Papst Franziskus findet Schlagen von Kindern in Ordnung

Papst Franziskus
Papst Franziskus(c) REUTERS (MAX ROSSI)
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Ein guter Vater könne vergeben, müsse aber auch in der Lage sein, das Kind "mit Bestimmtheit zu korrigieren", sagt das Kirchenoberhaupt. Die "Würde der Kinder" müsse dennoch stets gewahrt werden.

Papst Franziskus hat mit einer Aussage über das Schlagen von Kindern einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Die eigenen Kinder zu schlagen, sei aus seiner Sicht in Ordnung - solange deren Würde geachtet werde. Das geht aus einer Bemerkung hervor, die der Pontifex während seiner Generalaudienz am Mittwoch machte, die der Rolle von Vätern in der Familie gewidmet war. Einen guten Vater mache es aus, dass er vergeben könne, aber auch in der Lage sei, sein Kind "mit Bestimmtheit zu korrigieren", ohne es zu entmutigen. Der Vatikan verteidigte seine Aussage, wie "Zeit Online" berichtet.

Bei seiner wöchentlichen Generalaudienz erzählte der Papst eine Anekdote: "Einmal habe ich einen Vater bei einem Treffen mit Ehepaaren sagen hören: 'Ich muss manchmal meine Kinder ein bisschen schlagen, aber nie ins Gesicht, um sie nicht zu demütigen.'" "Wie schön", so Franziskus weiter. "Er weiß um den Sinn der Würde. Er muss sie bestrafen, aber er tut es gerecht und geht dann weiter." Bei Kinderrechtsexperten und im Netz war die Empörung am Freitag groß. Der Vatikan wies zugespitzte Schlussfolgerungen zurück.

Vatikan steht hinter Aussage

Thomas Rosica, Mitarbeiter der Pressestelle im Vatikan, verteidigte auf Nachfrage laut "Zeit Online" die Aussagen des Papstes. Wer hat seine Kinder nicht gezüchtigt oder ist von seinen Eltern als Heranwachsender gezüchtigt worden, schreibt Rosica in einer E-Mail. Und weiter: Franziskus habe nicht zu Gewalt oder Grausamkeit gegenüber Kindern aufgerufen, sondern darüber gesprochen, beim "Wachsen und Reifen" eines Kindes zu helfen. 

Auch Papst-Sprecher Federico Lombardi reagierte auf die Entrüstung. "Der Papst hat nicht dazu eingeladen, Kinder zu schlagen", erklärte er der Deutschen Presse-Agentur. Vielmehr habe Franziskus über die Verantwortung der Eltern gesprochen, ihre Kinder mit Liebe und Respekt auf den richtigen Weg zu bringen und ihre Würde zu bewahren.

Zudem verwies er auf den Umgang des Pontifex mit Kindern. "Sehen Sie sich Papst Franziskus einfach an, wenn er mit Kindern zusammen ist, und lassen Sie die Bilder und Gesten für sich selbst sprechen." Wenn man daraus etwas anderes ableiten wolle, dann enthülle dies das Problem bei jenen, die offenbar einen Papst nicht verstanden hätten, der eine Revolution der einfachen Sprache und Gesten anbelangt habe, so Rosica.

Shitstorm im Internet

Im Internet braute sich ein sogenannter Shitstorm zusammen. "Völlig daneben: Ein "Klaps" für Kinder sei in Ordnung, so der #Papst.", twitterte die Grünen-Chefin Simone Peter. "Alltägliche Gewalt gegen Kinder darf so nicht verharmlost werden!" Anderer Nutzer auf Twitter schrieben "Wer Kinder schlägt ist armselig" oder "Ganz so modern ist er (der Papst) doch nicht."

Franziskus hat schon öfters mit seinen spontanen Aussagen Aufsehen erregt. Erst vor kurzem hatte er mit der Bemerkung, Katholiken sollten sich nicht wie "Karnickel" vermehren, einerseits viele Lacher auf seiner Seite gehabt, andererseits aber auch die Kritik kinderreicher Familien auf sich gezogen.

Prügelstrafe in 39 Staaten verboten

Erst im vergangenen Jahr übten Mitglieder eines UN-Menschenrechtskomitees harsche Kritik an der Haltung der katholischen Kirche zur Prügelstrafe. Das Gremium untersuchte die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention. Grund waren Berichte über weit verbreiteten körperlichen Missbrauch in katholisch geführten Schulen und Institutionen. 

Im Abschlussbericht riefen die Komiteemitglieder den Heiligen Stuhl dazu auf, seine eigenen Gesetze zum Verbot der Prügelstrafe anzupassen und diese in katholischen Schulen und Einrichtungen in der ganzen Welt umzusetzen. Der Vatikan konterte, dass er die Prügelstrafe in keiner Weise fördere. Außerdem sei man nur dafür verantwortlich, die UN-Kinderrechtskonvention innerhalb des Vatikanstaats umzusetzen.

In rund 39 Ländern ist die Prügelstrafe in jeglicher Form verboten, darunter Österreich, Deutschland, Schweden, der Südsudan und Turkmenistan. In den USA können Eltern ihre Kinder laut Gesetz schlagen, solange die Gewaltanwendung sich in einem "vernünftigen" Rahmen bewege. In 19 US-Staaten ist dem Schulpersonal das "Versohlen" junger Menschen noch immer gestattet.

Katholische Organisationen empört

Katholische Organisationen in Österreich haben mit überraschender Schärfe auf Äußerungen des Papstes reagiert, in denen er die körperliche Züchtigung von Kindern begrüßt. "Wer Gewalt als Mittel in der Erziehung einsetzt, missachtet in jedem Fall die Würde des Kindes", sagte Jungschar-Vorsitzende Sara Dallinger am Freitag laut Aussendung. Es sei die Pflicht Erwachsender, Kinder davor zu schützen.

Auch der Katholische Familienverband (KFÖ) reagierte mit Unverständnis. "Ich bin da keinesfalls seiner Meinung", sagte KFÖ-Chef Alfred Trendl laut "Kathpress". Gewalt an Kindern sei immer abzulehnen. "Hier irrt der Papst aus unserer Sicht", erklärte Trendl.

Es sei klar, dass es kein würdevolles Schlagen gibt, sagte eine Sprecherin des Bundesfamilienministeriums in Berlin. "Jegliche Gewalt gegen Kinder ist vollkommen inakzeptabel." In Deutschland gelte das Bürgerliche Gesetzbuch, in dem das Recht von Kindern auf gewaltfreie Erziehung festgeschrieben sei. Die Vizepräsidentin des Bundestages, Claudia Roth, kritisierte die Worte ebenfalls. "Die Äußerung des Papstes zeigt, dass trotz seiner vielen guten Ansätze weiter ein eher mittelalterliches Denken in großen Teilen der Katholischen Kirche vorherrscht", sagte sie der Zeitung "Die Welt".

"Wir finden es sehr schade, dass das Oberhaupt der katholischen Kirche das Schlagen von Kindern als Strafe erlaubt", sagte die Bundesgeschäftsführerin des Deutschen Kinderschutzbundes, Paula Honkanen-Schoberth. Ob ein Klaps auf den Po oder eine Ohrfeige - jegliche Form des Schlagens entwürdige und demütige die Kinder.

>> Bericht auf "Zeit Online"

(Red./APA)

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