Schönborn: Papst-Wahl zeige Wunsch nach frischem Wind

Kardinal Schönborn ist wieder nach Wien zurückgekehrt.
Kardinal Schönborn ist wieder nach Wien zurückgekehrt.(c) REUTERS (HEINZ-PETER BADER)
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Der Kardinal hofft auf Reformen und fordert eine bessere Kommunikation in der Kurie. Ein Papstwahl sei letztlich immer eine Persönlichkeitswahl.

"Buon Giorno", begrüßte Kardinal Schönborn am Donnerstag die anwesenden Journalisten in Anlehnung an die ersten Worte ("Buona sera") des neu gewählten Papstes auf dem Petersplatz. Er erklärte, warum im Konklave die Wahl auf den Jesuiten Jorge Mario Bergoglio gefallen war. "Der neue, aus Argentinien stammende Papst Franziskus "hat einen Blick über den Atlantik, über Europa hinaus". In der "breit gestreuten Wählerschaft" der Kardinäle war bei vielen "der Wunsch nach einem frischen Wind" zu spüren. Für Franziskus sprachen "ein guter Draht zur Jugend, politisches Stehvermögen, klare gesellschaftspolitische Positionen und Nähe zu den Menschen", so Schönborn. Zu den Inhalten des Konklave schweigt der Wiener Erzbischof: "Sie werden von mir nicht Vatileaks erwarten..."

Der Kardinal selbst habe den späteren Papst, damals noch Ordensprovinzial der Jesuiten in Argentinien, 1986 kennengelernt. "Er beeindruckte durch seine Nähe zu den Menschen, seinen schlichten Lebensstil und seine tiefe Spiritualität", erinnert sich der Wiener Erzbischof. Schönborn fügte hinzu: "Papst Franziskus kann trotz aller Milde und Freundlichkeit sehr bestimmt sein."

Hoffnung auf Reformen

Der Kardinal ist "hoffnungsvoll, weil die Bereitschaft zu Reformen vorhanden ist". Das gelte auch für die notwendigen Strukturreformen in der Kurie. In der Kurie selbst, die auch "hoch engagierte Mitglieder" in ihren Reihen habe, wisse man um die Notwendigkeit von Reformen. Allein mathematisch lasse sich ablesen, dass eine Reihe von Kurienkardinälen zu den Wählern von Papst Franziskus zählten, fügte Schönborn hinzu. Es gebe also großes Potenzial, um den Ruf der Kurie zu verbessern.

In der vatikanischen Kurie "fehlt es zu sehr an horizontaler Kommunikation", führte der Kardinal weiter aus. Franziskus habe bereits Zeichen in dieser Richtung gesetzt im Sinne von "gelebter Kollegialität". Es gebe Vorschläge, die Präsenz der Ortskirchen zu stärken, etwa durch regelmäßige Treffen der Vorsitzenden der Bischofskonferenzen mit dem Pontifex.

Bischof von Rom "solideste Grundlage"

Dass sich Franziskus von Anfang an als Bischof von Rom definiert hat, begrüßt der Wiener Erzbischof. Dies sei "die beste und solideste Grundlage für das richtige Verständnis des Papstamtes". Denn im Bund der Kirchen führe die Kirche von Rom den Vorsitz.

Auf Fragen nach dem "Anforderungsprofil" für das Amt des Papstes sagte Schönborn, vor dem Konklave sei versucht worden, die Themenkreise zu ordnen, wobei auch Altersfragen, Schwerpunkte wie administrative und pastorale Kompetenz besprochen wurden. "Doch letztlich ist die Papst-Wahl eine Persönlichkeitswahl", auch bei den Vorgängern von Franziskus, Johannes Paul II. und Benedikt XVI., war die Person ausschlaggebend.

Jesuit als Papst "historisch spannend"

"Ein Jesuit als Papst ist ein Novum." Das sei "historisch spannend", befand Schönborn. "Die letzten Päpste hatten oft ein gespanntes Verhältnis zur Gesellschaft Jesu." Ein Jesuit als Papst werde "einen erneuernden Einfluss" haben. Zu den Personalentscheidungen im Vatikan meinte Schönborn, die Amtsinhaber seien nur vorläufig wiederbestellt worden; der Papst wolle sich offenbar für künftige Bestellungen Freiraum bewahren.

Schönborn nahm auch zu den Vorwürfen gegenüber dem früheren Ordensprovinzial Bergoglio Stellung, wonach dieser während der argentinischen Militärdiktatur (1976-83) ein zu großes Naheverhältnis zum Regime gehabt haben soll. Schönborn verwies auf Aussagen des 1976 unter der Militärjunta verschleppten Jesuiten Franz Jalics (85). Dieser hatte am Mittwoch neuerlich erklärt, er und ein Mitbruder seien nicht von Bergoglio angezeigt worden, sondern aus dem Kreis einer früheren Katechetin, die zur Guerilla wechselte.

Obsorge für die Schöpfung und Obsorge für die Menschen stünden für Papst Franziskus im Vordergrund, fasste der Wiener Erzbischof zusammen. Humorvoll habe Franziskus angemerkt, dass er bei der Namenswahl nicht den Jesuiten-Missionar Francisco de Xavier, sondern Franz von Assisi im Auge hatte. "Armut ist das Los von mindestens zwei Dritteln der Menschen." Ob man Franz oder Franziskus im Deutschen sage, das habe die Praxis schon zugunsten von Franziskus entschieden. "Ein Einsilber ist ein bißchen kurz", ließ Schönborn aber eine persönliche Präferenz durchblicken.

(APA/Red.)

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