Weltweit 250 Millionen Christen verfolgt

(c) AP (Brennan Linsley)
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Die größte Christenverfolgung aller Zeiten: Jeder Zehnte ist wegen seines Glaubens in Gefahr. In neun Staaten droht Moslems, die zum Christentum übertreten, die Todesstrafe.

Pater Mathias sitzt im Gefängnis. Fünf Jahre muss er hier verbüßen. Sein Vergehen: Der koptische Geistliche hat ein zum Christentum konvertiertes Paar getraut. Die ägyptischen Behörden warfen ihm Betrug vor und bestraften ihn hart.

Ein tragischer Einzelfall – und doch symptomatisch für Millionen: Von der europäischen Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, leben weltweit rund 250 Millionen Christen in Angst. In mehr als 50 Staaten werden sie als religiöse Minderheit mit dem Tod bedroht, vergewaltigt, unterdrückt oder vertrieben. Umgerechnet wird damit weltweit etwa jeder zehnte Christ wegen seines Glaubens verfolgt. „Wir erleben die vielleicht größte Christenverfolgung aller Zeiten“, sagt Johann Marte, Präsident der christlichen Organisation „Pro Oriente“ und Mitglied der unlängst gegründeten Plattform „Solidarität mit verfolgten Christen“.

In vielen islamischen, aber auch in kommunistischen (China) und religiös-nationalistischen Staaten wie dem buddhistischen Bhutan gelten Christen als Freiwild: Die weltweit größte Gefahr herrscht für Gläubige in Nordkorea; das besagt der sogenannte Weltverfolgungsindex der US-Hilfsorganisation Open Doors. Die 220.000 Christen in dem stalinistischen Land dürfen sich nicht zu ihrem Glauben bekennen. Auf sie warten Haft, Folter und immer öfter auch Mord. Auf Platz zwei der traurigen Liste der Christenverfolgung liegt Saudiarabien, gefolgt vom Iran.

Extremisten geduldet

Das Parlament in Teheran hat im September einen Gesetzesentwurf gebilligt, der die Abkehr vom Islam mit dem Tod bestraft. „Männer werden erhängt oder geköpft, Frauen gesteinigt“, sagt Katharina Grieb von der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte. In insgesamt neun islamischen Ländern, darunter Afghanistan und Saudiarabien, droht Konvertiten die Todesstrafe.

Nicht überall sind die Staaten selbst die unmittelbaren Verfolger – meist aber bieten sie den ideologischen Hintergrund oder tolerieren die Attacken der Extremisten.

Ein Brennpunkt religiöser Gewalt ist seit August dieses Jahres auch Indien: Den Christen wurde dort der Tod eines hinduistischen Geistlichen angelastet. Bei Ausschreitungen in der Region Orissa wurden 500 Menschen ermordet, 50.000 mussten fliehen. Zwangsbekehrungen waren an der Tagesordnung. „Nur die Hälfte ist in Lagern untergekommen, der Rest lebt jetzt in den Wäldern“, sagt Werner Frühwirth von Christian Solidarity Österreich.

Auch in China sind die Christen der Regierung ein Dorn im Auge, gegen die Gläubigen geht das kommunistische Regime mit aller Härte vor. Bischöfe sind inhaftiert oder stehen unter Hausarrest. Die Kirche wurde weitgehend in den Untergrund gedrängt.

Auf Hilfe warten die Gläubigen dieser Länder meist vergebens – wie auch Pater Mathias. Denn auch in Ägypten, das der Westen zum moderaten Lager zählt, gilt in Teilen des Zivilrechts die Scharia.

APA, Open Doors

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.12.2008)

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