Besitzlos und frei: Ein Jesuit im Namen des Franz von Assisi

Der Papstname. Jorge Mario Bergoglio ist der erste Papst, der sich Franziskus nennt – nach dem Gründer des Bettelordens, von dem sich nicht nur die Franziskaner ableiten, sondern etwa auch die Minoriten und die Kapuziner. Der Name dürfte Programm sein: ein Bekenntnis zu den Armen.

Jorge Mario Bergoglio ist nicht nicht nur der erste Papst aus Lateinamerika, er ist auch der erste Papst seit 1100 Jahren, seit Papst Lando, der auf die Frage „Quo nomine vis vocari?“ („Mit welchem Namen willst du gerufen werden?“) einen Namen nannte, den kein Papst vor ihm geführt hat – wenn man von der Kombination Johannes Paul absieht.
Und es ist ein durchaus ungewöhnlicher Name für einen Papst: Franz kommt aus dem Althochdeutschen, ist mit „frank“ verwandt, was so viel wie „kühn“ oder „frei“ bedeutet; das Volk der Franken nannte sich deshalb so, und Frankreich und die Franzosen stehen in dieser Worttradition.

Natürlich ist vor allem ein Franz in die Kirchengeschichte eingegangen: Franz von Assisi (1181 bis 1226), der eigentlich gar nicht als Franz, sondern als Giovanni getauft wurde. Doch sein Vater nannte ihn Francesco, weil er bei Giovannis Geburt gerade auf Handelsreise in Frankreich gewesen war. Als der Bub in der Pfarrei San Giorgio ein wenig Latein lernte, wird man ihn wohl schon bisweilen mit der latinisierten Form Franziskus gerufen haben.
Franz von Assisi ist der einzige Heilige dieses Namens, und er ist ein besonderer, auch besonders populärer Heiliger: Vor allem seine Liebe zu Tieren ist in den Volksmund eingegangen, eine Legende erzählt, er habe das erste Mal das Weihnachtsevangelium in Form einer lebendigen Krippe darstellen lassen. So wird an seinem Namenstag, dem 4. Oktober, heute der Welttierschutztag gefeiert.

„Verkauf deinen Besitz“

Ihm selbst war wohl die „Imitatio Christi“, das Leben nach dem Vorbild Jesu, wichtiger: Darunter verstand er vor allem ein Leben in materieller Armut, nach den Worten des Matthäusevangeliums: „Wenn du vollkommen sein willst, verkauf deinen Besitz und gib das Geld den Armen.“ Er sagte sich von seinen wohlhabenden Eltern los, nachdem er Waren aus dem Laden des Vaters zu dessen Empörung an Arme verschenkt hatte. Seine Gemeinschaft gründete er erst nach Jahren als Einsiedler und Bettler: Die „minderen Brüder“ waren damals der einzige Orden, der seine Mitglieder vor allem aus den unteren gesellschaftlichen Schichten rekrutierte. Vom Papst – Innozenz III. – wurden sie ab 1210 anerkannt. 1219 schloss sich Franz den Kreuzfahrern an, im Orient zog er sich eine Augenkrankheit zu, die ihn zur Abgabe der Ordensleitung zwang. Papst Honorius III. nützte das, um der Bruderschaft eine hierarchische Ämterverfassung vorzuschreiben, die ihrem Geist gar nicht entsprach, und den Kardinal von Ostia als ihren „Kardinalprotektor und -korrektor“ einzusetzen.

1224 zog sich Franz auf den Berg La Verna zurück – und wurde zum ersten überlieferten Fall von Stigmatisierung: Seine Wunden wurden als Einprägung der Wundmale Jesu gedeutet, Imitatio Christi in letzter körperlicher Konsequenz sozusagen. 1226 starb er, in seinem Testament hielt er abermals fest, dass absoluter Verzicht auf geistigen und materiellen Besitz für die Franziskaner verbindlich sei. An Schriften blieben von ihm Briefe, Gebete und natürlich der berühmte Sonnengesang, eines der ersten überlieferten Texte auf Altitalienisch: „Laudato si, mi signore, per sora luna e le stelle . . .“

Bleibt die Frage: Der neue Papst ist doch gar kein Franziskaner, sondern ein Jesuit? Nun, es gibt gewisse Ähnlichkeiten zwischen Ignatius von Loyola (1491 bis 1556), dem Gründer der Jesuiten, und Franz von Assisi. So erzählt man sich von beiden, dass sie ihre Kleider an Bettler verschenkt hätten, um wirklich arm zu sein.

("Die Presse" Printausgabe vom 14.3.2013)

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