Franziskus: Expriester in die Kirche einbinden

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Der Innsbrucker Bischof, Manfred Scheuer, zieht eine Bilanz des Ad-limina-Besuchs im Vatikan. Dem Papst, sagt Scheuer, gehe es nicht so sehr um Moral als um die Gottesfrage.

Vatikanstadt. Keine konkreten Rezepte, keine Ankündigung unmittelbar bevorstehender Reformen, aber die Gewissheit, dass Papst Franziskus „sehr offen für den Dialog“ ist und dass zukunftsträchtige Dialogprozesse auch tatsächlich angestoßen sind. Das ist es, was der Innsbrucker Bischof, Manfred Scheuer, vom fünftägigen Ad-limina-Besuch im Vatikan „erfreut und ermutigt“ mit nach Hause nimmt.

Im Gespräch mit der „Presse“ sagte Scheuer am Donnerstag unmittelbar nach der Audienz bei Franziskus, Antworten beispielsweise zur Ehe- und Sexualmoral habe es bisher auch gar nicht geben können: „Wir haben ja jetzt erst die Antworten aus der Fragebogenaktion mitgebracht und der Bischofssynode überreicht.“ Der Bischof erwartet jetzt nicht nur „einen dynamischen Prozess“, sondern auch „starke Auseinandersetzungen“ auf weltkirchlicher Ebene über diese Themen.

Was die wiederverheirateten Geschiedenen betrifft und deren Zulassung zu den Sakramenten, so habe Franziskus den österreichischen Bischöfen versichert, die Diskussion werde auf mehreren Ebenen vorangetrieben. Scheuer betrachtet es in diesem Zusammenhang durchaus als Hoffnungszeichen, dass der Papst ausgerechnet den deutschen Kardinal Walter Kasper beauftragt hat, im Februar beim Konsistorium das Grundsatzreferat zu diesen Fragen zu halten. Kasper hatte 1993 zusammen mit seinen Bischofskollegen von Mainz und Freiburg, Karl Lehmann und Oskar Saier, in einem theologisch ausgefeilten Vorstoß begründet, warum wiederverheiratete Geschiedene nach gründlicher Einzelfallprüfung zur Kommunion „hinzutreten“ könnten. Er war damals aber am Chef der Glaubenskongregation, Joseph Ratzinger, gescheitert.

Papst Franziskus, so Scheuer weiter, habe die Bischöfe auch aufgefordert, „mit stärkerer Offenheit gerade auf verletzte Menschen zuzugehen“. Rezepte gegen die Glaubenskrise habe er zwar auch nicht, „aber er sagt uns, wir sollten große Sympathie für die heutigen Zeitgenossen haben und dabei auch Wagnisse eingehen. Das Bild, dass ihm eine verbeulte Kirche lieber sei als eine, die an der schlechten Luft im eigenen Zimmer krank wird, kommt bei Franziskus immer wieder.“

Dem Papst, sagt Scheuer, gehe es nicht so sehr um Moral als um die Gottesfrage, um die Freude am Evangelium auch als Mittel gegen den Kulturpessimismus. Und in Hinblick auf die Wirtschaftsordnung habe Franziskus „ganz klar“ betont, der Mensch müsse im Mittelpunkt stehen; in der Gesellschaft müsse das „Lebensrecht der anderen“ geachtet werden: „Die Welt ist nicht nur mein Wille und meine Vorstellung.“ Konkrete Themen? „Nein, nur diese eindrücklichen Hinweise, die Einzelfragen müssen dann mit Klugheit und Unterscheidung beantwortet werden.“

Kein Klerikalismus

Zu den Themen der insgesamt drei Treffen mit dem Papst – eine Audienz für die Wiener, eine für die Salzburger Kirchenprovinz, am Schluss eine gemeinsame Begegnung – gehörten laut Scheuer auch der Priestermangel und die Lebensbedingungen der Priester. Auch in diesem Bereich, etwa bei der Zölibatsfrage, haben die Bischöfe „keine Ankündigung gehört, dass etwas verändert wird“.

Bei Pfarrgemeinden, die keinen Priester haben, „hat es Franziskus in die Verantwortung der Ortskirchen gelegt, Wege der Verkündigung zu finden“, sagt Scheuer. Vor Klerikalismus – „dem priesterlichen wie dem der Laien“ – habe Franziskus ausdrücklich gewarnt. Und: „Er hat uns auch aufgefordert, mit laisierten Priestern ins Gespräch zu kommen und – mit Klugheit und Unterscheidung – zu prüfen, wie diese ins kirchliche Leben eingebunden werden können.“

AUF EINEN BLICK

Vatikan-Besuch. Manfred Scheuer, Innsbrucks Bischof, war am Donnerstag mit allen Amtsbrüdern aus Österreich zur Audienz bei Franziskus. Der Anlass: Seit Montag ist das Episkopat zum alle fünf Jahre fälligen Ad-limina-Besuch in den vatikanischen Dikasterien unterwegs, um die Situation in Österreich zu schildern. Vor dem Papst-Treffen hat Kardinal Schönborn dem Generalsekretär der Familien-Synode, Erzbischof Baldisseri, die Antworten der Basis auf den Vatikan-Fragebogen übergeben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.01.2014)

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