aetate“ (1965) klärt das Verhältnis der römischen Kirche zu den nicht christlichen Religionen. Mit einer Absage an den traditionellen Antijudaismus beginnt eine Aussöhnung der Kirche mit dem Judentum. Christen, Juden und Muslime werden ermuntert, Missverständnisse im Dialog auszuräumen.

Kirche und Welt: Die Konstitution „Gaudium et spes“ (1965) versucht eine Positionsbestimmung der „Kirche in der Welt von heute“, deren Erarbeitung für heftige Diskussionen unter den Konzilsvätern sorgte. Wichtige Themen waren das Verhältnis von Rüstung, Angriffskrieg und Selbstverteidigung sowie eine Verurteilung des kommunistischen Atheismus.

Bischofsamt: Das Konzil wertet nicht nur die Stellung der Laien gegenüber Priestern und Bischöfen auf. Im Dekret „Christus Dominus“ (1965) über das bischöfliche Hirtenamt stärkt es auch die Lehr- und Leitungsfunktion des Bischofs in seiner Diözese gegenüber der römischen Kirchenzentrale und nationalen Bischofskonferenzen. Die Betonung bischöflicher Kollegialität schafft ein Gegengewicht zur Definition des päpstlichen Primats beim Vatikanum I (1870/71).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.10.2012)

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